Paris. Der chinesische Konzern Huawei will langfristig der größte Smartphonehersteller der Welt werden. Das P20 ist dafür ein guter Anfang.

Was Größe und Dramatik der Produktvorstellungen angeht, bewegt sich der chinesische Technik-Konzern Huawei längst auf Augenhöhe mit Apple und Samsung: Um ihre neuesten Smartphones vorzustellen, wählten die Chinesen den durchaus eindrucksvollen Grand Palais unweit vom Triumphbogen und dem Eifelturm im Herzen von Paris. Diese Geste deutet auch das mittelfristige strategische Ziel Huaweis an: größter Smartphonehersteller der Welt zu werden.

Im vergangenen Jahr lagen die Chinesen laut Marktforschungsunternehmen IDW mit 153,1 Millionen ausgelieferten Geräten noch auf Rang 3. Spitzenreiter Samsung kam 2017 mit 317 Millionen verkauften Geräten noch locker auf das doppelte, Apple (215,8 Mio.) lag hingegen schon deutlich näher. In diesem Jahr will Huawei den Abstand noch deutlich verringern – helfen sollen dabei das P20 (649 Euro) und das P20 Pro (899 Euro), die am Dienstag vorgestellt wurden.

Noch mehr vom selben?

Und das ist gar nicht so weit hergeholt, denn das, was man am Dienstag sehen und ausprobieren konnte, ist – zumindest im Fall des P20 Pro – recht beeindruckend. Wie mittlerweile bei Flaggschiffgeräten fast üblich stellt Huawei sein Smartphone in zwei Ausführungen bereit: als P20 mit 5,8-Zoll-Display und in einer größeren Variante mit 6,1-Zoll-Display und einer dritten Kameralinse, als P20 Pro. Die Auflösung der OLED-Displays beträgt in beiden Geräten 2240 mal 1080 Pixel.

Im Innern stecken jeweils ein Kirin-970-Prozessor, sechs GB Ram sowie 128 GB Speicherplatz. Damit ist Huaweis neues Smartphone mehr als ausreichend für alle Lebenslagen ausgestattet. Als Besonderheit hat der Kirin 970 darüber hinaus noch einen eigenen Koprozessor für KI-Rechenaufgaben, die Neural Processing Unit (NPU). Interessanter als das Innenleben sind aber ohnehin Kamera und das Gehäuse. Letzteres sieht wirklich sehr gefällig und hochwertig aus – auch wenn man wie auch schon bei den Vorgänger-Geräten leichte Design-Anleihen bei Apple sieht, diesmal eben beim iPhone X. Auch die schillernden Farbeffekte – es steht neben Schwarz auch noch Blau, Pink und ein besonders changierendes Lila – hat man so ähnlich zwar auch schon bei den letzten HTC-Telefonen gesehen, schick sind sie trotzdem. Das P20 und das P20 Pro sind durchaus Hingucker.

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    Highlight des Huawei P20 sind die Kameras

    Dem Trend folgend versucht Huawei auch beim P20 die Displayränder zu minimieren, wartet allerdings wie das iPhone X mit einer Aussparung am oberen Displayrand – auch Notch genannt – auf, wo Lautsprecher und Kamera untergebracht sind. Ob man das schön findet oder nicht, ist Geschmackssache. Wer sich daran stört, kann den „Einschnitt“, wie es im Menü heißt, einfach ausschalten: in diesem Fall wirde der Displayhintergrund daneben schwarz eingefärbt, sodass die „Notch“ optisch verschwindet.

    Highlight der neuen Smartphones sind aber die Kameras. Selfie-Enthusiasten werden sich über die Nachricht freuen, dass die Front-Kamera beim P20 mit satten 25 Megapixeln (MP) auflöst – in einem kurzen Test war der Vorteil gegenüber der Konkurrenz aber nicht auf Anhieb so eklatant erkennbar, wie es die Pixelzahl vermuten ließe – aber das muss noch ausführlich getestet werden.

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    Spannender ist das rückwertige Kamera-System. Im P20 finden sich ein 12 MP-Farbsensor sowie ein 20 MP-Monochromsensor. Solch ein Gespann nutzt Huawei schon länger, um aus der Kombination beider Bilder schärfere Ergebnisse zu errechnen. Im P20 Pro steckt nur ein 8-MP-Farbsensors, dafür aber Ergänzt mit einem zusätzlichen 40-MP-Sensor. Hier ist der 8-MP-Sensor zusätzlich mit einem 3-Fach-Teleobjektiv versehen. Im Zusammenspiel mit den großen Auflösungsreserven bietet das P20 Pro so einen fünfach-Hybridzoom an, der einem optischen Zoom auf den ersten Blick in nichts nachsteht.

    Außergewöhnlich sind aber die Ergebnisse, die das P20 Pro bei schwachem Licht erziehlt. So arbeiten die Chinesen einerseits im Vergleich zu Apple oder Samsung mit größeren Sensoren und erzielen dadurch eine bessere Lichtausbeute. Außerdem hat das Unternehmen offensichtlich viel Know-How in die digitale Optimierung gesteckt. Für Nachtaufnahmen macht das Gerät bis zu acht Sekunden dauernde Langzeigbelichtungen, rechnet das Ergebnis dann aber so zusammen, dass das Bild - auch aus der freien Hand geschossen – tatsächlich scharf ist. Normalerweise sind sind bereits Bilder mit einer Achtel-Sekunde Belichtungszeit aus der freien Hand unscharf.

    Die Vergleichsbeispiele während der Präsentation zu Galaxy S9+ und iPhone X sahen natürlich deutlich aus. Doch auch unsere ersten Tests zeigen wirklich beeindruckende Ergebnisse und verweisen damit ausgerechnet auch Samsungs s9+ deutlich in seine Schranken. Hier hatte Samsung gerade erst dessen Kameraleistung im schwachen Licht als Hauptneuerung seines Smartphones verkauft. Wie krass die Unterschiede tatsächlich sind, wird der ausführliche Test zeigen. Immerhin, im renommierten Kameratest von DXOMark erreichte das P20 102 Punkte, das P20 Pro sogar beeindruckende 109 Punkte.

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      Beide Werte liegen über dem bisherigen Bestwert von Samsungs gerade erst auf den Markt gekommenen Galaxy S9+, es erreichte „nur“ 99 Punkte. Und während sich Hersteller in den vergangenen Jahren meist nur um ein oder zwei Punkte übertrafen, ist der Sprung von zehn Punkten tatsächlich beeindruckend. Schon vor einem ausführlichen Test darf man also davon ausgehen, dass Huawei hier eine besondere Kamera gebaut hat.

      Fazit

      Mit dem P20 Pro versucht Huawei die Konkurrenz von Samsung und Apple nicht mehr einzuholen, es setzt selbst Maßstäbe. Dazu kommt, dass der Preis im Vergleich zu Samsung noch einmal günstiger ist – zu Apple sowieso. Wie gut P20 und P20 Pro (beide ab 6. April erhältlich) wirklich sind, muss ein ausführlicher Test zeigen. Mit dem P20 machen die Chinesen aber klar, dass Apple und Samsung einen echten, gefährlichen Gegner gefunden haben.