Berlin. Schwarze Löcher saugen Licht auf. Ohne Licht, kein Bild. Das galt bisher. Doch jetzt hat ein Riesenteleskop den Nachweis geschafft.

Seit Jahren bemüht sich die Wissenschaft, das Bild eines alles verschlingenden Schwarzen Lochs aufzunehmen. Bisher erfolglos. Nur in indirekten Methoden ist ihre Existenz belegt. Nun aber ist der direkte Nachweis gelungen. Europäische Kommission, Europäischer Forschungsrat und das Projekt Event Horizon Telescope (EHT) zeigten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz die ersten Aufnahmen.

Die Präsentation fand an sechs Orten der Welt zeitgleich statt und wurde bereits im Vorfeld als ein „bahnbrechendes Ereignis“ angekündigt. Das Bild sei eine Bestätigung von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie unter den extremsten Bedingungen des Universums, berichtete Karl Schuster, Direktor des Instituts für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM), das an der Beobachtungskampagne beteiligt war.

Schwarze Löcher sind Objekte mit derart großer und extrem komprimierter Masse, dass selbst das Licht ihrer Anziehungskraft nicht entkommen kann. Deshalb können sie eigentlich auch nicht direkt beobachtet werden. Bei dem aufgenommenen Exemplar handelt es sich um das extrem massereiche Schwarze Loch im Zentrum der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie Messier 87.

Bericht: Forscher entdecken am schnellsten wachsendes Schwarzes Loch

Acht Teleskope simulieren ein gewaltiges Radioteleskop

In Belgien, Chile, Shanghai, Japan, Taipeh und in den USA sollen Forscher erklären, wie man sich im Rahmen des EHT-Projekts trotzdem um die Abbildung eines massereichen Schwarzen Lochs bemüht hat. Durch den Zusammenschluss von acht Teleskopen weltweit wurde dazu ein gewaltiges Radioteleskop simuliert, das dem Umfang der Erde entspricht. Die Arbeit hatte im Jahr 2017 begonnen. Auch das deutsche Max-Planck-Institut ist an EHT beteiligt.

Gerichtet wurden die Teleskope im April eine Woche lang auf zwei Schwarze Löcher, die weit auseinander liegen. Sagittarius A im Zentrum der Milchstraße und ein Schwarze Loch im Zentrum der elliptischen Riesengalaxie M87. Das Bild könnte entstanden sein, weil die Teleskope nicht das Schwarze Loch selbst, sondern deren Umfelder beobachteten. Dort könnte der sogenannte Ereignishorizont nachgewiesen worden sein. Dieser Ereignishorizont ist jene letzte Grenze, über die hinaus Licht und Materie von Schwarzen Löchern unausweichlich aufgesaugt wird.

Schwarze Löcher halten Licht ein, sind quasi unsichtbar – bis jetzt

Durch ihre extreme Masse lassen Schwarze Löcher noch nicht einmal das Licht entkommen, dadurch sind sie praktisch unsichtbar. Allerdings heizt sich Materie, bevor sie in ein Schwarzes Loch gezogen wird, extrem stark auf und strahlt dann hell. Dieses charakteristische Leuchten ist in rot in der jetzt vorgelegten Aufnahme zu sehen.

Um ein Schwarzes Loch bildet sich eine Gas- und Staubscheibe, auf der neue Materie in den Raumzeitschlund strudelt. Diese Materie dreht sich immer schneller, wird dabei durch Reibung extrem heiß und leuchtet hell auf.

Die Teleskope fotografierten das Schwarze Loch vor dieser sogenannten Akkretionsscheibe, „wie eine schwarze Katze auf einem weißen Sofa“, erläuterte die Max-Planck-Gesellschaft. Mit den Beobachtungen, die auch im Fachblatt „Astrophysical Journal“ vorgestellt werden, hoffen die Forscher zahlreiche grundlegende Fragen zu beantworten.

Eine Frage war: Sehen Schwarze Löcher so aus wie von der Theorie erwartet? „Wir waren ehrlich gesagt überrascht, wie gut der beobachtete dunkle Fleck mit der aus unseren Computersimulationen vorhergesagten Struktur übereinstimmt“, sagt Zensus.

Materie gibt an der Grenze Strahlung ab

„Immer dann, wenn Materie diese Grenze überschreitet, gibt sie der Theorie zufolge intensive Strahlung ab“, erläutern Astronomen des Max-Plack-Instituts laut Medienberichten. Diese Strahlung lasse sich registrieren.

Zur Auflösung des zusammengeschlossenen Teleskops erklärten die Projektverantwortlichen im Vorfeld: „Um eine ungefähre Vorstellung davon zu verschaffen wie gut sie sei, müsse man sich folgendes vorstellen: „einzelne Grübchen eines Golfballes in Los Angeles zu zählen – und zwar von New York aus.“

Das weltumspannende Projekt ist Thema der Dokumentation „Black Hole Hunters – Jäger des Schwarzen Lochs“ von Windfall Films mit BBC, NHK, Canal+ und Welt. Die Macher der Dokumentation erhielten exklusiven Zugang zum EHT-Projekt und begleiteten die Arbeit der Wissenschaftler und Technik-Teams mit der Kamera. Ihr Film beschreibt die ungewöhnlichen Herausforderungen dieses Mega-Projekts und die unschätzbare Bedeutung seines Erfolgs. (Kai Wiedermann)