Berlin. Auf der deutschen Datenautobahn gilt ein Tempolimit. Eine Versteigerung könnte aber in Zukunft freie Fahrt für deutsche Nutzer bringen.

Nach einer jüngst veröffentlichten Studie könnte es an der deutsch-dänischen Grenze zu ganz besonderen Nachbarschaftsstreitigkeiten kommen. Dabei geht es nicht um wuchernde Gräser oder zu kurz geschnittene Hecken, sondern um die Smartphones auf beiden Seiten der Grenze.

Denn deutsche Handynutzer werden mit ihren gewöhnlichen Tarifen schnell ausgebremst. So müssen sich Kunden oft genau überlegen, welche YouTube-Videos sie auf dem Handy gucken. Der dänische Nachbar kurz hinter der Grenze kennt aber theoretisch kein Tempolimit, wie eine Studie der Agentur Rewheel belegt. In Deutschland bekommt man zum Beispiel für 24,99 Euro 15 Gigabyte mobile Daten im schnellen LTE-Netz. In Dänemark surft man für 25,87 Euro unbegrenzt mit Vollgas auf dem Smartphone.

Der europäische Mobilfunkmarkt scheint also das genaue Gegenteil zum Straßenverkehr zu sein: Während auf deutschen Autobahnen ohne Hemmungen gerast wird, fühlen sich Smartphone-Nutzer mitunter wie auf dem Standstreifen. Auf der Datenautobahn schießen Nutzer mit französischen (19,99 Euro für 100GB), litauischem (15,75 Euro für Datenflatrate) und sogar niederländischen Kennzeichen (25 Euro für Datenflatrate) an uns vorbei.

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Wie kommen diese Preisunterschiede zustande?

In dem am Montag vorgestellten Sondergutachten zur Telekommunikation gibt die Monopolkommission einige Erklärungen zu den Unterschieden auf dem europäischen Markt. Die Kommission berät die Bundesregierung bei Wettbewerbsfragen. Die Beobachtung des Gremiums: in Ländern mit drei oder weniger Anbietern sind die Preise für Datenpakete relativ hoch.

Auch dort, wo die Mobilfunkanbieter auch Festnetzbetreiber sind, leiden Mobilfunkkunden unter relativ hohen Preisen. Alle Rahmenbedingungen treffen auf Deutschland zu, wo die Telekom, Vodafone und O2/Telefonica den Markt unter sich aufteilen.

Wie Unternehmen die Preise rechtfertigen

Die Unternehmen sehen ihrerseits kein großes Problem in den eigenen Preisen. Viel mehr haben die Anbieter in den vergangenen Jahren immer wieder Kritik an Vergleichsstudien geübt: die Märkte in den EU-Ländern seien zu unterschiedlich, um sie sinnvoll vergleichen zu können. „Wir verfolgen die Studien auch, aber sie geben ein verzerrtes Bild wieder“, so ein Vodafone-Sprecher gegenüber unserer Redaktion.

Laut Vodafone gibt es in Deutschland „keinen Bedarf für eine echte Datenflatrate“ für Mobilgeräte. Ein Tarif mit 50 GB Datenvolumen im LTE-Netz sei demnach ausreichend – auch wenn dieser aktuell 65 Euro im Monat kostet.

Vodafone begründet sein Angebote also vor allem mit der Nachfrage. Privatkunden des Unternehmens hätten vor einem halben Jahr im Schnitt einen Gigabyte Daten im Monat im schnellen Mobilfunknetz verbraucht. Auch die Agentur Rewheel, auf die sich auch die Monopolkommission bezieht, setzt große Datenpakete mit echten Flatrates gleich. Angebote mit 100 GB Datenverbrauch im Monat seien quasi eine Flatrate.

Telefonica Deutschland verweist auf Nachfrage auf die hohen Erschließungskosten für den Netzausbau in Deutschland. „Während in Deutschland unter anderem zunächst milliardenschwere Investitionen in Lizenzen und Frequenzen getätigt werden müssen, bevor ein Netz ausgebaut oder betrieben werden kann bzw. darf, entstehen diese Kosten teils in anderen Ländern erst gar nicht.“, sagt Telefonica-Sprecher Jörg Borm. Auch die Telekom nennt diese Kosten als einen Grund für unterschiedliche Rahmenbedingungen innerhalb der EU.

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    Verbraucherschützer wünschen sich mehr Wettbewerb

    „Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mangelt es auf dem deutschen Mobilfunkmarkt jedoch schlichtweg an nachhaltigem Wettbewerb“, sagt Susanne Blohm vom vzbv. Eine Idee für mehr Wettbewerb hat die Bundesnetzagentur.

    Sie erwägt, bei der Versteigerung neuer Mobilfunklizenzen (5G-Netz) die bisherigen Netzanbieter in die Pflicht zu nehmen. So müssten die Telekom, Vodafone und O2/Telefonica Drittanbietern so genannte Vorleistungen zum selben Preis anbieten wie innerhalb des eigenen Konzerns. Das heißt: Drittfirmen könnten Teile des Mobilfunknetzes im selben Umfang und zu denselben Preisen nutzen wie die großen Wettbewerber. Kunden dürften sich dann wohl über niedrigere Preise freuen und müssten nicht mehr so neidisch nach Frankreich, Dänemark oder in die Niederlande schauen.