Hamburg. Im Krieg boten sie Schutz, nun erfahren viele Bunker eine Umnutzung. Drei Beispiele, die auch in München und der Schweiz begeistern.

Immer mehr Hochbunker „verschwinden“ aus dem Hamburger Stadtbild – für die einen zum Leidwesen, wie in Winterhude, wo eine Bürgerinitiative mit dem Projekt „Kunterbunker“ bezahlbaren Wohnraum und Platz für sozio-kulturelle Nutzungen schaffen will. Für die anderen zum Glück, denn so wird Platz für neuen Wohnraum geschaffen. Dabei gehen die Projektentwickler höchst unterschiedliche Wege.

Begonnen hat alles damit, dass auf das Dach eines Hochbunkers ein Penthaus gesetzt wurde. Wenig später wagte man sich daran, Löcher in die über einen Meter dicken Betonfassaden und Decken zu sägen – für Fenster und Schächte von Fahrstühlen. Seitdem finden immer mehr Projektentwickler Gefallen an den alten Bunkern.

„Wohnen in einem Bunker ist etwas Besonderes“, sagt Torsten Lietz, Geschäftsführer vom Investor Haminvest, der in Ottensen einen denkmalgeschützten Hochbunker aus dem Jahre 1939 umgebaut und aufgestockt hat. Bunker seien Bauwerke mit besonderer Geschichte, schwärmt Torsten Lietz. „Wir sind bestrebt, ihren Charakter zu erhalten. Das gilt auch für den Bunker in der Bülowstraße.“ Wer hier eine Wohnung kaufe, suche das Flair, die einmalige Haptik der Bunkerwände.

Kunden fortgeschrittenes Stadium zeigen

Der Umbau eines Bunkers ist eine Herausforderung, nicht nur technisch im Umgang mit den schweren Betonelementen, sondern auch für die künftigen Käufer, die einen weitgehenden Einfluss auf die Grundrissgestaltung haben. Nicht alle Käufer könnten das Potenzial erkennen, das ein solches Projekt biete. Bei seinem nächsten Bunkerprojekt würde er die Wohnungen deshalb erst in einem fortgeschrittenen Baustadium vermarkten, sagt Torsten Lietz. „Nicht sagen, hier kommt noch ein Balkon hin, sondern den Balkon zeigen.“

Die Künstlerin Christiane Krüger, die vor acht Jahren in Bahrenfeld eine 130 Quadratmeter große Galeriewohnung in einem 1942 gebauten Luftschutzbunker gekauft hat, hatte nicht nur die Vorstellungskraft, wie sie in dem tristen Bunker ihr neues Zuhause gestalten wollte, sie hat auch selbst mit angepackt. „Ich habe praktisch eine Baustelle gekauft, einen Rohbau, in dem das Ständerwerk offen stand, überall noch Bauschutt lag, keine Leitungen verlegt waren und keine Treppe zur Galerie führte.“ Sie zeichnete also Entwürfe, ließ eine von ihr gestaltete Treppe bauen und entwickelte Stück für Stück ihre Traumwohnung. „Ich möchte mich in meiner Wohnung nicht nur wohlfühlen, sie soll mich auch bei meiner Arbeit inspirieren“, sagt die Künstlerin. „In ihr gebe ich meiner Kunst ein Zuhause.“

Als Schutzraum nie genutzt worden

Weder der Bunker noch ihre Wohnung verleugnen die Vergangenheit des Gebäudes. Grobe Betonelemente und unverputzte Wände erinnern an sie. „Es war mir wichtig, das besondere Flair des Gebäudes nicht zu verbauen“, erklärt sie. „Ich will wissen, worin ich wohne.“ Ob es nicht befremdlich sei, in einem Betonklotz zu wohnen? „Nein. In meiner Kunst setze ich mich mit der Verwundbarkeit und dem Schutzbedürfnis von Menschen auseinander. Und hat nicht auch dieser Bunker einst Menschen Schutz geboten?“

Das Thema Bunker und Krieg werde von Außenstehenden, nicht aber von seinen Kunden thematisiert, sagt Torsten Lietz. Bei dem Projekt in der Bülowstraße falle das auch leicht, denn hier sei der Bunker nie als Schutzraum bei Bombenangriffen genutzt worden, sondern als Notquartier der Frauenklinik. Unbestritten sei aber, dass die massiven Wände auch heute noch ein Gefühl der Sicherheit und Beständigkeit vermitteln und der Kontrast zu den großen Fensterflächen ein außergewöhnliches Wohngefühl erzeuge. „Der Bunker ist auf friedliebende Weise umgewandelt worden.“ Und wer ist interessiert, dort einzuziehen? „Ursprünglich dachten wir an kreative Menschen, die auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen sind“, sagt Torsten Lietz. „Wir haben aber festgestellt, dass Käufer aus allen Altersschichten kommen, auch junge Familien zählen dazu.“ Sie alle seien von den Wohnungen begeistert.

Synthese aus Alt- und Neubau

Großzügigkeit und lichtdurchflutete Wohnungen verspricht auch der Projektentwickler Hamburg Estate Group, der in Wandsbek einen Bunker am Wasserstieg neu gestaltet. Er hat sich zu einem radikalen Schritt entschieden und den siebenstöckigen Betonklotz, der über die umstehende Wohnbebauung herausragt, nicht nur entkernt, sondern bis auf die beiden Seitenfassaden abgerissen. Zwischen diese Flanken wird ein siebenstöckiger Neubau mit großen Balkonen gesetzt. Eine Synthese aus Neubau und Bunker also.

Insgesamt 19 Eigentumswohnungen mit Wohnflächen zwischen 72 und 155 Quadratmetern sowie acht Tiefgaragenplätze sind geplant – alle per Aufzug erreichbar. „Die Nachfrage ist groß. Sieben Wohnungen sind bereits verkauft, zwei reserviert“, sagt Jakob Berkau, Geschäftsführer von der Hamburg Estate Group. Der Blick auf die Homepage skylofts.hamburg bestätigt es, wie auch die Tatsache, dass sich die Quadratmeterpreise – je nach Geschoss – zwischen 4180 und 8000 Euro bewegen. „Die Käufer kommen unter anderem aus München und der Schweiz. Sie planen, die Wohnungen selbst zu bewohnen und rufen bei uns in bestimmten Abständen an, um sich über den Baufortschritt zu informieren. Die Vorfreude ist groß“, sagt Berkau.

Ende 2017 bezugsfertig

Technisch bietet der Erhalt der Seitenelemente den Vorteil, dass die Käufer in der Grundrissgestaltung flexibel bleiben. „Es gibt keine störenden tragenden Wände“, erläutert Philip Güttner, Ansprechpartner für Kaufinteressenten. „An den Außenwänden bleiben die alten Gesimse des Bunkers erhalten. Und man gelangt durch eine in die 1,10 Meter dicken Wände geschnittene Türöffnung in einen Anbau mit zusätzlichen Balkonen und Dachterrassen ab dem fünften Stockwerk.“ Der Bunker in seiner Ursprünglichkeit bleibe so erfahrbar. Ende 2017 sollen die Skylofts.Hamburg bezugsfertig sein.

Die Frage, ob er sich nach seinem ersten Bunkerprojekt in Ottensen noch einmal an einen solchen Koloss aus dem Zweiten Weltkrieg wagen werde, beantwortet Torsten Lietz mit einem klaren Ja. „Wir schauen uns gerade in Frankfurt nach einem Bunker um.“

Sowohl an der Bülowstraße (www.ipmimmobilien.de) als auch am Wasserstieg stehen Wohnungen noch zum Verkauf (http://skylofts.hamburg).