Paris. Eine Flusskreuzfahrt auf der Seine mit der „A-Rosa Viva“ ist ein Erlebnis für alle Sinne – und eine Herausforderung für den Magen.

Am Ende dieser Reise, so viel scheint klar, wird nur einer von uns leichter sein. Das ist das Schiff. In Paris sind die Kühlschränke der „A-Rosa Viva“ noch randvoll mit guten Dingen. Nehmen wir nur die 1200 Eier, die 540 Kilo Fisch und Fleisch, namentlich Kalbszunge, Oktopus, Rinderschulter, Gänseleber und Schellfisch.

Dazu all das, was das kulinarische Leben auf rahmige Weise vervollkommnet, weshalb ganze 80 Kilo Butter an Bord sind und 130 Liter Sahne. Der Mensch lebt schließlich nicht vom Brötchen allein, obschon man sicherheitshalber auch davon 1750 eingepackt hat.

Aber nach und nach – nicht, dass uns das beunruhigte – wird all das schwinden. Oder wollen wir es eine Transformation Richtung Passagier nennen? An Bord sind ja lauter Gäste, die sich sehr bewusst für das entschieden haben, was die Linie Gourmetreisen nennt.

Und es gibt eindeutig Wieder­holungstäter. „Kennen wir uns von der Mosel-Tour?“, fragt die Dänin mit deutschem Wohnsitz das Senioren-Ehepaar mit der stattlichen Segelbräune, „oder vom Rhein?“ „Beides“, lachen die Rentner aus dem Harz und erzählen gleich von den amüsanten Umständen des ­üppigen Riesling-Einkaufs seinerzeit.

Der Porsche unter den Destillerien

Die Rhône wäre auch noch eine Möglichkeit bei „A-Rosa“ gewesen. Oder die Donau. Nun aber Seine – zum ersten Mal, dabei nicht gerade Diaspora. Start ist Paris, wo am Ende richtig viel Zeit sein wird von der Verführungs-Pâtisserie im Salon de thé über die Markthallen bis zu Traditions-Bistros. Aber wir legen vorerst ab zu den drei großen Cs und die Metropole schwindet.

Unaufgeregt die Landschaft, hier Felder und Hecken, dort Hecken und Felder, charmant unspektakulär. Aus den Dörfern, die vorbeiziehen, setzen allenfalls die Türme stolzer Spätgotik vor dem Abendhimmel pittoreske Landmarken. Wir reisen wunderbar langsam den Fluss hinunter. Ganz am Ende sollte, unseren schütteren Erdkunde-Kenntnissen nach, zwar der Ärmelkanal liegen – aber was ist unser Ziel? Kulturell (ja, auch dafür ist ein bisschen Platz) Jeanne d’Arcs Rouen oder Monets Garten in Giverny.

Der Gourmet-Kompass freilich schlägt Richtung Calvados und Cidre aus, beide das stolze Endprodukt nicht enden wollender Apfelbauwiesen, die wir beim Landgang sehen. Traumverloren schön – Ansichtskarte ist gar kein Ausdruck – liegt Château du Breuil im saftigen Obstgarten des Pays d’Auge: der Porsche unter den Destillerien.

Das Gourmet-Thema macht Reisenden pausenlos Appetit

Das dritte C ist Camembert. Das vierte passt nicht in die Normandie, ist aber bei einer Motto-Flussfahrt unumgänglich: Champagner gibt es auch an Bord, ihm ist gar ein eigenes Menü ­gewidmet. Apropos an Bord: Nicht ­wenige ziehen es vor, sich in dieser ­Woche ganz und gar dem Bauch des Schiffes anzuvertrauen.

Schon ein ­Mittagessen zu verpassen, könnte Freunde guter Küche zwicken. Tatsächlich macht das Gourmet-Thema Reisenden nahezu pausenlos Appetit. Die ­Küche, der der Stuttgarter Oliver Edelmann seit zwölf Jahren vorsteht, ist ­angenehm weit entfernt von der nichtssagenden Meterware riesiger Touri-Pötte. Schon den Lunch auszulassen, könnte schlimmstenfalls den Verzicht auf Froschschenkel bedeuten, auf das Boeuf à la mode, die Atlantikfischplatte mit Champagner-Senfschaum, das gegrillte Roastbeef mit Portweinjus nicht zu vergessen.

