Bei Vorsorge-Untersuchungen wird das “starke Geschlecht“ zum Drückeberger. Zu langes Warten kann gefährliche Folgen haben.

Am Anfang waren da diese Unentschlossenheit und mehr als ein Hauch von Angst. Sollte er oder sollte er nicht? Sein Hausarzt hatte Ernst B. (55, Name von der Redaktion geändert) bereits dazu geraten, sich einer Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen. Schließlich sei er familiär vorbelastet, sein Vater sowie der Bruder waren an der heimtückischen Krankheit gestorben. "Ich bin nur froh, dass ich es dann doch gemacht habe, sonst wäre ich jetzt wahrscheinlich nicht mehr am Leben", sagt der Hamburger Versicherungskaufmann, bei dem Darmkrebs diagnostiziert wurde.

Nicht jeder hat so viel Glück wie Ernst B., denn je später der Darmkrebs entdeckt wird, desto geringer sind die Heilungschancen. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig Vorsorgeuntersuchungen sind. Fünf an der Zahl, die allesamt von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, gibt es für Männer. "Sie werden von nur 20 Prozent genutzt, bei den Frauen beträgt der Anteil über 50 Prozent. Männer betreiben Reparaturmedizin", sagt Frank Sommer, Professor für Männergesundheit an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG). Das Hamburger Abendblatt stellt die Untersuchungen vor und gibt Tipps, wie Männer selbst Prävention betreiben können.

Darmkrebsvorsorge ab 55 Jahren

Die Vorsorgedarmspiegelung (Koloskopie) ist die einzige Methode, mit der sich Darmkrebs erkennen und möglicherweise verhindern lässt. Durch sie werden die Vorstufen der Erkrankung (Polypen) bei Bedarf sofort entfernt. Die Untersuchung wird ab dem Alter von 55 Jahren empfohlen und alle zehn Jahre bezahlt. Problematisch ist es laut Dr. Lutz Steinmüller, Chefarzt an der Schön Klinik in Hamburg-Eilbek, dass nur drei Prozent der berechtigten Hamburger sich dieser Untersuchung unterziehen. Wobei Angst für die Patienten dabei eigentlich ein Fremdwort sein sollte. "Die Risiken einer Komplikation bei einer Koloskopie sind minimal. Viele Männer glauben, dass sie Schmerzen haben könnten. Das ist häufig auch ein Grund dafür, dass sie sich dagegen entscheiden. Eine Koloskopie kann man in einer Kurznarkose durchführen. Dabei wird ein Medikament in die Venen gespritzt, das einen schummrig einschlafen lässt", sagt Sommer.

Wie verläuft so eine Untersuchung genau? Zur Vorbereitung wird einen Tag vor dem Termin ein Mittel zur Darmreinigung eingenommen. Neueste Trinklösungen schmecken gut, die Trinkmenge beträgt circa drei Liter. Bei der Hauptuntersuchung kommt ein dünner, flexibler Schlauch zum Einsatz. Er hat etwa die Dicke eines kleinen Fingers und eine Länge von anderthalb Metern. An ihm ist eine hochauflösende Kamera angebracht, die dem Arzt Bilder von der Darmwand zeigt.

Darmkrebsfrüherkennung ab 50 Jahren

Ab 50 Jahren wird die Früherkennungsuntersuchung für End- und Dickdarmkrebs beim Facharzt für Gastroenterologie empfohlen. Hier tastet der Arzt vom Anus aus die unteren Abschnitte des Darms auf Verhärtungen oder ähnliche Veränderungen ab und untersucht den Stuhl auf nicht sichtbares (okkultes) Blut. "60 Prozent der Darmkrebserkrankungen lokalisieren wir im End- und in den letzten 40 bis 50 Zentimetern des Dickdarms", sagt Steinmüller. Diese Untersuchung sollte zudem jedes Jahr wiederholt werden. Welche Personengruppen sind besonders gefährdet? Neben Rauchern und Menschen, die viel Alkohol konsumieren, sind es Personen, die familiär vorbelastet sind.

