Vom Wilden Westen zum Virtuellen Westen, Sommerreise durchs Silicon Valley, Teil 1: Wie man Bluttests schmerzfrei, schnell und kostengünstig durchführt.

San Francisco. Im Jahre 1848 suchten Tausende von Menschen ihr Glück als Goldgräber in Kalifornien. Der Goldrausch begann. Rund 150 Jahre später rauschte es erneut – diesmal ging es nicht mehr um Nuggets, sondern um Bits und Bytes, um die Vernetzung, die Virtualisierung der Welt. Vom Wilden Westen zum Virtuellen Westen.

Mich interessiert: Was machen diese Unternehmen, diese Googles, Facebooks & Co. anders als andere? Welche Geschichten, Gerüchte und Geheimnisse erfährt man, wenn man live vor Ort ist? Was macht die Firmen so erfolgreich, dass es weltweit kein zweites Tal wie dieses gibt, das einen wirtschaftlichen Gipfel nach dem nächsten erklimmt? Deshalb habe auch ich mich einem Treck angeschlossen - meine Kutsche ist ein Airbus A 340 der Lufthansa, der mich zunächst nach San Francisco bringt, danach geht es weiter südlich ins Tal des Silikons.

Die Gegend heißt übrigens gar nicht offiziell „Silicon Valley“, sondern eigentlich „Santa Clara Valley“ – doch der Technikjournalist Don C. Hoefler hatte vor mehr als 40 Jahren Artikel über die hiesige Halbleiterindustrie geschrieben - und (ganz schön innovativ!) diesen Namen erfunden.

Dabei ist das Gebiet gerade mal so groß wie Dubai, beinhaltet allerdings eine Universität, die zu den feinsten dieses Planeten zählt: Stanford ist zehnfach so groß wie Disneyland und verfügt dank Spenden und Studiengebühren über einen Etat, bei dem deutsche Hochschulen zu weinen beginnen. Unweit dieser Uni findet sich eine Gedenkstein, der das benachbarte Wohnhaus samt Garage zu einer „historischen Stätte der USA“ macht: Hier wurde das Silicon Valley gegründet – in dieser Garage haben die Herren Hewlett und Packard ihr Unternehmen HP aus der Taufe gehoben.

Nicht weit davon steht ebenfalls eine Garage, auch dort gibt’s ein Schild. Darauf steht: „Zugang nicht gestattet. Sicherheitskameras filmen! Fotos müssen von der Straße aus geschossen werden!“ Es handelt sich um die Garage neben Steve Jobs’ ehemaligem Elternhaus. Dort schraubten er und sein Kollege Steve Wozniak den ersten Apple-Rechner zusammen.

Anscheinend haben die heutigen Besitzer unschöne Erfahrungen mit ungebetenen Gästen im Vorgarten gemacht. So nah liegen Historisches und Hysterisches. Bleiben wir bei Steve Jobs. Regelmäßig wird im Tal „der neue Steve Jobs“ erspäht – und oftmals wieder verworfen. Ganz aktuell ist es eine Frau, mit hohem Potenzial, es wirklich zu schaffen. Ihr Name ist Elisabeth Holmes, Standford-Absolventin. Sie hat mit 19 ihr Unternehmen THERANOS gegründet. Heute, nur elf Jahr später, ist es rund neun Milliarden Dollar schwer, im Board of Directors sitzt Henry Kissinger. Und dies alles nur mit einem Tropfen Blut: Denn die Idee ist, Bluttests schmerzfrei, schnell und kostengünstig durchzuführen.

Ein Hormontest beispielsweise, der früher 2000 Dollar kostete, soll bald für 30 Dollar zu haben sein. Was früher schmerzhaft war und viele Kanülen Blut benötigte, braucht heute nur noch einen Tropfen Blut, der in einem sogenannten „Nanotainer“ für bis zu 30 Testverfahren genutzt werden kann. Spannend ist dabei auch die Partnerschaft mit der Drogeriekette „Walgreens“ und deren über 8000 Filialen in den USA. Hier sollen sukzessive sogenannte „Wellness-Center“ integriert werden, in denen man sich in angenehmer Atmosphäre das Blut abnehmen lassen kann.

Diese Infrastruktur ist der Grundstein für die eigentlich bahnbrechende Idee von Theranos: allen Menschen – auch den wirtschaftlich benachteiligten – zu jeder Zeit den Zugang zum Stand der medizinischen Technik zu ermöglichen. Eine Story, die in Deutschland noch kaum bekannt ist: Geben Sie mal „Theranos“ bei Google ein – die Veröffentlichungen können Sie im Juli 2014 an einer Hand abzählen.

Mir scheint, dem Gesundheitsmarkt steht eine Revolution bevor – derart disruptiv, dass es den herkömmlichen Medizin-Laboren das eigene Blutbild verändern wird – es gefriert ihnen in den Adern.

Gerriet Danz ist Innovationsexperte und Hamburger aus Leidenschaft. Im Silicon Valley erforscht er die Innovationskultur erfolgreicher Unternehmen und aufstrebender Startups. Danz ist außerdem Lehrbeauftragter an der Steinbeis Hochschule Berlin, Mitglied der German Speakers Association (GSA) und der Global Speakers Federation (GSF). Er berät Unternehmen und Institutionen wie z.B. das Europäische Patentamt.