Berlin . Forscher der Uniklinik Heidelberg haben einen Test für die Erkennung von Brustkrebs im Blut entwickelt. Wie effektiv ist die Methode?

Eine Krebserkrankung hinterlässt Spuren im Blut, oftmals lange bevor der Körper Alarm schlägt. Heidelberger Wissenschaftlern ist es nun gelungen, diese Spuren bei Brustkrebspatientinnen zu lesen.

Eigenen Angaben zufolge haben sie so den ersten marktfähigen Bluttest für Brustkrebs entwickelt. Noch in diesem Jahr soll die Methode des Unternehmens HeiScreen zur Verfügung stehen – es wäre ein medizinischer Meilenstein.

In 75 Prozent der Fälle konnte der Test Krebs erkennen

Der Test, den die Forscher am Donnerstag auf einem Gynäkologenkongress in Düsseldorf erstmals vorgestellt haben, basiert auf dem Prinzip der sogenannten Liquid Biopsy, also der flüssigen Biopsie. Mit diesem Verfahren können Informationen über eine Krankheit aus Körperflüssigkeiten wie Urin, Speichel oder Blut gewonnen werden.

Seit Jahren setzen Krebsforscher große Hoffnungen in die Methode, um die Diagnosemöglichkeiten bei Tumorerkrankungen zu erweitern und Krebs frühzeitig zu erkennen. Der Markt für einen solchen Test ist riesig, denn im Laufe ihres Lebens erkranken rund 40 Prozent der Deutschen mindestens einmal an Krebs.

Bei den Frauen ist es meist der Brustkrebs, allein 2018 bekamen etwa 70.000 Frauen eine entsprechende Erstdiagnose. Obwohl die Heilungschance bei frühzeitiger Diagnose bei 95 Prozent liegt, ist Brustkrebs unter Frauen auch die tödlichste Krebsart.

Test besonders erfolgreich bei Jüngeren

Die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg haben nun einen Test entwickelt, der nach eigenen Angaben anhand von nur wenigen Millilitern Blut bei 500 Brustkrebspatientinnen in 75 Prozent der Fälle eine Krebserkrankung richtig erkannte. Bei Frauen unter 50 Jahren lag diese sogenannte Sensitivität sogar bei 86 Prozent, bei den über 50-Jährigen bei 60 Prozent.

„Wir haben festgestellt, dass der Test besonders gut bei jüngeren Frauen und Patientinnen mit einem sehr hohen Erkrankungsrisiko angewendet werden kann“, sagt Christof Sohn, Professor an der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg und Leiter der Studie.

Die Diagnose funktioniert mit einer Kombination aus 15 unterschiedlichen Biomarkern – den Spuren des Krebses im Blut. Sohn erklärt es so: „Ein Tumor besteht aus vielen schnell wachsenden Zellen, die sich teilen müssen. Bei der Teilung der Zellen werden Botenstoffe ins Blut abgegeben, die der Test erkennt. Im Prozess des Tumorwachstums fallen sozusagen Späne.“ Ein anderer Biomarker entsteht durch die Reaktion des Immunsystems auf einen Tumor.

http://Ist_Krebs_besiegbar?_Spahns_Aussage_im_Faktencheck

weitere Videos

    Ärzte können Aktivität des Tumors messen

    Sohn und sein Team verstehen den Test ausdrücklich als Ergänzung zu bisherigen Diagnoseverfahren wie Mammografie, Ultraschall oder die Entnahme von Gewebe – nicht als Konkurrenz. „Während die Mammografie zum Beispiel eine Anhäufung von Zellen zeigt, können wir mit unserem Test die Aktivität des Tumors messen. Das ist etwas ganz anderes.“

    Ob der Test auf alle Arten von Brustkrebs anwendbar ist, können die Heidelberger Forscher nicht mit Sicherheit sagen. „Jedenfalls lässt sich bis jetzt keine Krebsart ausschließen“, sagt Sohn.

    Tatsächlich können Tumore sehr unterschiedlich sein. Besonders beim Brustkrebs sei das so, sagt Professor Klaus Pantel vom Institut für Tumorbiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er forscht seit Langem zum Thema Bluttest und hat vor Jahren den Begriff Liquid Biopsy geprägt.

