Beisetzungen werden zunehmend individuell gestaltet. Eine Bestatterin berichtet von neuen Trends und Kundenwünschen

Das Telefon klingelt. "Meine Frau ist heute Morgen in der Klinik gestorben. Was muss ich jetzt tun?", fragt der Anrufer die Bestatterin Angelika Westphal. "Nehmen Sie sich Zeit, Sie müssen nichts übereilen. Besprechen Sie sich in Ruhe mit Ihrer Tochter. Die Frage nach der Grabstätte muss natürlich auch geklärt werden, aber überstürzen Sie nichts." Am Ende des Gesprächs verabredet Angelika Westphal einen persönlichen Besuch beim Anrufer zu Hause.

In Hamburg haben Angehörige 36 Stunden Zeit, bis der Verstorbene abgeholt werden muss - aus der Wohnung oder aus dem Pflegeheim, wobei Pflegeheime leider oftmals auf schnelle Abholung dringen, sagt Westphal. "Wenn man will, bleibt immer Zeit für einen Abschied."

Viele Menschen, die zu Angelika Westphal zur Beratung kommen, sagen: "Es muss doch erledigt werden", und umschreiben so eines der letzten Tabus unserer Gesellschaft: den Tod. Ihn verdrängen die meisten aus ihrem Leben, bis sie durch das Sterben eines nahen Angehörigen oder Freundes gezwungen werden, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Aber es geht auch anders: "Zu mir kommen immer häufiger ältere Paare oder alleinstehende Frauen, die vorausschauend alles für ihr eigene Beerdigung ordnen wollen", sagt Angelika Westphal, die seit 1993 in der Branche arbeitet und sich 2003 selbstständig machte. Sie stellt zwei Trends fest: den zu einem möglichst preisgünstigen Begräbnis sowie den zu Individualisierung. Diese drücke sich vor allem in der Gestaltung der Trauerfeier aus. "Es gibt nichts, was es nicht gibt", sagt Westphal. So habe bei einer indianischen Zeremonie einer der Trauergäste eine Trommel auf dem Weg zum Grab geschlagen, und bei der Trauerfeier eines Iren haben alle Gäste vor der Kapelle auf dem Friedhof eine Flasche Guinness in die Hand bekommen. "Damit haben wir dann gemeinsam am offenen Grab angestoßen."

Ebenso sei es möglich, die Urne des Verstorbenen selbst zum Grab zu tragen und damit quasi den letzten Weg mit dem Verstorbenen gemeinsam zu gehen oder die Urne bei der Trauerfeier von Hand zu Hand gehen zu lassen - als Ritual der Verabschiedung. Rituale seien wichtig, um den Tod annehmen zu können, sagen Psychologen. Und Rituale haben eine tiefere Bedeutung, die uns jedoch zuweilen abhanden gekommen ist. So bedeutet die Schaufel Sand am Grab: Ich beteilige mich daran, das Grab zu schließen und daran, den Verstorbenen wieder dem Rhythmus des Naturkreislaufs sowie dem Kommen und Gehen im Leben zu übergeben. "Es geht dabei auch um das Loslassen", erklärt Westphal. Deshalb habe die Trauerfeier eine wichtige Funktion. "Wenn wir aus der Kapelle gehen oder das Grab verlassen, beginnt die Rückkehr in unser eigenes Leben."

Welchen Einfluss die Form der Beisetzung haben kann, macht folgender Fall klar. Eine ältere Dame erfüllte den Wunsch ihres Mannes nach einer anonymen Beisetzung. "Danach wurde sie sehr krank. Erst nach einer Umbettung und Kennzeichnung der Grabstätte mit Grabplatte ging es ihr zusehends besser", sagt Angelika Westphal. Allerdings sei diese Umbettung nur mit einem ärztlichen Attest möglich geworden, da ein Friedhof ein anonymes Grab nicht ohne Weiteres zugänglich macht.

Viele Entscheidungen müssen für eine Bestattung getroffen werden. Sarg oder Urne? Einer Umfrage im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Bestatter zufolge kann sich inzwischen nahezu die Hälfte der Bevölkerung vorstellen, nach dem Tod eingeäschert zu werden. Die Zahl der Erdbestattungen geht dagegen immer weiter zurück: Lag sie 1994 noch bei 68 Prozent und 2004 bei 58 Prozent, werden heute nur noch knapp die Hälfte der Verstorbenen als Leichnam im Sarg bestattet.

Bei Angelika Westphal machen Urnenbeisetzungen rund 50 Prozent aus, in diesem Jahr sogar rund 70 Prozent. Urnen kosten zwischen 125 und 1000 Euro. Es gibt sie mit Aufdrucken, in unterschiedlichen Farben und sogar in Herzform. Fotobücher, die Angelika Westphal ihren Kunden vorlegt, zeigen die große Vielfalt an Blumenschmuck und Särgen. Diese sind aus Kiefer, Eiche, Pappel oder Paulowinaholz gefertigt. Letzteres ist leicht und dennoch stabil. Zur Auswahl stehen Mozart Kiefer Nussbaum, Kiefer Elfenbein, Weiß, Wurzelholz oder auch Nightblue. Die Preise variieren zwischen 800 und 1800 Euro. Die Kastenform ist nahezu immer gleich. Allein die Deckelhöhe sowie Griffe, Aufschläge und Füße variieren. "Körperformsärge, die am Kopfende breiter als am Fußende und in Italien beliebt sind, nimmt hier keiner", sagt die Bestatterin.

Die Preise inklusive Abholung, Überführung, einfachem Sarg und Erledigung der Formalitäten beginnen bei 1250 Euro. Die Kosten für eine Beisetzung mit Feier liegen im Schnitt bei rund 5000 Euro inklusive Gebühren. Eine Grenze nach oben gibt es nicht. Alexander Helbach von der Verbraucherinitiative Aeternitas rät Angehörigen von Verstorbenen, den angebotenen Preis nicht einfach zu akzeptieren, sondern ruhig nach einem besseren Angebot zu fragen. Viele fragen nicht einmal nach dem Preis, so Helbach, dabei sei das überhaupt kein Problem und auch nicht pietätlos. Achtung vor dem Tod bedeute nicht absolute Zurückhaltung beim Gespräch mit dem Bestatter.

An einem sollten die Hinterbliebenen auf keinen Fall sparen: an der Zeit, um eine Entscheidung zu finden. Und um persönlich Abschied vom Verstorbenen zu nehmen. "Stirbt jemand nachts um 2 Uhr, reicht es, wenn man den Arzt am frühen Morgen vor Praxisbeginn bittet zu kommen, um offiziell den Tod festzustellen", sagt Westphal. Sie gibt außerdem zu bedenken, dass wenn ein Notarzt gerufen werde, dieser den Totenschein oftmals nicht ausstellen kann, da er, anders als der Hausarzt, die Krankengeschichte nicht kennt. So wird ein Verstorbener oft nach einem friedlichen Tod zu Hause plötzlich zu einer Polizeisache. Anders verhält es sich, wenn der Tod nicht zu erwarten war. Da ist der Ruf nach dem Notarzt das Erste, was zu tun ist.