Systeme mit Elektromotoren sind eine attraktive Antriebs-Alternative. Erfahrungswerte sind durchweg positiv.

Das erste Boot mit Elektromotor ging bereits 1838 aufs Wasser - der deutsche Erfinder Hermann Jacobi probierte seinen vier Jahre zuvor entwickelten Gleichstrommotor in einem Sechs-Personen-Boot aus. Dann schlummerte die Technik vor sich hin, bis vor einigen Jahrzehnten Umweltauflagen für Binnengewässer dem Antrieb Auftrieb gaben. Inzwischen gilt die "Elektromobilität" als Zukunftstechnik - für Autos, womöglich auch für Boote.

"Es macht wirtschaftlich keinen Sinn, funktionierende Dieselmotoren rauszuschmeißen und durch Elektromotoren zu ersetzen. Aber bei der Erstausrüstung ist der E-Antrieb sinnvoll", sagt Ulrich Kronberg, Redakteur der technischen Seglerzeitschrift "Palstek". Nach mehreren Artikeln meldeten sich bei der Zeitschrift ein gutes Dutzend Leser, die auf einen Elektroantrieb umgestellt hatten. Kronberg: "Die Erfahrungen waren durchweg positiv, vor allem auf Binnengewässern."

Dort sieht auch Jürgen Tracht, Geschäftsführer des Bundesverbands Wassersportwirtschaft, das Haupteinsatzgebiet, zumindest für reine Elektroantriebe. Aber auch für Jollensegler, die geräuschlos aus den Liegeboxen gleiten wollen, seien sie eine Alternative: "Torqeedo, ein echt innovatives Unternehmen, hat eine Serie von E-Außenbordern herausgebracht und eine neue Batterietechnik entwickelt, die wesentlich leichter und leistungsfähiger ist."

Hybridantriebe lösen das Problem der Energiespeicherung

Der Komfortgewinn des leisen, abgasfreien Dahingleitens ist neben dem Umweltaspekt das Hauptargument für Elektromotoren. Eine zunehmende Zahl von Bootseignern nehme die etwas höheren Kosten in Kauf, so Tracht. Doch dabei handeln sich die Elektrofans zwei weitere Nachteile ein. Tracht: "Wir wissen wenig über die Lebensdauer der Aggregate. Verbrennungsmotoren halten mindestens 15 Jahre, bei einem Großteil der Elektroantriebe fehlt uns noch die Erfahrung." Der größte Nachteil sei aber die ineffiziente Energiespeicherung: "Sie haben die Wahl: Entweder haben Sie eine sehr beschränkte Reichweite, oder Sie werden zum Batterietransporter."

Hybridantriebe helfen aus dieser Zwickmühle heraus. Es gibt zwei Varianten. Beim parallelen Antrieb sitzt der Elektromotor meist direkt an der Antriebswelle des Dieselmotors und übernimmt den Anschub in Häfen oder auf Kurzstrecken (s. Grafik). Wenn auf offenem Meer der Wind einschläft, übernimmt der Dieselmotor den Antrieb, kann dabei elektrisch unterstützt werden.

Variante zwei nutzt nur den Elektromotor zum Antrieb. Der Dieselmotor wird zum Generator, der den Strom erzeugt und nebenbei die Bordelektrik versorgt. "Diese Variante hat viel Charme", urteilt Jürgen Tracht, "denn der Generator läuft immer im gleichen Drehzahlbereich und erzielt so den optimalen Wirkungsgrad". Das System ist gerade für Segler attraktiv, denn beim Segeln läuft der Propeller im Wasser mit und lädt die Batterien auf - der E-Motor wird zum Stromgenerator. Der Diesel schweigt die meiste Zeit und wird nur gestartet, wenn bei der Fahrt unter Motor viel Leistung gefragt ist und entsprechend Strom verbraucht wird.

Diese Motorenanordnung ist in der Berufsschifffahrt längst im Einsatz (Diesel-elektrischer Antrieb). Sie nutzt die Energie deutlich effizienter als ein Dieselmotor. Denn wenn dieser - wie üblich - im Teillastbereich tuckert, sinkt der Wirkungsgrad rapide: Nur zehn Prozent der eingesetzten Energie werden in Bewegung umgesetzt.

Ein Elektromotor kann mit der halben Leistung eines Dieselmotors denselben Vortrieb erzeugen. Zudem gleichen sich die Preise der Motoren allmählich an, berichtet "Palstek". Reine E-Systeme brauchen weniger Platz (die Batterien können überall im Boot gestaut werden), sind erheblich leichter einzubauen und nahezu wartungsfrei.

Jürgen Feyerabend von der Kreuzerabteilung des Deutschen Segler-Verbands mag den Argumenten nicht folgen: "Bei der Hybridtechnik müssen die Aggregate erst einmal untergebracht werden", sagt er. "Für seegehende Schiffe sehe ich da keine Zukunft, vor allem weil das Problem der Energiespeicherung auf absehbare Zeit nicht gelöst ist."

Der Elektroantrieb bleibt also Ansichtssache. Doch innovative Bootseigner haben zunehmend mehr Auswahl, um sich eine passgenaue Lösung für ihr Boot und Fahrtverhalten einzubauen. Und auch die zahlreichen Sonderschauen zu "grünen Antriebstechniken" auf Bootsmessen zeugen davon, dass der marine Elektroantrieb allmählich in Fahrt kommt. 172 Jahre nachdem Hermann Jacobi mit ihm in Sankt Petersburg herumschipperte.