Der Göttinger Oberarzt, der einen Organspende-Skandal ausgelöst haben soll, war schon früher aufgefallen. An seiner alten Arbeitsstätte, dem Regensburger Klinikum, war es bereits 2005 zu Missständen gekommen.

Regensburg/Göttingen. Der im möglichen Göttinger Organspende-Skandal unter Verdacht stehende Oberarzt soll schon 2005 in Bayern für Missstände bei Transplantationen gesorgt haben. Der 45-Jährige hatte vor seiner Zeit an der Göttinger Uniklinik in einem Krankenhaus in Regensburg gearbeitet. Es seien damals jordanische Patienten verbotenerweise auf eine Warteliste für europäische Transplantations-Patienten gesetzt worden, sagte die Sprecherin des Regensburger Klinikums, Cordula Heinrich, am Donnerstag.

Außerdem sei eine Leber in Jordanien transplantiert worden. „Das hätte so nicht sein sollen“, betonte die Sprecherin, die einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ bestätigte. Die Missstände in Regensburg waren bei einer Untersuchung der Bundesärztekammerkommission im Jahr 2006 aufgedeckt worden. Auch die Staatsanwaltschaft hatte damals ermittelt, ihre Untersuchungen aber eingestellt. „Die Klinik hat Konsequenzen aus den Vorfällen gezogen und seitdem ausführliche Richtlinien zur Transplantationen mit Ausländern aufgestellt“, erläuterte Heinrich.

Gegen den Oberarzt der Göttinger Klinik wird wegen Bestechlichkeit ermittelt. Er soll Akten gefälscht und so dafür gesorgt haben, dass die eigenen Patienten beim Empfang von Spenderlebern bevorzugt wurden. Es werden 25 Fälle aus den Jahren 2010 und 2011 untersucht. Der Arzt, der seit November vom Dienst suspendiert ist, bestreitet nach Klinikangaben die Vorwürfe zu den Vorgängen in Göttingen. Gegenüber der Staatsanwaltschaft Braunschweig äußerte er sich zunächst nicht. Für eine Stellungnahme zu den Vorgängen in Regensburg war er zunächst nicht zu erreichen.

Der Oberarzt hatte nach Klinikangaben von 2003 bis 2008 in Regensburg gearbeitet und im Jahr 2004 eine Kooperation mit dem Jordan Hospital in Amman aufgebaut. Dies sei mit Wissen und Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung zur Förderung des Standortes Bayern im Arabischen Raum geschehen, erläuterte die Sprecherin. Ziel war es, ein Programm für Lebertransplantationen aufzubauen und wissenschaftlich zu begleiten. „Die deutschen Mediziner sind immer wieder nach Jordanien geflogen, um die Operationen durchzuführen und die dortigen Ärzte anzuleiten“, sagte Heinrich.

Den Bericht zufolge wurde im April 2005 eine Leber, die eigentlich einem europäischen Empfänger zugestanden hätte, einer Frau im Jordan Hospital in Amman transplantiert. Außerdem waren mehrere Patienten, die in Jordanien operiert wurden, fälschlicherweise als Patienten des Universitätsklinikums Regensburg auf die Warteliste gesetzt worden. Das machte sie zu möglichen Empfängern von Organen aus dem Eurotransplant-Verbund. Darin sind sieben europäische Länder sowie Ungarn als Probemitglied zusammengeschlossen. Ausländer, die sich nicht im Eurotransplant-Gebiet aufhalten, haben keinen Anspruch auf die Organe.

(dpa)