Berlin. Millionen Deutsche leiden unter zum hohem Blutdruck, viele sterben an den Folgeerkrankungen. Wir zeigen, was man dagegen tun kann.

Rund 20 bis 30 Millionen Deutsche haben zu hohen Blutdruck – ein Dauerproblem. Laut der Deutschen Hochdruckliga weiß die Hälfte von ihnen darüber entweder nicht Bescheid, wird gar nicht oder nicht erfolgreich behandelt. Ein gefährlicher Zustand, denn wenn das Blut mit zu hohem Druck durch unsere Adern fließt, geraten die Gefäße in Stress. Viele Betroffene sterben frühzeitig an den Folgeerkrankungen. Dabei gibt es einfache und natürliche Wege, die Werte auf einem gesunden Niveau zu halten.

Als zu hoch gilt der Blutdruck, wenn er dauerhaft bei dem oberen auch systolisch genannten Wert von 140 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) sowie bei dem unteren sogenannten diastolischen Wert von 90 mmHg liegt. Die beiden Begriffe leiten sich von den Phasen der Herzaktion ab. Die Phase, in der das Herz Blut in den Körper pumpt, nennt sich Systole, die Phase, in der es sich entspannt und sich für den nächsten Pumpstoß mit Blut füllt, Diastole.

Einem Drittel der Patienten würde schon ein anderer Lebensstil helfen

„Hochdruckpatienten erleiden achtmal häufiger als andere einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt, sie sind wesentlich anfälliger für Erkrankungen der Nieren oder für die sogenannte Schaufensterkrankheit. Das ist eine Durchblutungsstörung in den Beinen, die Betroffene häufig dazu zwingt, vor lauter Schmerzen stehen zu bleiben“, sagt Professor Klaus Kisters. Der Internist, Blutdruck- und Nierenspezialist, arbeitet als Chefarzt am St. Anna-Hospital in Herne und leitet ein durch die Europäische Hypertonie Gesellschaft (ESH) zertifiziertes Blutdruckzentrum.

Chefarzt Klaus Kisters vom am St. Anna-Hospital in Herne.
Chefarzt Klaus Kisters vom am St. Anna-Hospital in Herne. © St. Elisabeth Gruppe | St. Elisabeth Gruppe

Oft schluckten die Patienten ein Leben lang Blutdrucksenker wie ACE-Hemmer, Sartane, Diuretika, also Entwässerungstabletten, Calciumblocker oder Betablocker. Dabei lasse sich der Bedarf an Tabletten auf natürliche Weise reduzieren. „Ein Drittel der Patienten kann es sogar schaffen, den Blutdruck nur durch eine Umstellung des Lebensstils ohne Medikamente in den Griff zu bekommen“, sagt Professor Kisters. Das gilt vor allem für jüngere Bluthochdruck-Patienten im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, die erst leicht erhöhte Werte haben. Kisters: „Wer es schaffen will, muss allerdings diszipliniert sein und darf in seinen Bemühungen nicht nachlassen.“ Auf keinen Fall sollte man die Arznei, die man einnimmt, eigenmächtig absetzen – sondern immer mit seinem behandelnden Arzt darüber sprechen. Das betont auch die Deutsche Herzstiftung.

Weniger Salz und mehr Kräuter, lautet ein Rat der Experten

„Zehn Kilo weniger auf der Waage sind zehn mmHg arterieller Blutdruck weniger“ – das gilt unter erfahrenen Internisten als Faustregel. Abnehmen ist damit das wichtigste natürliche Mittel gegen hohe Werte. Wenn eine Umstellung der Ernährung nichts bringt, kann die Ursache fürs Übergewicht auch eine andere sein – „zum Beispiel eine Unterfunktion der Schilddrüse“, sagt Professor Elmar Wienecke. Er ist Sportwissenschaftler und Professor für Sport, Ernährung und Regulationsmedizin an der Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld. Sein Tipp: Beim Arzt überprüfen lassen, ob die Schilddrüse ausreichend Hormone produziert, und einen Mangel mit Medikamenten ausgleichen. So können die Pfunde dauerhaft purzeln.