    „Ein Test für Brustkrebs ist besonders schwierig, weil es nicht den einen Brustkrebs gibt“, so Pantel. „Kaum zwei Tumoren gleichen einander.“ Er weist darauf hin, dass es viel größere Zahlen geben müsse, um die Wirksamkeit des Tests wirklich beurteilen zu können.

    http://Prominente_Kämpfer_gegen_den_Krebs

    Bei der US-amerikanischen Sängerin Anastacia („I`m outta love“) wurde 2003 Brustkrebs diagnostiziert. Die Folge: eine erfolgreiche Operation und Bestrahlung. 2013 dann kam der Krebs zurück. Um einem weiteren Rückschlag vorzubeugen, ließ sich die Sängerin beide Brüste in einer sogenannten Mastektomie abnehmen. Wir zeigen weitere prominente Persönlichkeiten, die mit der Diagnose konfrontiert wurden – oder durch operative Eingriffe vorsorgen.
    Bei der US-amerikanischen Sängerin Anastacia („I`m outta love“) wurde 2003 Brustkrebs diagnostiziert. Die Folge: eine erfolgreiche Operation und Bestrahlung. 2013 dann kam der Krebs zurück. Um einem weiteren Rückschlag vorzubeugen, ließ sich die Sängerin beide Brüste in einer sogenannten Mastektomie abnehmen. Wir zeigen weitere prominente Persönlichkeiten, die mit der Diagnose konfrontiert wurden – oder durch operative Eingriffe vorsorgen. © Getty Images | Alexander Scheuber
    Der Ex-Stabhochspringer Tim Lobinger ist erneut an Leukämie erkrankt. „Die zwei Krebszellenarten, die vergangenes Jahr erkannt wurden und vernichtet werden konnten, sind nicht mehr nachgewiesen worden. Dafür ist eine leicht mutierte Form zurückgekehrt“, sagte er 45-Jährige in diesem April in einem Interview mit dem „Stern“.
    Der Ex-Stabhochspringer Tim Lobinger ist erneut an Leukämie erkrankt. „Die zwei Krebszellenarten, die vergangenes Jahr erkannt wurden und vernichtet werden konnten, sind nicht mehr nachgewiesen worden. Dafür ist eine leicht mutierte Form zurückgekehrt“, sagte er 45-Jährige in diesem April in einem Interview mit dem „Stern“. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Marijan Murat
    Sylvie Meis bekam 2009 die Diagnose Brustkrebs. Nach einer Chemotherapie hat sie die Krankheit besiegt.
    Sylvie Meis bekam 2009 die Diagnose Brustkrebs. Nach einer Chemotherapie hat sie die Krankheit besiegt. © Getty Images | Andreas Rentz
    Der australische Schauspieler Hugh Jackman („X-Men“) gab Ende 2013 bekannt, an Hautkrebs erkrankt zu sein. Ihm wurden Basalzellkarzinome an der Nase entfernt. Ein Basalzellkarzinom oder Basaliom ist ein Tumor, der anders als ein Melanom normalerweise keine Metastasen bildet. Diese und eine ähnliche Tumorart werden deshalb auch halbbösartiger oder weißer Hautkrebs genannt.
    Der australische Schauspieler Hugh Jackman („X-Men“) gab Ende 2013 bekannt, an Hautkrebs erkrankt zu sein. Ihm wurden Basalzellkarzinome an der Nase entfernt. Ein Basalzellkarzinom oder Basaliom ist ein Tumor, der anders als ein Melanom normalerweise keine Metastasen bildet. Diese und eine ähnliche Tumorart werden deshalb auch halbbösartiger oder weißer Hautkrebs genannt. © REUTERS | REUTERS / AXEL SCHMIDT
    Hollywoodstar Angelina Jolie hat vor einigen Jahren für weltweites Aufsehen erregt, als sie sich wegen Brustkrebs-Fällen in ihrer Familie vorsorglich beide Brüste amputieren ließ. Ihre Mutter war 2007 an Krebs gestorben, 2013 auch ihre Tante.
    Hollywoodstar Angelina Jolie hat vor einigen Jahren für weltweites Aufsehen erregt, als sie sich wegen Brustkrebs-Fällen in ihrer Familie vorsorglich beide Brüste amputieren ließ. Ihre Mutter war 2007 an Krebs gestorben, 2013 auch ihre Tante. © REUTERS | REUTERS / MARK BLINCH
    Hollywood-Star Michael Douglas („Wall Street“) überstand eine Krebserkrankung an der Zunge.
    Hollywood-Star Michael Douglas („Wall Street“) überstand eine Krebserkrankung an der Zunge. © REUTERS | REUTERS / MARIO ANZUONI
    Bekannt wurde Christina Applegate in den 1990er Jahren mit ihrer Rolle der Kelly Bundy in der US-Serie „Eine schrecklich nette Familie“. Nach einer Brustkrebsdiagnose im Jahr 2008 ließ sie sich beide Brüste abnehmen. Einige Jahre später, 2017, ließ sie sich auch die Eierstöcke und Eileiter entfernen.
    Bekannt wurde Christina Applegate in den 1990er Jahren mit ihrer Rolle der Kelly Bundy in der US-Serie „Eine schrecklich nette Familie“. Nach einer Brustkrebsdiagnose im Jahr 2008 ließ sie sich beide Brüste abnehmen. Einige Jahre später, 2017, ließ sie sich auch die Eierstöcke und Eileiter entfernen. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
    Die „Sex and the City“-Schauspielerin Cynthia Nixon erkrankte 2006 an Brustkrebs – und besieht ihn. Sie hat weitere große Pläne: Nixon will Gouverneurin des US-Bundesstaats New York werden.
