BMW vergrößert seine Sechser-Reihe um eine weitere Modellvariante. Mit zwei zusätzlichen Türen geht ein neues Coupé an den Start

Die Begriffe Coupé und BMW führen seit Jahrzehnten eine innige Beziehung, spätestens seit dem BMW 503 von 1955, der mit V8-Motor zur Ikone des Wirtschaftswunders reifte. Nicht minder legendär und als Oldtimer heute begehrt ist der CS aus dem Baujahr 1968, gefolgt von der ersten Generation der 6er-Baureihe, die zwischen 1975 und 1989 zu den einheimischen Traumwagen zählte. Dynamik und ein ordentliches Maß an Alltagstauglichkeit sind seit jeher herausragende Eigenschaften der Sechser-Reihe.

Im vergangenen Jahr haben die Münchner die jüngste Generation präsentiert: Zunächst die Cabrio-Version, im Herbst folgte das Coupé. Die dritte Variante trifft im Juni bei den Händlern ein: das Gran Coupé. Dahinter verbirgt sich ein Viertürer, der das Platzangebot einer Limousine mit der sportlichen Attitüde eines Coupés verbindet. Freilich hat BMW das viertürige Coupé nicht erfunden. Da war Mercedes mit dem CLS ab 2004 schneller. Der Erfolg der Schwaben in der neuen Nische formulierte auch in München den Handlungsbedarf. Somit ist der wichtigste Wettbewerber des Gran Coupé klar definiert. Aber auch potenzielle Interessenten sportlicher Limousinen wie dem Porsche Panamera, dem Mercedes CLS oder dem Volkswagen CC soll der jüngste Sechser in Versuchung führen.

Sportlich-elegant liegt der BMW auf der Straße. Mit 1,39 Meter Höhe ist das Gran Coupé um zehn Zentimeter flacher als beispielsweise die Siebener-Limousine aus gleichem Hause. Die lang gezogene Motorhaube, die leicht ansteigende Schulterlinie und die nach hinten in die Kofferraumklappe auslaufende Dachlinie kennzeichnen ihn unverkennbar als Coupé. Der Viertürer weist mit 5,01 Meter Länge zwölf Zentimeter mehr auf als der Zweitürer. Der Radstand hat um zehn Zentimeter auf 2,97 Meter zugelegt. Dieses Plus kommt gänzlich dem Platzangebot im Fond zugute. Die vorderen Türen messen gut zehn Zentimeter kürzer als die des Zweitürers. Die Plätze in der zweiten Reihe erreichen die Passagiere durch weit öffnende Türen. Bein- und Kopffreiheit erlauben auf der Hinterbank auch, große Strecken an einem Stück zurückzulegen, ohne zu ermüden.

Einsteigen und wohlfühlen heißt die Devise beim Gran Coupé: Im Innern herrschen edle Materialien vor, die Frontpassagiere nehmen auf elektrisch einstellbaren, bequemen Ledersitzen Platz. Die Mittelkonsole trägt eine Klavierlack-Oberfläche, glänzend schwarze Interieurleisten setzen zusätzlich Akzente. Lenkrad, Automatikwählhebel, Türverkleidungen und Instrumententafel überzeugen durch Leder. Das Fahrzeug schmiegt sich mit seiner großen Mittelkonsole gleichsam um die Insassen. Schalter und Bedienelemente haben die Designer übersichtlich und gut erreichbar angeordnet. Das aufpreispflichtige Navigations- und Multimediasystem lässt sich kinderleicht und völlig intuitiv über einen Drehschalter und einen in die Mittelkonsole integrierten Monitor bedienen.

Ungewöhnlich wie das Auto ist auch das Angebot an Motorisierungen. Wer noch vor zwei Jahrzehnten prophezeit hätte, eines Tages würden die großen Coupés der Bayern ohne den Hauch eines Kompromisses mit einem Dieselmotor dem Slogan "Freude am Fahren" alle Ehre erweisen, hätte allenfalls ein Kopfschütteln geerntet. Doch beim Gran Coupé gehört ein Selbstzünder wie selbstverständlich zum Motorenangebot. Mit einem Druck auf den Startknopf nimmt der 313 PS starke Sechszylinder-Diesel im 640d seine Arbeit auf. Bringt der Fahrer das Achtgang-Automatikgetriebe in Position "D", so zeigen sich schnell zwei Seelen in der Brust des rassigen Bayern: Mit dem Hecktriebler lässt es sich nämlich hervorragend untertourig cruisen, kaum ein Laut dringt dabei an des Fahrers Ohr. Doch bei einem beherzten Tritt aufs Gaspedal streift er sich den Sportanzug über.

Dabei hilft ein Schalter, mit dem sich fünf verschiedene Modi einstellen lassen. Die verändern nicht nur die Charakteristik des Antriebs spürbar, sondern auch das Fahrwerk. Mit den Modi "Sport" und "Sport ohne ESP" fährt der BMW flott und mit straffer Dämpfereinstellung durch die Kurven. Die präzise Lenkung und die äußerst zupackenden Bremsen tragen zu einer sauberen Linie bei. Die Einstellungen "Comfort" und "Comfort +" unterstützen kommodes Reisen ohne Hektik. Und der "Eco Pro"-Modus trimmt Antrieb und Nebenaggregate auf niedrigen Energieverbrauch.

Der Verbrauch fällt beim Diesel erfreulich aus. Die genormten 5,5 Liter sind zwar kaum realisierbar, doch der Testverbrauch von 7,2 Litern laut Bordcomputer geht angesichts der Sportlichkeit völlig in Ordnung. Wer lieber zu einem Benziner greift, für den bietet BMW den 640i mit einem 320 PS starken 3,0-Liter-Sechszylinder-Direkteinspritzer. Beide Antriebe senken ihren Verbrauch mit Start-Stopp-System und Bremsenergierückgewinnung. Im Herbst 2012 spendieren die Münchener ihrem Dynamikbündel noch einen 4,4-Liter-Achtzylinder-Benziner mit 450 PS, der dann seine Kraft wahlweise auch an alle vier Räder weitergibt.

Bei 79 500 Euro beginnt die Preisliste des Benziners, für den 640d werden mindestens 83 000 Euro fällig. Und wer aus der umfangreichen Liste der Sonderausstattungen beispielsweise das tadellos funktionierende Head-up-Display, die Fußgängererkennung, das M-Sportpaket oder den Einparkassistenten mitordert, blättert dann deutlich mehr auf die Händlertheke. Sind alle Annehmlichkeiten an Bord, so werden rund 128 000 Euro fällig.