In Sachen Sicherheit an Bord haben viele Skipper Nachholbedarf. Sie sollten jetzt die Lehrgänge dazu nutzen

Anfang November ist nicht die beste Zeit für ein Bad in der Elbe, aber bei einem Notfall kann man sich die Bedingungen schließlich auch nicht aussuchen. Also ab in den übergroßen Überlebensanzug, Rettungsweste umgelegt und hinein ins Hafenwasser. Im Rahmen eines Sicherheitstrainings, das erstmalig auf der Hanseboot angeboten worden war, galt es, in voller Notfallmontur eine Rettungsinsel zu erklimmen. Ein schwieriges Unterfangen. Doch schon an Land, im Theorieteil, offenbarten sich typische Sicherheitslücken an Bord, die jeder Skipper füllen sollte. Der Winter bietet Zeit, um Wissen und Ausrüstung zu prüfen und zu vervollkommnen.

"In unseren Lehrgängen zeigt sich immer wieder, dass die Teilnehmer nicht mit der Handhabung ihrer eigenen Rettungswesten vertraut sind", sagt Veit Hilger vom Maritimen Trainings-Center Celle (MTC), das an den Messe-Wochenenden die Kurse durchführte. "Jeder sollte die Weste auf seine Körpermaße eingestellt haben und sie im Dunkeln überstreifen können. Man kann auch in der Koje von einem Wassereinbruch überrascht werden."

CO2-Patronen der Rettungswesten regelmäßig kontrollieren

Für jedes Sportboot, das an der Küste und erst recht auf hoher See unterwegs ist, empfiehlt Hilger Schwimmwesten der Leistungsklasse 275. Sie steht für eine Auftriebskraft von 275 Newton. "Die reicht auf jeden Fall aus, um einen Erwachsenen umzudrehen, der bewusstlos über Bord ging und mit dem Gesicht nach unten schwimmt." Das Bundesverkehrsministerium hält in seiner Broschüre "Sicherheit auf dem Wasser" dagegen eine 150-Newton-Weste für den Hochseeeinsatz mit Ölzeug für ausreichend. Generell sollten die Westen jederzeit greifbar (tagsüber besser angelegt) sein, damit sie im Notfall sofort zur Verfügung stehen.

Dazu sollte sicher sein, dass die CO2-Patronen im Falle eines Falles automatisch auslösen: Vor längeren Törns die Patronen aus den Westen herausschrauben und kontrollieren, ob sie unversehrt sind, rät der Sicherheitsfachmann. Zudem sollten Westen alle ein bis zwei Jahre mit dem Mundstück aufgeblasen werden. "Neulich hatten wir eine Teilnehmerin, deren Weste defekt war" - schön, wenn die schlappe Rettungshülle nicht erst beim Notfall auffällt. Da die CO2-Patrone mit einem Knall startet und dann das Gas rasant in die Weste strömt, macht es Sinn, einmal eine Patrone zu opfern (Originalpatronen der Hersteller kosten 20 bis knapp 40 Euro) und zumindest die Stammcrew das Auslösen der Weste erleben zu lassen. Dann bleibt ihr im Notfall wenigstens diese Schrecksekunde erspart.

Auch bei der Brandbekämpfung geht Hilger auf Nummer sicher. Er empfiehlt, zwei Sechs-Kilo-Feuerlöscher an Bord zu haben, einen unter, den anderen an Deck. "Oft sind nur Ein- oder Zwei-Kilo-Löscher vorhanden, die sind schnell leer."

Außerhalb von Binnengewässern sollten zudem Notfunkanlagen an Bord sein. Ein Knopfdruck reicht, dann wird automatisch den Rettungsleitstellen die Position des Havaristen mitgeteilt. Ebenfalls sinnvoll ist ein kleiner Notfunksender (PLB, Personal Locator Beacon), der am Segelzeug befestigt ist.

Generell gilt: Gäste müssen auf Notfallsituationen vorbereitet werden. Sie müssen wissen, wo sich die Rettungsmittel befinden (Feuerlöscher gut sichtbar installieren). Vor dem Ablegen steht die Rollenzuteilung: Wer sendet den Notruf? Wer gibt die Kommandos, wenn der Skipper über Bord gegangen ist? Ein Crew-Mitglied sollte sich darauf konzentrieren, das PLB-Ortungsgerät mit ins Wasser zu nehmen, wenn die Crew das Schiff verlassen muss. Schon wer im Küstenbereich unterwegs ist, sollte eine Rettungsinsel an Bord haben - sie sei ab 750 Euro zu haben und biete den Havaristen nicht nur Schutz, sondern sorge dafür, dass sie bei Wellengang (leichter) gefunden werden, so Hilger. Für den Nordatlantik, etwa bei Passagen nach England oder Norwegen, rät er, Kälteschutzanzüge mitzunehmen. In null Grad kaltem Wasser überlebt ein Mensch nur rund fünf Minuten. In hiesigen Regionen gilt: Möglichst viel Kleidung anziehen, bevor man ins Wasser geht, damit es nicht so stark am Körper strömt. Noch besser: trockenen Fußes die Rettungsinsel vom Schiff aus besteigen.

Das war den Trainingsteilnehmern im City-Sportboothafen nicht vergönnt. Nachdem einige sich nur mit fremder Hilfe in ihre Anzüge zwängen konnten, trieben sie wie lebende Korken durch das Wasser, paddelten mühselig zur Rettungsinsel. Wenn der Anzug beim Anziehen nicht ordentlich entlüftet wurde, schwimmen die Füße hartnäckig auf und verfehlen die unterste Sprosse der aus Gurten bestehenden Einstiegsleiter der Insel. Nach zähem Ringen ist der oberste Gurt erreicht und man zieht sich bäuchlings über die Bordkante in die enge Kunststoffinsel. Die Übung hinterlässt einen bleibenden Eindruck - und das klamme Gefühl, dass ein echter Notfall bei Wellen und Salzwasser ohne vorheriges Training kaum zu bewältigen wäre.