    Die „Sex and the City“-Schauspielerin Cynthia Nixon erkrankte 2006 an Brustkrebs – und besieht ihn. Sie hat weitere große Pläne: Nixon will Gouverneurin des US-Bundesstaats New York werden. © dpa | Bebeto Matthews
    Am 18. März 2016 starb der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle an den Folgen seiner Leukämieerkrankung. Er wurde 54 Jahre alt.
    Am 18. März 2016 starb der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle an den Folgen seiner Leukämieerkrankung. Er wurde 54 Jahre alt. © Getty Images | Sean Gallup
    Auch Popsängerin Kylie Minogue bekam im Mai 2005 die Diagnose Brustkrebs. Eine Operation und eine Chemotherapie verliefen erfolgreich. Die Australierin steht wieder gesund auf der Bühne.
    Auch Popsängerin Kylie Minogue bekam im Mai 2005 die Diagnose Brustkrebs. Eine Operation und eine Chemotherapie verliefen erfolgreich. Die Australierin steht wieder gesund auf der Bühne. © Getty Images | Dave Hogan
    Miriam Pielhau verlor den Kampf gegen den Krebs. Die Moderatorin („taff“) starb am 12. Juli 2016 im Alter von 41 Jahren.
    Miriam Pielhau verlor den Kampf gegen den Krebs. Die Moderatorin („taff“) starb am 12. Juli 2016 im Alter von 41 Jahren. © REUTERS | REUTERS / POOL
    CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist unheilbar an Krebs erkrankt. Vor einigen Jahren hatte er das öffentlich gemacht. „Die Krebstherapie hat leider eine chronische Müdigkeit zur Folge, die ich – so paradox es sich anhört – am heftigsten spüre, wenn ich einmal Ruhe habe“, sagte Bosbach.
    CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist unheilbar an Krebs erkrankt. Vor einigen Jahren hatte er das öffentlich gemacht. „Die Krebstherapie hat leider eine chronische Müdigkeit zur Folge, die ich – so paradox es sich anhört – am heftigsten spüre, wenn ich einmal Ruhe habe“, sagte Bosbach. © Getty Images | Thomas Lohnes
    Tennis-Legende Martina Navratilova erkrankte 2010 an Brustkrebs. Heute geht es ihr wieder gut.
    Tennis-Legende Martina Navratilova erkrankte 2010 an Brustkrebs. Heute geht es ihr wieder gut. © Getty Images | Clive Brunskill
    In den 90er Jahren wurde sie als Brenda Walsh in der Jugendserie „Beverly Hills, 90210“ bekannt. Shannen Doherty erkrankte 2015 an Brustkrebs. Sie ging recht offensiv mit der Erkrankung um und zeigte sich zum Beispiel mit rasiertem Kopf auf Instagram.
    In den 90er Jahren wurde sie als Brenda Walsh in der Jugendserie „Beverly Hills, 90210“ bekannt. Shannen Doherty erkrankte 2015 an Brustkrebs. Sie ging recht offensiv mit der Erkrankung um und zeigte sich zum Beispiel mit rasiertem Kopf auf Instagram. © imago/MediaPunch | Faye Sadou
    Komponist und Produzent Ralph Siegel („Dschingis Khan“) erkrankte zweimal an schwerem Krebs.
    Komponist und Produzent Ralph Siegel („Dschingis Khan“) erkrankte zweimal an schwerem Krebs. © Getty Images | Hannes Magerstaedt
    1996 wurde bei dem US-amerikanischen Radrennfahrer und Triathlet Lance Armstrong Hodenkrebs diagnostiziert. Er gilt inzwischen als geheilt.
    1996 wurde bei dem US-amerikanischen Radrennfahrer und Triathlet Lance Armstrong Hodenkrebs diagnostiziert. Er gilt inzwischen als geheilt. © Getty Images | Spencer Platt
    Die amerikanische Popsängerin Sheryl Crow („All I Wanna Do“) und Ex-Freundin von Lance Armstrong besiegte den Brustkrebs.
    Die amerikanische Popsängerin Sheryl Crow („All I Wanna Do“) und Ex-Freundin von Lance Armstrong besiegte den Brustkrebs. © REUTERS | REUTERS / MARIO ANZUONI
    Sharon Osbourne, Ehefrau von „Black Sabbath“-Altrocker Ozzy, erkrankte 2002 an Darmkrebs. Im November 2012 hatte sie sich zudem für eine Brust-Amputation entschieden.
    Sharon Osbourne, Ehefrau von „Black Sabbath“-Altrocker Ozzy, erkrankte 2002 an Darmkrebs. Im November 2012 hatte sie sich zudem für eine Brust-Amputation entschieden. © Getty Images | Anthony Devlin
    Schauspieler Ewan McGregor („Trainspotting“) hatte sich einen verdächtigen Leberfleck unter dem Auge entfernen lassen. Er hat den Hautkrebs besiegt.
    Schauspieler Ewan McGregor („Trainspotting“) hatte sich einen verdächtigen Leberfleck unter dem Auge entfernen lassen. Er hat den Hautkrebs besiegt. © REUTERS | REUTERS / POOL
    Die US-amerikanische Schauspielerin Melanie Griffith – Ex-Frau von Antonio Banderas und auch Don Johnson – hatte Hautkrebs. Inzwischen ist sie wieder gesund.
    Die US-amerikanische Schauspielerin Melanie Griffith – Ex-Frau von Antonio Banderas und auch Don Johnson – hatte Hautkrebs. Inzwischen ist sie wieder gesund. © REUTERS | REUTERS / DANNY MOLOSHOK
    Auch Schauspielerin Sofia Vergara („Modern Family“) gilt nach einer Schilddrüsen-Krebserkrankung als geheilt.
    Auch Schauspielerin Sofia Vergara („Modern Family“) gilt nach einer Schilddrüsen-Krebserkrankung als geheilt. © REUTERS | REUTERS / MIKE BLAKE
    1/21

