In der Personalentwicklung setzen Trainer auf Interaktion, Rollenspiele und Ortswechsel, aber auch auf Spaß

Wie überzeuge ich meine Mitarbeiter und treffe dabei den richtigen Ton? Wie steht es um die persönliche Durchsetzungskraft? Die acht Teilnehmer des Nachwuchsführungskräfte-Trainings bei Fromm im Stadtdeich bringen konkrete Problembeispiele aus ihrem Berufsalltag mit. Diese werden an den drei Seminartagen von den beiden Trainern Yvonne Funcke und Peter Waschke bearbeitet.

Zudem geht es um die Rolle der Führungskraft, Kritikgespräche und die Einschätzung des Gegenübers. Einstieg am ersten Tag ist die intensive Auseinandersetzung mit der Führungsrolle, dabei werden Selbst- und Fremdbild abgeglichen. So unterschiedlich der individuelle Hintergrund der einzelnen Teilnehmer ist, so ähnlich sind deren Fragen: Wie wirke ich auf andere? Wodurch zeichnet sich ein guter Chef aus? Wie führe ich mein Team? Was muss ich beachten, wenn ich plötzlich Chef meiner Kollegen werde?

„Kommunikation ist das wichtige Element in der Führung und die Basis wirksamer Führung“, sagt Yvonne Funcke. Sie hat Betriebswirtschaft und Psychologie mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie studiert und arbeitet seit 15 Jahren als Trainerin und Coach. Leider werde die Wirkung von Kommunikation immer wieder unterschätzt in den Unternehmen. Häufig werden Probleme nicht angesprochen, oder am Ende von langen Diskussionen fehlen konkrete Ergebnisse.

Vielfach kommen Teilnehmer in die Fromm-Trainings und Seminare, weil in den jährlichen Mitarbeiterentwicklungsgesprächen ein bestimmter Förderungsbedarf festgestellt wird. In der Regel übernimmt dann auch die Firma die Kosten für das Training. Über die Ziele und Bedarfe der Mitarbeiter stimmen sich Vorgesetzte, Personalentwicklung und Trainer ab, sagt Funcke. Überhaupt müssten Unternehmen derzeit viel mehr tun, um ihre Mitarbeiter zu halten. „Die Generation Y ist heute anders, sie setzt mehr auf Diskussion, Abwechslung und interaktive Seminare. Darauf müssen sich Trainer, Coaches und Anbieter einstellen.“

Ein Vertreter, der alternatives Training anbietet, ist Arne Gillert, Autor des Buches „Der Spielfaktor“ und Partner von Kessels & Smit, The Learning Company. „Wir denken nicht in Instrumenten, sondern versuchen erst einmal zu verstehen, was die Frage hinter der Frage des Kunden ist. Und mein Eindruck ist, dass wir darin radikaler frei denken als andere.“ Wenn beispielsweise der Manager einer Handelskette ein Servicetraining für seine Mitarbeiter wünscht, interessiert Gillert wie der Manager zu dieser Frage kommt. „Nehmen wir an, das Ladenpersonal wäre nicht freundlich genug zu den Kunden, es gab Beschwerden. Jetzt soll allen Mitarbeitern in einem Training beigebracht werden, wie man zu Kunden freundlich ist. In dieser Analyse steckt mindestens ein Denkfehler: Bei einem Servicetraining für alle Mitarbeiter wird bei den meisten Folgendes ankommen: Aha, das Management findet also, dass ich die Kunden nicht freundlich bediene. So ein kollektives Feedback führt immer zu (verständlichem) Widerstand.“ Das Training habe bereits vor Beginn an Effektivität eingebüßt, weil die Teilnehmer gegen ihren Willen dabei sind. „Und man kann nun einmal nicht lernen gegen seinen Willen“, sagt der Trainer.