Wer will da sagen, ob Reisen nicht eigentlich der Abstand zwischen zwei Mahlzeiten sei? Sie wollen es, sie genießen es. Und an Aufmerksamkeit mangelt es selten: Auf vier Gäste – maximal schippern 202 in 90 Außenkabinen – kommt ein Crewmitglied. Sie haben dennoch gut zu tun. Nur Anton, dieser Schrank von Fitnesstrainer, kann einem etwas leid tun: Seine Ausflugsfahrräder pumpt er tapfer auf, die meisten Sättel bleiben leer. Nennen wir es eine Entscheidung aus dem Bauch heraus.

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    Spät wird es hier selten

    Was sind das für Gäste? Sehr verschiedene. Manche kenntnisreich, andere gastronomisch amüsierbereit, dritte haben, wie das geduldige alte Ehepaar aus Mecklenburg, in jener fröhlicher ­Ahnungslosigkeit angeheuert, die man dem Motto „Wir gönnen uns das jetzt einfach mal“ zuordnen könnte. Die Umsicht, mit der die Crew solches Gefälle schultert, das auch optisch vom Hosenträger bis zum Designerkleid reicht, ist staunenswert.

    Nicht auszuschließen, dass der Vortrag des rheinhessischen Autohändlers über die portugiesische Korkeiche für Sommelière Verena ­Herzog wenig Unbekanntes enthält. ­Allein, sie schenkt mit dem Lächeln einer Unsinkbaren freundlich nach.

    Spät wird es hier übrigens selten. Das Durchschnittsalter ist stattlich. An Bord begeht ein Herr aus Euskirchen seinen 95. Geburtstag. „Schätzen se mal, wie alt ich bin?“, fragt er den Ober. „60“, sagt der. Auch so schafft man Wohlfühl-Atmosphäre.

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      Visiten von Sterne-Köchen zählen zum Profil der Reisen

      Von der harten Arbeit auf kleinem Raum spüren wir nichts. Die Brigade ist früh auf den Beinen, mitunter sieht man Edelmann gegen zehn beim Dämmerschoppen. Zweimal kriegt er hohen ­Besuch. Visiten von Sterne-Köchen ­zählen zum Profil der Gourmet-Reisen. Edelmann kennt sie, es sind Freunde, die das nicht fürs Geld tun. „Wer tut sich das an, wenn’s nicht auch Spaß macht?“, fragt er. „Die ganze Nacht ist Paul Stradner durchgefahren, um aus dem Elsass pünktlich hier zu sein.“ Wir sehen Stradner einen Kaffee nehmen, dann legt er los.

      Sportlich ist es in dieser Küche immer: „50, 60 Quadratmeter mit reichlich Maschinen und bis zu 17 Köchen drin, da muss man sehr gut wissen, was man zu tun hat.“ Das sei typisch bei einer Gourmet-Woche – Edelmann lacht: „Wenn wir hier reinrauschen, ist das für die Kollegen wie ein Tsunami.“

      Keinen Hauch davon haben wir wahrgenommen, und das lag nicht am Animationsprogramm: Im Vergleich zum Aktivitäts-Bombardement anderer Flotten schweigen hier die Waffen. Obwohl: Gleich ist der Vortrag über ­Trüffel. Hin! Die süße Sorge, etwas zu ­verpassen, sie wird uns erhalten bleiben bis zum letzten Gang – und sei es der von Bord.

      Tipps & Informationen

      Das Schiff Die 2010 gebaute „A-Rosa Viva“ ist 135 Meter lang und 11,4 Meter breit. Sie hat 99 Außenkabinen und insgesamt Platz für 202 Passagiere. Die Geschwindigkeit des Flusskreuzers beträgt 22 Stundenkilometer.

      Die Tour „Seine Gourmet“ wird einmal im Jahr angeboten. 2019 findet sie vom 22. bis 29. Juni statt. Preis ab 1679 Euro. Wer bis zum 28. Februar bucht, erhält einen Frühbucherrabatt. Diese Tour ist eine von insgesamt fünf Gourmetreisen der A-Rosa – auf Rhein, Mosel und Rhône. 2019 werden auch Donau und – erstmals – Douro befahren. Mehr Infos und Buchung unter www.a-rosa.de. Auch andere Anbieter wie Nicko Cruises (www.nicko-cruises.de) haben Flusskreuzfahrten auf der Seine und anderen Flüssen im Programm, z. B. acht Tage Paris–Normandie–Paris ab 699 Euro pro Person.

      (Die Reise wurde freundlich unterstützt von A-Rosa Flusskreuzfahrten.)