Hamburg. Ein Löwe! Wie aus dem Nichts taucht Seine Majestät zwischen zwei Safari-Jeeps auf und fängt an zu traben. Doch kein Zebra, Gnu oder Springbock muss sich heute um Leib und Leben sorgen, der Löwe hat just nur Augen für eine Dame. Sichtlich gehetzt setzt der stramme Kerl einer schmucken Artgenossin nach, die aber eher desinteressiert wirkt, gelangweilt Fersengeld gibt und schnell am Horizont verschwunden ist.
Selbst unser mit allen Pirschwassern gewaschener Guide Francois reibt sich verdutzt die Augen: „Normalerweise laufen Paarungsrituale bei Löwen ganz anders ab, und normalerweise verpennen die Männer gern auch den halben Tag. Wenn also ein männlicher Löwe bei dieser großen Hitze einem Weibchen nachstellt, ist das äußerst ungewöhnlich. “
Ein Wasserloch weiter sorgen drei andere Damen und ein allerliebstes Junges für die nächste Löwen-Show: trinken, in der Sonne räkeln, mal die Zähne zeigen, mal das Kleine stupsen, dann wieder saufen, dehnen, gähnen. Ganze zehn Minuten geht das so, gerade mal 50 Meter entfernt von den hingerissenen Beobachtern mit ihren wie wild klickenden Kameras. Dann tritt das Quartett ganz entspannt den Rückzug an – vorbei an einer Herde Gnus, die in respektvollem Abstand und Alarmstufe Rot verharren.

700 Kilometer Straßen führen durch das tierreiche Areal
Dass nicht jedem potenziellen Beutetier die Flucht gelingt, zeigt sich wieder nur wenig später. Im Fernglas entdeckt Francois einen noch mähnenlosen jungen Löwen, der es sich hinter einem Baumstamm bequem gemacht hat. „Der ist grad nudelsatt“, erklärt er und reicht das Glas weiter, „achtet mal auf die dunklen Flecken im Gesicht. Das ist verkrustetes Blut, aber ganz sicher nicht sein eigenes.“
Doch nicht nur wegen der Löwen ist der erste Nachmittag im Etosha-Nationalpark bereits ein Volltreffer. Schon Stunden zuvor haben wir am Wasserloch des Okaukuejo-Camps ein irres Panoptikum bestaunt. Quirlige Springböcke und bildschöne Oryx-Antilopen beim Bad. Zebra- und Gnu-Grüppchen, die in synchronen Reihen trinken und schon bei Mini-Störungen panisch in alle Richtungen auseinanderlaufen.
Scheue Giraffen, die sich erst dann zum Wasser beugen, wenn das Umfeld akribisch auf Feinde gescannt wurde. Wuselige Schabrackenschakale, die unermüdlich zwischen den Steinen nach Futter schnüffeln. Und nicht zuletzt ein Elefanten-Opa, der sich in aller Seelenruhe mit Modder zukleistert und dick verkrustet aussieht wie vom Lehrling schlecht getöpfert.
Was diese wenigen Stunden bereits nachdrücklich beweisen: Etosha ist klasse! Weltklasse, um genau zu sein. Nicht nur in Namibia gibt es nichts Vergleichbares, auch für Afrika ist dieses 22.275 Quadratkilometer große Schutzgebiet einzigartig. Sein Herzstück bildet eine 5000 Quadratkilometer große Ton- und Salzpfanne, die sogar aus dem All sichtbar ist und ein knappes Viertel der Gesamtfläche einnimmt.
Durch den Park führen etwa 700 Kilometer unbefestigte Straßen unter anderem zu sechs Camps sowie Dutzenden natürlicher und künstlicher Wasserlöcher, an denen sich bis auf Krokodile, Flusspferde und Büffel alles tummelt, was in der Tierwelt des südlichen Afrikas Rang und Namen hat. Plus jeweils Hunderte Vogel-, Reptilien- und Amphibienarten.