Was raten Mediziner, wie man(n) selbst am besten vorbeugen kann? "Man sollte darauf achten, zwei bis drei Liter Flüssigkeit am Tag zu sich zu nehmen, am besten Wasser oder Tee, dazu fünf Hände voll Obst und Gemüse. Auch Ballaststoffe mit müslihaltigen Strukturen sind zu empfehlen. Körperliche Bewegung gehört auch dazu. Ich spreche hier nicht von einem Marathon. Man sollte zum Beispiel lieber mal die Treppe steigen, anstatt den Fahrstuhl zu benutzen.", so Sommer.

Krebsvorsorge ab 45 Jahren

Ab 45 Jahren können Männer bei ihrem Urologen oder Internisten alle zwölf Monate eine Prostatakrebsuntersuchung in Anspruch nehmen. Zusätzlich sollte eine jährliche Blutuntersuchung auf einen speziellen Marker für Prostatakrebs (PSA-Wert) erfolgen, die bisher nicht von den Kassen bezahlt wird. Immerhin erkranken in Deutschland jedes Jahr circa 64 000 Männer neu an Prostatakrebs. Damit handelt es sich um die beim Mann am häufigsten auftretende bösartige Tumorerkrankung. Das Tückische an Prostatakrebs ist, dass er im Anfangsstadium nicht von Symptomen begleitet wird.

Die Ursachen seiner Entstehung sind wissenschaftlich noch nicht einwandfrei geklärt. Klar ist bisher nur, dass es eine genetische Disposition dafür gibt. Außerdem wurde ein Zusammenhang zwischen der Lebens- sowie Ernährungsweise und der Häufigkeit von Prostatakrebs festgestellt. Welche Personen sind besonders gefährdet? Vor allem Menschen, deren Väter und Brüder diese Krankheit hatten.

Check-up 35

Der Check-up ist für alle Männer ab 35 Jahren vorgesehen. Er dient der Früherkennung von Krankheiten, insbesondere von Herz-Kreislauf-, Nierenerkrankungen und Diabetes. Die Untersuchung gliedert sich in mehrere Teile. In einem ersten Gespräch möchte der Arzt alles über die medizinische Vorgeschichte des Patienten erfahren. Er fragt nach den persönlichen Lebensgewohnheiten und -umständen wie zum Beispiel medizinische Vorgeschichte, Ernährungsgewohnheiten, Alkohol- und Nikotinkonsum, Stress sowie sportliche Aktivitäten. So erhält der Patient ein individuelles Risiko-Profil.

Weitere Bestandteile des Checks sind das Abhören von Herz und Lunge, Abtasten des Bauchraumes, die Beurteilung des Bewegungsapparates, der Haut und der Sinnesorgane, Blut- sowie Urin-Untersuchungen. Laut einer Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) aus dem Jahr 2010 nehmen nur 24,1 Prozent ihrer Versicherten diesen Check in Anspruch. "Diejenigen, die sich bei mir dieser Untersuchung unterziehen, sind meistens schlank, sportlich und kerngesund. Übergewichtige, denen man aufgrund der Spätfolgen mit Rat zur Seite stehen könnte, stellen sich kaum in der Praxis vor", berichtet Dr. Christof Zingel, Facharzt für Innere Medizin in Glinde (Kreis Stormarn).

Hautkrebs-Screening

Beim Hautkrebs ist die Möglichkeit, ihn frühzeitig zu entdecken, besonders gut. Gesetzlich Versicherte haben ab dem Alter von 35 alle zwei Jahre einen Anspruch auf eine Früherkennungsuntersuchung. Hierbei wird gezielt nach den drei Hautkrebserkrankungen Basalzellkarzinom, spinozelluläres Karzinom und malignes Melanom ("Schwarzer Hautkrebs") gesucht. Da die Krankheit an jeder Stelle des Körpers entstehen kann, wird der Patient von Kopf bis Fuß kontrolliert. "Zum Hautscreening sollte auf jeden Fall jeder Mann gehen, der als Kind einer hohen Sonnenexposition ausgesetzt war oder häufig Sonnenbrände hatte", rät Sommer. Was die Entstehung von Hautkrebs betrifft, gilt für alle Menschen, besonders die Sonne in der Mittagszeit und Sonnenbrände zu vermeiden, beim Baden wasserfeste Sonnencreme zu verwenden und sich nach dem Abtrocknen noch einmal einzucremen.