Berlin. Die Frequenz im europäischen Stromnetz schwankt so heftig wie noch nie. Deshalb gehen viele Uhren nach. Der Grund mutet kurios an.

Auch die Bahn verpasst? In fast ganz Europa zeigen seit Tagen viele Küchenuhren, Radiowecker oder Mikrowellen die falsche Uhrzeit an, fast sechs Minuten gehen sie nach. Betroffen seien 25 Länder, darunter auch Deutschland, teilt der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber, Entso-E, mit.

Der Grund ist so simpel wie kurios: Wegen eines Lieferstreits zwischen Serbien und dem Kosovo schwankt die Frequenz im europäischen Stromnetz so heftig wie noch nie. Betroffen sind Uhren, die sich nicht über Funk synchronisierenlassen und auch keinen internen Taktgeber haben. Uhren an Elektroherden oder Mikrowellen bekommen ihre Impulse für den richtigen Takt aus dem Stromnetz, und zwar durch die Netzfrequenz.

Uhren synchronisieren sich mit dem Stromnetz

In Deutschland und Europa hat haushaltsüblicher Wechselstrom eine Frequenz von 50 Hertz, das bedeutet: 50-mal pro Sekunde fließt der Strom in eine Richtung, 50-mal pro Sekunde in die andere Richtung. Die Uhren, die sich aus dem Stromnetz synchronisieren, nutzen diese sekündlichen Schwingungen als Taktgeber für das richtige Zeitsignal. Das klappt im Normalfall gut – solange es keine Schwankungen im Stromnetz gibt.

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    Denn tatsächlich braucht es nicht viel, um Uhren aus dem Takt zu bringen. Damit die Frequenz im Stromnetz immer gleich bleibt, ist ein Gleichgewicht zwischen eingespeister und verbrauchter Energie notwendig. Wird jedoch mehr Energie verbraucht als eingespeist, gibt es einen „Strommangel“ im Netz, die Frequenz sinkt. In der Folge ­dauert es länger, bis für die Uhren 50 Schwingungen vergangen sind – die Uhren gehen nach.

    ­Uhren gehen inzwischen fast sechs Minuten nach

    Im Alltag passiert das häufig. In der Regel schwankt die Frequenz nur um ein paar Hundertstel Hertz, was Uhren auch über längere Zeit nicht aus dem Takt bringt. Höhere Abweichungen gleichen die Netzbetreiber durch eine entsprechende Einspeisung von Strom aus.

    Aktuell jedoch schwankt die Netzfrequenz so stark, dass die ­Uhren inzwischen fast sechs Minuten nachgehen. Die Abweichung beträgt exakt 351 Sekunden, gibt der Schweizer Netzbetreiber Swissgrid auf seiner Webseite an. Den Grund teilen die europäischen Netzbetreiber nun mit: ­Bereits seit Mitte Januar gebe es auf dem europäischen Strommarkt eine Versorgungslücke von 113 Gigawattstunden, gesteht der Verband ENTSO-E ein – das entspricht ungefähr der Strommenge, die 40 000 Haushalte in einem Jahr verbrauchen.

    Streit zwischen dem Kosovo und Serbien ist die Ursache

    Ent­standen sei die Unterversorgung im europäischen Stromnetz wegen eines politischen Streits zwischen dem Kosovo und Serbien. Eines der Länder sei der Verpflichtung nicht nachgekommen, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen.

    „Für den Netzbetrieb sind die aufgetretenen Störungen nicht kritisch, sensiblen Maschinen in Industriebetrieben aber könnte der Zeitverlust Probleme bereiten“, sagt Thomas Breuer, Sprecher der RWE-Tochter Innogy. „Die Netzfrequenz darf nicht unter 49,7 Hertz sinken, sonst droht ein Blackout. Derzeit liegt sie bei 49,9, das ist weit von der kritischen Grenze entfernt“, so Breuer.