Auch mit über 50 Jahren kann mit Beharrlichkeit, viel Geduld sowie der Unterstützung von Arbeitsagentur und Personaldienstleistern der Schritt aus der Arbeitslosigkeit in eine neue berufliche Aufgabe gelingen

Die Industriekauffrau Marietta Elbers* hat in ihrem wechselvollen Berufsleben bereits viele Höhen und Tiefen erlebt. Durch Personalabbau, Outsourcing, Fusion und Rationalisierung verlor sie mehrere Male ihren Arbeitsplatz. Ihr Credo in schwierigen Phasen: niemals die Hoffnung auf einen neuen Job aufgegeben, Geduld haben und sich weiter bewerben.

Schon nach den ersten fünf Berufsjahren bei einem Waschmittelkonzern und im Marketing einer Computerfirma wurde ihr Arbeitsplatz wegrationalisiert. Marietta Elbers bewarb sich auf ausgeschriebene Stellen und wandte sich zum ersten Mal an einen Personalvermittler. Bereits nach kurzer Zeit konnte sie als Redaktionsassistentin in einem Hamburger Verlag beginnen und blieb, bis ihre Abteilung nach einigen Jahren aufgelöst wurde. Über Zeitarbeit gelang abermals der Wechsel zu einem Hamburger Großunternehmen. Später folgten Einsätze als Fremdsprachensekretärin und Sekretärin der Geschäftsleitung sowie bei einem namhaften Elektronikunternehmen als Teamassistentin – bis auch diese Position nach sieben Jahren bei Umstrukturierungen eingespart wurde. Marietta Elbers war mittlerweile 51 Jahre alt.

Dass es ältere Bewerber auf dem Arbeitsmarkt trotz ihrer reichen Berufs- und Lebenserfahrung immer noch schwerer haben als ihre jüngeren Mitbewerber, bestätigt Volker Enkerts, Präsident des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP), „obwohl da inzwischen ein Umdenken bei den Unternehmen stattfindet. Bei den Personaldienstleistern sind Ältere auf jeden Fall herzlich willkommen, sodass in der Zeitarbeit eine sehr gute Gelegenheit besteht, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“ Allerdings müssten sich ältere Bewerber von einigen Konditionen, die sie vielleicht im alten Unternehmen aufgrund der Betriebszugehörigkeit erworben haben, verabschieden, sagt Enkerts. „Die Zeitarbeit steht dafür, denjenigen eine Chance zu geben, die es ansonsten schwer auf dem Arbeitsmarkt haben.“

Einige Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom 30. Juni 2013 belegen das: 65 Prozent der neu eingestellten Zeitarbeitnehmer waren vorher ohne Arbeit, acht Prozent sogar länger als ein Jahr und zehn Prozent ohne jegliche Berufserfahrung. Direkt vorher beschäftigt waren hingegen 35 Prozent. Mindestens 29 Prozent aller Zeitarbeitnehmer haben keinen Berufsabschluss vorzuweisen – mehr als doppelt so viele wie auf dem Gesamtarbeitsmarkt, dort sind es 13 Prozent.

Laut Personalexperte Thomas Sattelberger werden Personaldienstleister zu Unrecht wegen einiger Fälle pauschal kritisiert. „Das ist eine sehr solide Branche, und auch ältere Bewerber sollten diese Möglichkeit nutzen.“ Zugleich ruft Sattelberger Unternehmen auf, Stereotype und Vorurteile über das Arbeitsverhalten älterer Mitarbeiter zu meiden. „Diese Vorurteile existieren immer noch, nur spricht man nicht mehr darüber.“

Die Hamburger Arbeitsagentur arbeitet mit rund 500 Unternehmen der Zeitarbeit zusammen. Von 29.040 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung hat die Zahl deutlich um 2840 auf derzeit 26.200 Beschäftigte abgenommen. Ein Grund dafür ist laut Arbeitsagentursprecher Knut Böhrnsen die geringere Nachfrage nach an- und ungelernten Arbeitskräften, da die Unternehmen der Branchen Metall, Elektro, Chemie, Gesundheitswesen aber auch die kaufmännischen Tätigkeiten und die Logistikbranche qualifizierte Bewerber für ihre Entleiherfirmen benötigen. Böhrnsen: „Die Unternehmen der genannten Branchen suchen insbesondere Fachkräfte, die durch ihre Berufsausbildung entsprechendes Know-how mitbringen und schnell produktiv arbeiten.“ Personaldienstleister wissen aber auch um den engen Bewerbermarkt in vielen Bereichen. Damit ergeben sich Vorteile für den Bewerber. Dieser könne im Vorstellungsgespräch durchaus selbstbewusster auftreten, denn er werde als Fachkraft gesucht, so Böhrnsen. „Einige Personaldienstleister zahlen daher auch mehr als andere, ein Vergleich lohnt sich also für den arbeitsuchenden Bewerber.“

Böhrnsen rät, sich initiativ bei mehreren Personaldienstleistern zu bewerben und seinen Marktwert zu testen. „Eine Beschäftigung bei einem Personaldienstleister bringt durchaus Vorteile im Lebenslauf. Sie beweist, dass der Arbeitnehmer ein hohes Maß an Flexibilität zeigt und sich schnell auf neue Unternehmen, Mitarbeiter und Arbeitsinhalte einstellen kann.“ Die Mitarbeiter erleben unterschiedliche Verfahrensabläufe, Techniken, Umgangsformen, Organisationen – das bedeute ein Zuwachs an Erfahrungen in relativ kurzer Zeit, die das Selbstvertrauen, die berufliche Fachlichkeit und damit den eigenen Marktwert deutlich steigern. Außerdem ist laut Böhrnsen die Übernahme eines entliehenen Mitarbeiters nach wie vor gegeben, da Unternehmen freie Positionen zunächst gern über einen Personaldienstleister laufen lassen.

Marietta Elbers fand nach einer knapp zwölfmonatigen Durststrecke mit insgesamt 60 Bewerbungen, 35 Absagen und drei Vorstellungsgesprächen einen neuen Job. Wieder klappte es über die Zeitarbeit. Am 2. Juni trat die 53-Jährige ihre neue Stelle an. „Das Kundenunternehmen suchte eine Sachbearbeiterin im Bereich Finance und Accounting und fand meinen Lebenslauf interessant“, sagt Elbers. In dem 90Minuten dauernden Vorstellungsgespräch konnte sie mit ihrer Berufserfahrung punkten.

Die ersten Tage in ihrem neuen Job gefallen Marietta Elbers gut. „Ich werde von den Kollegen sorgfältig eingearbeitet, die Kontakte zu Großhändlern im Ausland sind spannend, und ich kann meine Englischkenntnisse nutzen.“ Zudem habe man ihr bereits eine spätere feste Übernahme in Aussicht gestellt. Positiv sei ebenfalls der Stundensatz von 12 Euro, der deutlich über dem seit Januar geltenden Mindestlohn von 8,50 Euro liegt.

* Name von der Redaktion geändert