Die Frühpirsch führt von Camp Okaukuejo im Westen zu Camp Namutoni im Osten
Der nächste Morgen. Schon zwischen Dusche und Frühstück geht es erneut zum Wasserreservoir, an dem sich im frühen Tageslicht Zebras und Oryx-Antilopen beim Trinken und Baden perfekt spiegeln. Die anschließende Frühpirsch führt von Camp Okaukuejo im Westen zu Camp Namutoni im Osten – zwischen den beiden ehemaligen Polizei- und Militärstationen liegen 125 Kilometer Strecke und diverse ausgesprochen populäre Wasserlöcher. Für Tier und für Mensch.
Eine ruhende Tüpfelhyäne am Wegesrand inspiriert Francois zu einem Vortrag über Jagdintelligenz und Mut: „Hyänen schrecken nicht davor zurück, sich mit Löwen anzulegen – beim Kampf um Beute oder der Verteidigung des Nachwuchses.“ Zwei junge Giraffenbullen, die soeben um die Dame ihres Herzens kämpfen und sich mit Hälsen und Köpfen derb hauen, leben gefährlich – „das kann zur Bewusstlosigkeit führen oder gar zum Tod“. Und das Geparden-Pärchen, das im Schatten einer Dornakazie gut getarnt nach Beute ausspäht, erinnert den Profi an eine ziemlich bedrohliche Situation – als er mal einen Reifen wechseln musste in Riech- und Reichweite eines dösenden Löwen.
Die Elefanten zelebrieren ausgelassenes Familienleben
Apropos Löwe: Vor uns stoppt ein Kollege und berichtet aufgeregt von einem einsamen Stromer am Rande der Salzpfanne. Francois gibt Gas und hat ihn wenig später tatsächlich im Fadenkreuz. Anfangs noch sehr weit weg und kaum zu sehen im hohen Gras, tut uns der prächtige Tierkönig den Gefallen und kommt näher. Und näher. Und immer näher. Ein weiterer Glücksmoment für die Fotografen, die ihn in aller Ruhe ablichten, bis er irgendwann wieder entschwindet im flirrenden Mittagslicht.
Als wäre all das nicht schon genug an Safari-Seligkeit, setzen am Nachmittag die großen Grauen noch kräftig einen drauf. Es beginnt mit einer Herde, die kurz vor uns die Straße quert, eskortiert von einem Rudel Springböcke wie ein hellbraunes Absperrband. Und als dann gleichzeitig mehrere Familien das Wasserloch entern, geht die Post gewaltig ab – eine Show der Extraklasse und in Spielfilmlänge.

Ganz und gar entspannt zelebrieren Dutzende Bullen, Kühe und Kinder nämlich ausgelassenes und fröhliches Familienleben. Da wird getollt, gezofft und gealbert, dass es eine wahre Freude ist. Sie spielen Ringkampf mit Rüsselverknoten und Dreckschleudern mit Termitenhügelsand. Die jüngsten Elefantenkinder üben den akkuraten Gebrauch ihrer spindeldürren Rüssel-Röhrchen, Teenager toben im Wasser und prusten sich wechselseitig Duschen ins Gesicht. Spaßfaktor 100 Prozent. Für Beteiligte wie Beobachter.
Einziger, klitzekleiner Wermutstropfen: Nashörner und Leoparden haben wir während unseres Aufenthalts nicht zu Gesicht bekommen. „Kein Wunder“, frotzelt Francois, „die einen haben hier nur dienstags Ausgang, die anderen nur donnerstags. Da müsst ihr halt noch mal wiederkommen.“ Grinst vergnügt und dreht ab zum nächsten Wasserloch. Er weiß, dass er sein Bestes gegeben hat. Im Weltklasse-Revier von Etosha.
Tipps & Informationen
Anreise ab Hamburg z. B. mit KLM über Amsterdam nach Windhoek oder ab Frankfurt mit South African Airways via Johannesburg.
Etosha-Nationalpark Die Trockenzeit von Mai bis September ist die beste Reisezeit.
Unterkunft
Im Park gibt es sechs Camps von Camping bis zu Chalets. Infos und Buchung unter www.etoshanationalpark.org/de
Pauschal
z. B. zehntägige Privatreise „Einzigartiges Namibia“ , Gebeco, ab 1395 Euro (ohne Flüge), www.gebeco. de; ein ähnliches Angebot hat Meiers Weltreisen im Programm, vier Tage im Nationalpark, ab 1418 Euro, www.meiers-weltreisen.de
Auskunft
Namibia Tourism Board, Schillerstraße 42–44, 60313 Frankfurt, Tel: 069 133736-0, www.namibia-tourism.com
(Die Reise wurde unterstützt von Gebeco Reisen)
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