Knapp 80 Prozent sind gegen die Sommerzeit. Zeitforscher Karlheinz Geißler kritisiert die Regierung wegen der Uhrumstellung.

In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag, den 29. März, ist es wieder so weit: Um zwei Uhr nachts werden die Uhren eine Stunde vorgestellt und die Sommerzeit beginnt. Doch wie sinnvoll ist die Uhrumstellung eigentlich? Eine aktuelle Umfrage der Krankenkasse DAK ergab eine Ablehnung von 73 Prozent. Auch das Hamburger Abendblatt wollte von Ihnen wissen, was Sie von der Uhrumstellung halten. Das Ergebnis: 76 Prozent – und damit noch mehr als bei der DAK-Umfrage – sind für eine Abschaffung.

Doch warum wird die Bitte der Deutschen, die Sommerzeit abzuschaffen, nicht umgesetzt? „Damit der Staat zeigen kann, dass er Macht hat“, behauptet der Zeitforscher Karlheinz Geißler gegenüber dem Abendblatt: „Die Zeit ist die mächtigste Institution, damit macht die Regierung den Menschen abhängig von sich.“ Der emeritierte Professor für Wirtschaftspädagogik besitzt selbst seit langem keine Uhr mehr.

Im Mai 2005 gab es mit einer Kleinen Anfrage der FDP ersten politischen Widerstand gegen die Uhrumstellung. Die Regierung sprach sich jedoch klar für die seit 1996 für alle EU-Staaten geltende Regelung aus. „Für das weitere Funktionieren des EU-Binnenmarktes ist es von wesentlicher Bedeutung, dass Tag und Uhrzeit des Beginns und des Endes der Sommerzeit einheitlich in der gesamten Gemeinschaft festgelegt werden“, heißt es. „Die Bundesregierung wird deshalb an der Sommerzeit festhalten.“

Einige Länder verzichten auf die Uhrumstellung

Inzwischen ist Deutschland einer von mehr als 60 Staaten, in denen zwei Mal pro Jahr die Uhren umgestellt werden. Nahezu der komplette asiatische, afrikanische und südamerikanische Kontinent verzichtet auf die Uhrumstellung. Doch innerhalb einzelner Länder kann sie auch variieren. In den USA beteiligen sich alle Bundesstaaten außer Arizona und Hawaii.

Damit es abends länger hell bleibt, wurde die Sommerzeit erstmals im Frühling 1916 im Deutschen Kaiserreich eingeführt. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde diese Regelung wieder abgeschafft. Nach diversen Wiedereinführungen zwischen 1940 und 1950, in denen teilweise sogar die Sommerzeit die Normalzeit war und es keine Winterzeit gab, gab es von 1950 bis 1979 keine Uhrumstellung in Deutschland.

Ist die Energiespar-Theorie für die Sommerzeit überholt?

Wegen der Ölkrise 1973 und dem Gedanken, durch besseres Ausnutzen des Tageslichtes Energie zu sparen, wurde die Sommerzeit 1980 wieder eingeführt. Doch die Ölkrise ist längst vorbei und die deutsche Energiewirtschaft konnte ohnehin keine messbare Sparwirkung durch das Drehen am Zeiger erkennen. Ist die Energiespar-Theorie deshalb überholt? „Ein klares Ja“, sagt Geißler: „Die inzwischen privatisierte Energiewirtschaft hat eher an einem höheren, als an einem niedrigeren Stromverbrauch Interesse, da sie daran verdient.“

Was ist also der Grund für die Uhrumstellung am kommenden Wochenende? „Wo rasender Stillstand herrscht, muss so getan werden, als würde etwas geschehen. Das geschieht nun mit einem kalendarischen Buchungstrick, der im Herbst wieder korrigiert wird“, lautet Geißlers Begründung dafür, dass die Menschen in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag mit einer Stunde weniger Schlaf auskommen müssen.