Lottospieler können ihr Kreuz künftig im Internet machen. Doch was wird aus den Betreibern der rund 23.000 Lotto-Annahmestellen?

Berlin. Die Aussichten scheinen düster für Hamid Samadanian. Der Mann mit den dunklen Haaren und dem Dreitagebart steht in dem kleinen Eckkiosk und blickt besorgt über den Rand seiner Lesebrille: "Sicherlich werden die älteren Menschen, die schon viele Jahre Lotto bei mir spielen, weiterhin kommen. Aber langfristig wird die jüngere Kundschaft innerhalb von ein bis zwei Jahren ins Internet abwandern“, sagt Samadanian, der seit zwölf Jahren den Familienbetrieb in Münster betreibt.

Noch deutlichere Worte findet Dieter Wich aus Würzburg: "Das ist der schleichende Tod.“ Die Annahme der Spieltipps sei das Kerngeschäft der meisten familiengeführten Lotto-Geschäfte. "Lotto, Tabak und Zeitungen – das sind die drei Bausteine. Wer aber nicht mehr das Geschäft betritt, weil er online Lotto spielt, der kauft auch keine Zeitungen und keine Tabakwaren. Wenn das Kerngeschäft Lotto wegbricht, geht unsere Existenzgrundlage verloren“, sagt der 63-Jährige. "Das ist dramatisch.“

Samdanian und Wich sind nur zwei Betreiber der rund 23.000 Annahmestellen in ganz Deutschland. Für sie alle könnte sich das Alltagsgeschäft künftig ändern. Denn ein neuer Glücksspielvertrag erlaubt, dass Lottospieler ihre Tipps bald online abgeben können. In einigen Bundesländern wie Hessen oder Bremen ist das schon möglich. In anderen warten die Lottogesellschaften, die sich von der Reform mehr Gewinn erhoffen und illegale Anbieter im Netz zurückdrängen wollen, noch auf die Genehmigung der Landesregierungen.

+++Lotto spielen im Internet bald wieder möglich+++

"Menschen verlieren ihre Jobs durch solche Internet-Angebote“, sagt Marlin Schmidt, Mitarbeiterin einer Kieler Lotto-Annahmestelle. Optimistisch gibt sich dagegen der Kollege Harald Weiner von einer benachbarten Annahmestelle: "Die Leute wollen Kundenkontakt und auch mal einen Schnack halten. Zwar werden einige jüngere Kunden online spielen, meinem Geschäft wird das aber nicht weh tun.“

"Das wird das Geschäft nicht sehr beeinflussen“, sagt auch Walter Schubert, der seit fast 20 Jahren eine Lotto-Annahmestelle in der Münchner Innenstadt betreibt. Er habe aber auch vor allem ältere Stammkundschaft. "Die bleiben uns treu. Es sind eher die Jüngeren, die übers Internet spielen.“ Ähnlich sieht es Andreas Bauch in Mainz: "Der Kunde sucht die direkte Ansprache.“

"Die Leute haben doch so oder so im Internet gespielt, auch wenn es verboten war“, meint Lotto-Annehmer Cengic Kutlucan in seinem Zeitschriften- und Lottoladen im Zentrum von Hannover. "Ein kleines bisschen wird sich das bemerkbar machen, aber nicht so, das uns das wehtut.“

"Wir werden das schon merken“ sagt dagegen Hans-Helmut Schmidt aus Schwerin. "Der Mensch ist schließlich bequem.“ Kollege Gökhan Özcan, der eine Lotto-Annahmestelle in Hamburg-Pöseldorf führt, rechnet mit bis zu 30 Prozent weniger Lotto-Kunden. "Das wird das Geschäft erheblich verschlechtern.“

Yurdagül Kanpara, Angestellte in einem Lottoladen in Berlin-Kreuzberg fragt sich zudem, wie im Internet das Alter von Spielern überprüft werden solle. "Da müssen sie sich etwas einfallen lassen. Jeder Jugendliche ist im Internet“, sagt Kanpara. "Bei uns wird immer kontrolliert.“ Wenn sie Zweifel habe, ob ein Kunde tatsächlich schon 18 Jahre alt sei, lasse sie sich von ihm den Personalausweis zeigen. Ähnlich sieht es eine Kollegin aus Kiel: "Wir als Lottoannahmestellen werden regelmäßig durch Testkäufer kontrolliert. Was aber, wenn ein minderjähriges Kind Zugang zum Online-Konto seiner Eltern bekommt?“