    Falsche Diagnosen können nicht ganz ausgeschlossen werden

    Drei Fragen seien dabei relevant: Findet man mit dem Test wirklich alle Tumore? Findet man sie früh genug? Und macht man keine gesunden Menschen fälschlicherweise zu Krebspatienten? „Wenn nur ein Prozent der Frauen eine sogenannte falsch positive Diagnose bekäme, wären das schon sehr viele verunsicherte Patientinnen“, sagt Pantel.

    „Oder man stelle sich vor, ein Test findet Tumor-DNA im Blut, aber keinen Tumor dazu – was sagt der Arzt dem Patienten?“ Neben der wissenschaftlichen Umsetzung geht es bei der Entwicklung der Tests immer auch um ethische Fragen.

    Falsch positive Diagnosen können tatsächlich nicht ganz ausgeschlossen werden, bestätigt Professor Christof Sohn. „In Einzelfällen kann das leider passieren.“ Das könne aber bei jedem Verfahren vorkommen.

    Jedes Labor soll den Test durchführen können

    Die Heidelberger Forscher wollen den Test nun kontinuierlich verbessern. Er soll zunächst in großen Zentren angewendet werden. Und mit den Daten jeder Patientin „wird der Algorithmus geschärft und verbessert“. Ein lernendes System.

    Am Ende, so stellen es sich die Wissenschaftler vor, soll jede Frau sich bei ihrem Gynäkologen testen lassen können. Dazu haben die Forscher eine Methode entwickelt, die das Blut mit all seinen Informationen nicht nur zwei, drei Stunden stabil hält, sondern inzwischen eine Woche lang. Jedes Labor soll so den Test durchführen können.

    Auch den Einsatz bei anderen Krebsarten wollen die Wissenschaftler untersuchen, etwa bei Eierstockkrebs. Dort hätten erste Zwischenergebnisse eine Sensitivität von bis zu 80 Prozent bei rund 200 untersuchten Patientinnen ergeben.

    Bisher sieht die Prävention vor, dass sich Frauen einmal im Jahr bei ihrem Gynäkologen auf Knoten in der Brust abtasten lassen können. Eine Studie belegte nun, wie wirksam Blinde den Ärzten bei der Brustkrebsvorsorge helfen können.