10.000 deutsche Studenten gehen jährlich mit dem EU-Programm Erasmus an eine Gast-Uni. Bei der Planung sollte einiges beachtet werden.

Italien sollte es sein, da war Dominik Heuß sich von Anfang an sicher. Der 25-Jährige studiert Sport und Englisch auf Lehramt an der Universität Würzburg – doch er wollte gern eine Zeit lang im Ausland studieren. Ein Jahr im norditalienischen Bologna klang für ihn verlockend. Sprachkenntnisse verbessern, kultureller Austausch, internationale Erfahrung: Euphorisch begann Dominik Heuß die Vorbereitung seines Auslandsaufenthaltes rund ein Jahr im Voraus.

Die Euphorie aber ließ merklich nach, denn schon bald sah er sich einem großen Papierstapel gegenüber. Wer in einem anderen Land studieren möchte, seine Studienleistungen aber zu Hause anrechnen lassen will, muss einiges beachten – und sich durch einige Papierstapel arbeiten.

Studiengang im Ausland sollte dem an der Heimatuniversität ähneln

Um keine Probleme zu bekommen, ist es wichtig, bereits bei der Planung des Auslandsaufenthalts Kontakt mit den Stellen aufzunehmen, die später die Anerkennung regeln, rät Bastian von Jarzebowski vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Oft sind das die Erasmus-Büros oder International Offices. Sie können schon zu Beginn erklären, welche Studienleistungen grundsätzlich anerkannt werden und in welcher Form sie nachzuweisen sind. Allein im Studienjahr 2013/2014 gingen rund 36.000 Studenten nach DAAD-Angaben mit Erasmus-Förderung ins Ausland. Das Programm Erasmus ist ein Förderprogramm der Europäischen Union und unterstützt Studenten bei der Finanzierung von Auslandsaufenthalten. Benannt wurde das Programm nach Erasmus von Rotterdam, einem Humanisten der Renaissance.

Für die Anerkennung ist es außerdem hilfreich, wenn der Studiengang im Ausland dem zu Hause ähnlich ist. Das sollten Studenten bei der Wahl der Hochschule im Ausland beachten. Sinnvoll ist es auch, mit ehemaligen Erasmus- und Austauschstudenten zu sprechen, um die passende Universität und Stadt zu finden, sagt Claudia Wernthaler, Erasmus-Koordinatorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Nachdem man sich für eine Gast-Hochschule entschieden hat, kommt der komplizierte Teil, nämlich die Frage, welche Kurse man belegen möchte. „Einige Institutionen verfügen über eine Datenbank, in der die bisher an der Hochschule erfolgten Anerkennungen von Studienleistungen abgefragt werden können“, erklärt von Jarzebowski. Am besten stöbert man ein wenig auf den Internetseiten der Universitäten, die man für den Auslandsaufenthalt ins Visier genommen hat. Ein Tipp: Studenten laden sich auf der Internetseite der Gastuniversität die Kursbeschreibungen herunter und vergleichen sie mit den Lehrveranstaltungen des Heimatstudiengangs. Werden die gleichen Themen gelehrt? Es lohnt sich, auch einen Blick auf die Verteilung der Creditpoints zu werfen. Denn für manche Universitäten ist es wichtig, dass die Kurse an der Gasthochschule keine geringere Anzahl Punkte haben. Das spielt letztlich eine Rolle bei der Anerkennung der Leistungen an der Gast-Universität.

Dominik Heuß hat sich glücklicherweise rechtzeitig mit diesen Anforderungen auseinandergesetzt – etwa fünf Monate vor Beginn seines Aufenthalts hatte er sich überlegt, welche Seminare er belegen möchte, besorgte sich die Curricula, nahm Kontakt mit den zuständigen Dozenten auf und sprach mit ihnen durch, was er machen wollte und ob dies für die Anerkennung funktionieren würde. Sport, Stochastik, Algebra, Analysis und Statistik wollte er an der Universität Bologna machen.

Schließlich hat der Student mit seiner Heimat-Universität und der Gast-Hochschule nach der Kurswahl ein „Learning Agreement“ unterzeichnet. Darin wurde festgehalten, welche Kurse er belegt, welche Sprachkenntnisse er besitzt und welche Personen an den beiden Hochschulen für ihn zuständig sind. „Der Haken ist allerdings, dass Kurse an der Gast-Hochschule sich ändern können oder das Informationsmaterial nicht so gut ist“, sagt Wern­thaler. In einem solchen Fall muss das Learning Agreement dann überarbeitet werden.

Doch in Sicherheit wiegen kann man sich auch dann nicht, denn nicht selten gibt es Schwierigkeiten bei der Anrechnung. Auch Heuß kennt das. Bei einem der Kurse, die er gerade belegt – Statistik – ist er nicht sicher, ob er anerkannt wird. Denn in Heuß’ Studiengang an der Uni Würzburg kommt der Kurs im Lehrplan nicht vor. Erst wenn der 25-Jährige den Kurs beendet hat, wird entschieden. Der Tipp des Studenten an alle anderen: „Sammelt alle Dokumente. Dazu gehören auch Notizen aus dem Unterricht.“

Studenten sind bei der Anrechnung ihrer Credits in der Informationspflicht gegenüber der Heimat-Universität. Das heißt, sie müssen nachweisen können, was sie gelernt und in den Lehrveranstaltungen gemacht haben. Wichtig ist deshalb, Immatrikulationsbescheinigung, Leistungsnachweise, Learning Agreement, Modulbeschreibungen und Notenspiegel sorgfältig aufzubewahren. Bei Fragen nimmt man möglichst rasch mit der Heimat-Uni Kontakt auf.

Hilft das alles nichts, können sich Studenten auf die Lissabon-Konvention berufen, erklärt von Jarzebowski. Sie wurde bereits 1997 von 55 Staaten unterzeichnet. In Deutschland ist sie zum 1. Oktober 2007 in Kraft getreten. Sie besagt, dass die Hochschule im Falle einer Nichtanerkennung einen wesentlichen Unterschied zur geforderten Leistung im Heimatstudiengang nachweisen muss. Außerdem können Studenten auf die Erasmus Charta für Hochschulbildung verweisen.

Denn mit der Teilnahme am Erasmus-Plus-Programm verpflichten sich die Hochschulen, die gesammelten Creditpoints im Rahmen des Mobilitätsprogramms vollständig anzuerkennen. Dominik Heuß war sich dessen nicht bewusst. Er ist zuversichtlich: „Erasmus ist eine große Erfolgsgeschichte. Das mit der Anrechnung wird schon klappen.“