Aumühle. Peter Maly und seine Frau lieben die Moderne, aber auch den Charme alter Häuser. Ihr Jugendstilhaus spiegelt die Freude an Kontrasten.

Als Peter Maly klein war, unterhielten seine Eltern im heimischen Trautenau – das iegt im tschechischen Riesengebirge – ein gut gehendes Schneideratelier. Als Junge liebte er es, die englischen Tuche auf den Zuschneidetischen zu befühlen und seinem Vater nach den Hausaufgaben bei der Arbeit zuzuschauen. Zu dieser glücklichen Zeit hat der international erfolgreiche Möbeldesigner heute wieder eine Art Verbindung geknüpft.

In Aumühle lebt er mit seiner Frau Christine, einer Künstlerin, in einem Jugendstilhaus – wie einst mit Atelier und Wohnräumen unter einem Dach, in einer Art Paradies, vergleichbar dem, das 1945 mit Vertreibung und Flucht verloren gegangen ist.

Was schön altert, darf bleiben und vererbt werden

Maly, 80, ist bekannt geworden für seine Möbel, die streng auf geometrische Formen zurückgehen. Von Anfang an orientierte er sich an den Meistern des Bauhauses, wonach die Funktion die Form vorgibt. Bis heute strebt er perfekte Formen aus erstklassigen Materialien in bester Verarbeitung an. Doch stehen bei ihm zu Hause beileibe nicht nur die eigenen Möbel und auch nicht nur neue, makellose Stücke.

Was schön altert, darf bleiben und irgendwann auch gern vererbt werden: Designklassiker wie der Stahlrohrsessel von Ludwig Mies van der Rohe oder spätere Modelle wie ein organisch gerundeter Arne-Jacobsen-Sessel und der elegante Loungesessel von Charles Eames sind in dem sensibel restaurierten Fachwerkhaus zu sehen.

Einblick in das Haus von Peter Maly in Ahrensburg.
Einblick in das Haus von Peter Maly in Ahrensburg. © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Trotz seiner Liebe zur Moderne hat Maly nie in einem Betonhaus oder einem Bungalow leben wollen. Es ist der Charme alter Häuser mit großzügigen Raumübergängen, der ihn anzieht – und natürlich der Kontrast mit modernen Möbeln. Die Sprossenfensterrahmen sind ebenso wie die Türen alle in Weiß gehalten, die alten Beschläge und Klinken blieben erhalten, und Eingriffe in die Architektur beschränken sich auf eine Öffnung des jetzt 50 Quadratmeter großen, L-förmigen Hauptraumes, indem eine Wand entfernt und ein doppelter Träger eingezogen wurde.

Baumwurzel aus dem Garten dient als Tischbein

Durch alle Fenster blickt man in den gepflegten Garten, hinter seinem weißen „Zyklus“-Sofa mit dem seitlichen bogenförmigen Chromgestänge zittern ein paar müde, sandfarbene Hortensienblüten. Nahe der steingrauen Sitzgruppe des Designerduos Jehs & Laub öffnet sich eine Flügeltür zu einer Terrasse, von der aus man an vier kugelförmig geschnittenen Ahornbäumen vorbei schlossherrenartig auf eine Holzbank zuschreitet. Geht man um das Haus herum, so trifft man auf einen schön bepflanzten Teich, an dessen Uferrand ein hölzernes japanisches Badehaus errichtet wurde: Es belegt die Vorliebe des Hausherrn für fernöstliche Kultur und deren Sinn für Einfachheit.

Schon der Empfangsraum enthält ein Möbel, das zugleich Malys Besinnung auf die eigenen Wurzeln verkörpert: Ein Tisch, der aus der Wurzel eines auf seinem Grundstück umgestürzten alten Baumes gearbeitet ist, dessen jahrhundertealten Jahresringe und Lebensnarben man unter einer runden Glasplatte studieren kann.

Auch in Rente nicht mit der Arbeit aufgehört

„Die Inspiration existiert ... Aber sie muss dich bei der Arbeit finden“ – dieses Picasso-Zitat ziert einen der Zettel, der an die mit weißen Papieren bestückte Lampe des Designers Ingo Maurer geheftet ist. In dieser Losung findet sich Peter Maly wieder. Denn er hat nicht aufgehört mit dem Arbeiten, obwohl er längst „in Rente ist“. Er macht stattdessen weiter. Aus Spaß. Arbeitet aber nicht mehr so viel wie früher, weshalb von den fünf Arbeitsplätzen im Atelier zwei frei sind.

Lamit kommt Peter Maly nicht ins Haus.
Lamit kommt Peter Maly nicht ins Haus. © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Geschäftspartner muss er nicht ins Innere des Hauses bitten. Sie gehen am Wurzeltisch vorbei direkt in sein Studio mit angeschlossenem Atelier. Private Gäste hingegen gelangen durch eine andere Tür in eine in warmen Korallenrottönen gehaltene Kaminecke. Eine Holztreppe mit schön geschwungenem Geländer führt nach oben zum Schlaf-, Bade- und Gästezimmer.

In der Einrichtung findet sich auch Humor

Sehr wichtig ist Peter Maly der Boden, auf dem er steht und geht: Laminat kommt ihm deshalb nicht ins Haus. Behutsam hat er das Eichenparkett sanieren lassen und lange nach dem richtigen Farbton gesucht – auch für die neu im Wintergarten verlegten Dielen, die damit möglichst perfekt harmonieren sollten.

Dort im hellen Wintergarten steht der längste Tisch des Hauses und ringsum lauter Maly-Stühle aus Eichenholz mit stabilen und doch zierlichen Edelstahlfüßchen. Die abstrakte, aufgeraute Malerei und auch die konstruktivistischen Skulpturen seiner Frau passen perfekt an ihren jeweiligen Platz. Dagegen sind die gezackten Eichenstelen, die Maly nach Holzskulpturen von Constantin Brancusi hat anfertigen lassen, immer für einen Lacher gut.

Perfekte Harmonie als Maß aller Dinge

Im Geiste des Bauhauses sind sämtliche Wände gestrichen, oft in einem warmen Weiß – im Empfangsraum mit Wurzeltisch jedoch in einem cremigen Milchkaffeeton. Weiß deshalb, weil es das Tageslicht – „das schönste Licht“ – potenziert und einen Hauch von Eleganz verströmt. Und dann erzählt Maly eine Geschichte, die viel über ihn verrät: Seit 2005 arbeitet er mit dem japanischen Unternehmen Conde House zusammen, in dem exzellente Holzspezialisten und Tischler des Landes tätig sind.

Weil er die Kultur Japans noch tiefer kennenlernen wollte, bat er darum, den alten kaiserlichen Sommerpalast Katsura besuchen zu dürfen. Was er dort sah, beeindruckte ihn tief: Statt Pracht und Prunk fand er nur „die allergrößte Einfachheit“: ein Haus aus Holz mit Lehmwänden, in dem die Länge einer Tatami-Matte als Maß aller Dinge diente. Perfekte Harmonie – das ist es, was Maly anstrebt.