„Wir entwerfen Lernen, das im Arbeitsalltag stattfindet. Dabei sind wir grenzenlos kreativ jenseits des traditionellen Rahmens von dem, was Personalentwicklung macht. Anstelle des Kommunikationstrainings im Seminarhotel laden wir uns beispielsweise als Überraschungsgast zu einer relevanten Situation im Arbeitsalltag ein“, sagt Gillert. So werde ein Spielraum geschaffen, in dem alle Beteiligten mit anderer Kommunikation experimentieren können. „Das, was so gelernt wird, wird danach immer wieder angewendet, weil das neue Handeln im sozialen System des Arbeitskontextes verankert wurde. Was im Seminarhotel gelernt wird, führt viel zu häufig zu wenig Anwendung.“

Bei Fromm setzt man auf ungewöhnliche Übungsmethoden und andere Umgebungen als den Seminarraum. So wechseln Seminargruppen auch mal den Lernort – zum Beispiel auf die Theaterbühne, ins Museum oder ins Ökumenische Forum in die HafenCity. Je nach Seminar arbeiten Psychologen, Sprecherzieher, Regisseure oder Schauspieler mit den Teilnehmern. „Durch einen Ortswechsel ändert sich auch die Perspektive, und es entstehen neue Impulse“, sagt Funcke. Die Fromm-Philosophie bestehe aus drei Säulen: „Wir erweitern Wissen, zünden Potenziale und begleiten die Umsetzung.“ Schließlich handele es sich um einen interaktiven Prozess, „bei dem wir den Teilnehmer im Bewusstsein seiner Persönlichkeit und Ziele unterstützen, diese mit den Unternehmenszielen verbinden, um so das Wissen zu erweitern und neue Erkenntnisse zu schaffen“. Das Gelernte orientiere sich zudem immer an der Frage: Was bedeutet das in meinem Arbeitsalltag? So gehe es bei Kommunikationsmodellen darum, wie diese im Unternehmen konkret umsetzbar sind, um ein Ziel zu erreichen.

Häufig Standortbestimmung zwischen 35 und 45: Was habe ich erreicht?

Arne Gillert geht noch weiter: „Wir sind unser eigenes Experiment. Wir wollen selber in unserem Arbeitsalltag lernen und probieren unsere Ideen an uns selber aus. Wir haben den Anspruch an uns, dass wir Lernen leben – in der Art, wie wir Beziehungen aufbauen, wie wir mit Feedback umgehen, wie wir mit unseren Kunden als Partnern arbeiten.

Karrierecoach Simone Vera Kenski hat festgestellt, dass viele Führungs- und Fachkräfte mit 35 bis 45 Jahren nach einer erfolgreichen Laufbahn in mehreren Unternehmen eine Standortbestimmung machen und sich fragen: Was habe ich erreicht bisher? Was ist mir im Leben wichtig? Welchen Sinn hat meine jetzige Tätigkeit? „Prioritäten und Wertigkeiten verschieben sich im Leben, dann stellen sich diese Fragen“, sagt Kenski. Häufig sei dies der Beginn in einen neuen beruflichen Abschnitt.

„Dabei geht es jedoch selten um mehr Gehalt, sondern ein wesentlicher Aspekt ist Wertschätzung, denn als Mensch wahrgenommen und geschätzt zu werden ist das Wichtigste. Dafür benötige ich ein berufliches Umfeld, das zu mir und meinen Fähigkeiten passt.“ Um das herauszufinden, begleite sie Menschen in den unterschiedlichen Phasen ihres Berufslebens. „Als Karriereberaterin analysiere ich ausführlich den beruflichen und persönlichen Werdegang und die aktuelle Situation mit meinen Kandidaten. Daraufhin kann ein berufliches Ziel und Umfeld definiert werden. Dann begleite ich die Umsetzung.“

Zu Arne Gillert kommen die meisten Kunden, weil sie den Eindruck haben, dass mehr vom selben ihnen nicht mehr weiterhilft – oder weil sie ganz einfach Lust auf Neues haben, auf unkonventionelle Ansätze. Gillert: „Sie wollen einen Partner, der mit ihnen den Dingen tiefer auf den Grund geht und der gleichzeitig mit Leichtigkeit und Spaß dabei ist.“