Mediation führt Streithälse oft wieder zusammen, ohne Gerichtsverfahren

Hamburg. Als Sabrina L., 34, nach zwei Jahren Babypause in Teilzeit in ihren Job zurück möchte, lehnt der Chef ab. Aus betriebsorganisatorischen Gründen, heißt es. Die Grafikerin muss Vollzeit arbeiten, oft einspringen und hat keinen eigenen Schreibtisch. Sie fühlt sich gemobbt, nach einer Woche meldet sie sich krank. Ihr Chef möchte ihr kündigen.

Doch so weit kommt es nicht. Chef und Angestellte entscheiden sich zu einer Mediation bei der Tenos AG in Hamburg. Bei solch außergerichtlichen Verfahren schließen die Gegner mit Unterstützung des Mediatoren einen Vergleich. Während der Sitzung vermittelt und steuert er das Gespräch.

Immer mehr Menschen versuchen, ihre Streitigkeiten außergerichtlich zu regeln. "Mediation eignet sich für fast alle Konflikte", sagt Detlev Berning, Vorstand beim Bundesverband Mediation. Ob Streit beim Erben, der Trennung vom Partner, mit dem Nachbarn, am Arbeitsplatz - der außergerichtliche Weg hat eine hohe Einigungsquote. "80 bis 85 Prozent der Fälle enden im Konsens", sagt Axel Raulinat, Vorstand der Tenos AG. Das Ziel: ein künftig entspannter Umgang miteinander. Es wird gemeinsam nach einer für beide Seiten tragbaren Lösung gefahndet. "An die vereinbarte Einigung halten sich dann in der Regel auch alle", so die Erfahrung von Monika Hartges, Leiterin der Öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle Hamburg (ÖRA).

Auch sonst bietet das Verfahren Vorteile. "Es ist schneller und kostengünstiger", so Hartges. Schnell bekommen die Streithähne einen Termin, und eine Einigung wird oft schon nach ein bis drei Treffen erzielt. Ein Fall vor Gericht hingegen dauert mehrere Monate.

Sabrina L. und ihr Chef saßen innerhalb von drei Tagen in der Mediation. Nach einem Termin war das Verfahren beendet. Kosten: 1600 Euro, getragen von beiden je zur Hälfte. "Vor Gericht wäre es teurer geworden", sagt Angela Kaschewski von Tenos. Generell gilt: Bei einem hohen Streitwert lohnt sich die außergerichtliche Einigung auch finanziell. Die Prozesskosten können sich nach Berechnung von Tenos für einen Streitwert von 150 000 Euro schnell auf 25 000 Euro summieren, für eine Mediation wären es nur 5700 Euro. Abgerechnet wird nach Stundensatz, der im Schnitt bei 100 bis 150 Euro liegt.

Den passenden Mediator zu finden, ist nicht einfach. Denn die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt, es greift keine gesetzliche Regelung zur Qualifizierung. Der Bundesverband Mediation empfiehlt eine 200-stündige Ausbildung, verpflichtend ist sie nicht.

Für den Mediator seien Menschenkenntnis und kommunikative Kompetenzen die wichtigsten Voraussetzungen. "Die Chemie muss stimmen", sagt Verbandsvorstand Berning. Bei Verbänden kann man nach Referenzen fragen.

Bedingung für das Verfahren ist, dass beide Parteien die Schlichtung wollen, denn sie ist freiwillig. "Ideal ist es, wenn die Kontrahenten sich gemeinsam dazu entschließen", so Hartges. Sonst wird die andere Seite schriftlich eingeladen. Abgeschlossen wird mit einem Vergleich, schriftlich fixiert und auf Wunsch vom Notar beurkundet. Kommt es zu keiner Einigung, steht der Weg vor Gericht noch offen.

Sabrina L. und ihr Chef vereinbarten eine Beschäftigung in Teilzeit, überwiegend von zu Hause aus. Anfangs schien eine Lösung fern, letztlich dauerte die Einigung viereinhalb Stunden.