Wer seine Ernährung umstellt, sollte statt zum Salz für die Suppe lieber zu würzenden Kräutern greifen. Professor Kisters: „Menschen mit Bluthochdruck reagieren oft sensibel auf Salz. Um die Werte niedrig zu halten, sollte man nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation weniger als sechs Gramm pro Tag zu sich nehmen. Bei den meisten sind es jedoch mehr als zwölf Gramm.“ Vor allem in Fertiglebensmitteln wie industriell hergestelltem Brot steckt mehr als nur eine Prise Salz – hier gibt es alternative Rezepte für selbst Gebackenes, zum Beispiel von der Deutschen Herzstiftung unter herzstiftung.de, Unterpunkt Ernährung.

Alkohol, Milchschokolade oder Lakritz sind tabu

Dazu sollte am besten mediterrane Kost, also etwa Gemüsegerichte mit Zucchini, Paprika, Tomaten und Olivenöl, auf den Tisch kommen. Ein gelegentliches Glas Rotwein, ab und zu ein Stück Zartbitterschokolade oder eine Tasse Kaffee sind laut Kisters unproblematisch. Regelmäßiger Alkoholkonsum, Milchschokolade oder Lakritz seien hingegen bei hohem Blutdruck tabu.

Gesunde Ernährung mit viel Gemüse senkt das Risiko für Probleme mit dem Blutdruck.
Gesunde Ernährung mit viel Gemüse senkt das Risiko für Probleme mit dem Blutdruck. © imago/STPP | imago stock&people

Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln aus der Drogerie sei grundsätzlich Vorsicht geboten. So sieht Professor Kisters beispielsweise keine ausgeprägte Wirkung bei Aronia- oder Rote-Beete-Saft, die zwar eine nette Nahrungsergänzung, aber keineswegs ausreichend bei ausgeprägtem Bluthochdruck seien.

„Täglich 300 bis 500 Milligramm Magnesium zusätzlich einzunehmen kann jedoch sinnvoll sein“, erklärt der Hypertensiologe. So könne der Herzrhythmus stabilisiert werden, vor allem Menschen mit weiteren Erkrankungen wie einer Nieren- oder Herzschwäche profitieren nach seinen Worten davon. Ernährungswissenschaftler Wienecke rät, gezielt dreimal täglich Magnesium zu sich zu nehmen, um das Gefäßsystem zu entspannen und dadurch zu niedrigen Werten zu gelangen.

Bewegung ist gut, aber regelmäßig: also drei bis viermal pro Woche

Ebenso effektiv sei regelmäßige Bewegung. Moderates und gut dosiertes Training kann Bluthochdruck laut der Deutschen Herzstiftung um fünf bis zehn mmHg sinken lassen. „Man muss es allerdings regelmäßig einplanen, also etwa drei- bis viermal eine halbe Stunde pro Woche – nur dann können in Absprache mit dem Arzt die Medikamente reduziert werden“, erklärt Sportwissenschaftler Wienecke.

Grundvoraussetzung ist für ihn ein Belastungs-EKG mit begleitender Blutdruckkontrolle beim behandelnden Kardiologen, mit dem man dann die mögliche Sportart und die Dauer der Bewegung beraten sollte: Das könnte Nordic Walking oder Schwimmen sein. Der Berufsverband Deutscher Internisten zitiert dazu eine US-Studie aus Texas, die belegt, dass regelmäßiges Schwimmen – drei- bis viermal die Woche jeweils 40 bis 45 Minuten – bereits nach zwölf Wochen zu einer Senkung des arteriellen Blutdruckes um rund zehn mmHg führt. Auch die Funktion der Blutgefäße verbessere sich so deutlich.

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