Wohin mit abgelaufenen Medikamenten aus der Hausapotheke? Experten raten: entweder in den Hausmüll oder zurück in die Apotheke bringen.

Dessau. Es scheint ganz simpel: den restlichen Hustensaft in den Ausguss kippen und die abgelaufenen Kopfschmerztabletten einzeln die Toilette runterspülen. Schon sind unbrauchbare oder überflüssige Medikamente entsorgt. Doch so einfach ist es nicht. Wer Arzneimittel auf diese Weise entsorgt, belastet damit die Umwelt. Besser ist es, sich auf den Weg zur Schadstoffsammelstelle zu machen oder alte Medikamente wenigstens unkenntlich unter den Hausmüll zu mischen.

Restbestände von Arzneistoffen gelangen vor allem durch menschliche Ausscheidungen über das Abwasser in die Natur. Das sei momentan unvermeidbar, sagt Claudia Thierbach, Fachgebietsleiterin Arzneimittel im Umweltbundesamt (UBA) in Dessau. „Aber auf keinen Fall sollte man Arzneimittel über die Toilette oder den Ausguss entsorgen.“ Denn auf diese Weise gelangten zusätzlich Arzneimittel in die Umwelt. Und Kläranlagen können nicht alle im Abwasser enthaltenen Substanzen zurückhalten. Eine Umfrage des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt ergab vor einigen Jahren, dass 43 Prozent der Bundesbürger immer mal wieder flüssige Medikamente einfach wegschütten. Immerhin 16 Prozent werfen Tabletten in die Toilette.

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Auf lange Sicht könnten die Restbestände dramatische Folgen haben: In Laborstudien habe sich zum Beispiel gezeigt, dass Hormone im Wasser schon in sehr geringer Konzentration zu einer Verweiblichung von Fischen führen, erläutert Thierbach. Im Extremfall würden sie aussterben, weil sie sich nicht mehr fortpflanzen können. Auch Schmerzmittelrückstände sind Thierbach zufolge nicht zu unterschätzen

- sie können bei Fischen Nierenschäden verursachen. Die Empfehlung des UBA laute daher: alte Medikamente unbedingt zur Schadstoffsammelstelle bei der örtlichen Müllabfuhr bringen. „Nur darüber ist gewährleistet, dass sie auf jeden Fall rückstandslos verbrannt werden“, sagt Thierbach.

Eine weitere Möglichkeit ist, in einer Apotheke zu fragen, ob dort alte Arzneimittel zurückgenommen werden. „Das ist keine Pflichtleistung der Apotheker mehr“, erläutert Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. „Aber viele bieten es nach wie vor an.“ Je nach Bundesland gebe es unterschiedliche Regelungen: In Berlin etwa steht in vielen Apotheken eine sogenannte Meditonne. Damit niemand an deren Inhalt gelangen kann, sei diese abschließbar und werde samt Behälter verbrannt, wenn sie voll ist.

Das Entsorgen über Schadstoffsammelstellen oder Apotheken birgt aber ein Risiko. Denn bevor alte Arzneimittel umweltgerecht entsorgt werden, werden sie von vielen Verbrauchern erstmal gesammelt. Das Problem: Gibt es Kinder im Haushalt, besteht für diese so lange Gesundheitsgefahr, wie die Medikamente – mehr oder weniger leicht zugänglich – herumliegen. Denn wenn Kinder die oft bunten Pillen entdecken, halten sie sie gern mal für Bonbons und schlucken sie.

Grundsätzlich erlaubt und sinnvoll ist daher die Entsorgung über den Hausmüll. „Dabei sollte man darauf achten, dass man die Medikamente in der grauen Tonne gut versteckt oder sie vorher in eine alte Zeitung wickelt und dann erst wegwirft – ähnlich wie man es mit Glasscherben machen würde“, sagt Sellerberg. So verringere sich die Gefahr, dass Kinder beim Spielen auf die Medikamente stoßen. Auch Drogenabhängige, die manchmal gezielt im Müll nach Medikamenten suchen, würden dann nicht so schnell fündig.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hält die sofortige Entsorgung über den Hausmüll in Bezug auf Schmerzpflaster sogar für den besten Weg, um Kinderhände davon fernzuhalten. Die Behörde empfiehlt, benutzte Pflaster mit den Klebeflächen aneinanderzukleben und mit anderen Hausmüllanteilen zu vermischen. Das unter den Müll gemengte Pflaster kommt dann am besten in einem Müllbeutel direkt in die Tonne. Vom Zerschneiden rät das Bundesinstitut ab, denn sowohl an der Schere wie an den Händen könnten Wirkstoffreste haften bleiben und so ungewollt auf den Körper wirken.

So wenig wie Medikamente in die Toilette oder den Ausguss wandern sollten, so wenig sollten Verbraucher sie für wohltätige Zwecke spenden. „Das ist meist gut gemeint, geht aber am Ziel vorbei“, sagt Ursula Sellerberg. Zum einen würden in bedürftigen Regionen ganz andere Medikamente gebraucht als hierzulande – zum Beispiel gegen Malaria oder andere Infektionskrankheiten. Zum anderen würden meist Kleinstmengen, noch dazu mit deutscher Beschriftung, gespendet. Das stelle die Empfängerländer vor große Entsorgungsprobleme. (dpa)