Vergangene Woche sorgte das wiederholte Brennen von Gebetsteppichen für Wirbel an der HAW in Hamburg. Im Abendblatt-Interview äußert sich ein AStA-Sprecher dazu und fordert die Uni zum Handeln auf.

Ein kürzlich ausgelöster Feueralarm an der HAW Hamburg sorgt zurzeit für reichlich Gesprächsstoff unter den Studierenden und Mitarbeitern. Im Keller des Campus am Berliner Tor ist erneut ein Karton in Brand geraten, in dem sich mehrere Gebetsteppiche befunden haben. Die Feuerwehr musste anrücken und den Brand löschen, die Polizei geht von Brandstiftung aus. Im Interview spricht Christoffer Bethmann vom AStA über den Vorfall.

Hamburger Abendblatt: Herr Bethmann, vergangene Woche sorgte der Brand einiger Gebetsteppiche an der HAW Hamburg für Schlagzeilen. Der Vorwurf des Rassismus wurde laut. Die Uni wiegelt ab und will auf das Ergebnis der Kripo warten. Unter den Studenten soll das nicht gut ankommen. Wie würden Sie daher die Stimmung an der HAW beschreiben?

Christoffer Bethmann: Die Brände haben für großes Entsetzen insbesondere bei gläubigen Studierenden, dem Studierendenparlament und dem AStA gesorgt. Klar ist für die betroffenen, gläubigen Studierenden und dem AStA, dass die Hochschule kein Raum frei von Rassismus und Diskriminierung ist und wir hier noch viel Arbeit vor uns haben.

Wovor haben die betroffenen Studenten jetzt am meisten Angst? Welche Sorgen teilen Sie Ihnen mit?

Bethmann: Die betroffenen Studierenden haben Angst, dass Gewalt, insbesondere körperliche Gewalt, während des Betens gegen sie angewendet werden könnte. Zuvor sind die Studierenden mit solch einer Situation noch nie konfrontiert gewesen. Die Studierenden beten nach wie vor im Keller. Dieser bietet keinen Schutz vor potentiellen Übergriffen. Wir wissen, dass einige Studierenden nun Angst haben, diesen Keller zum Zwecke der Religionsausübung zu betreten.

Wie geht die HAW Ihrer Meinung nach mit dem Vorfall um?

Bethmann: Wir kritisieren den Umgang mit der Thematik. Wir halten es für unverhältnismäßig, dass auf der offiziellen Homepage nichts von den Vorfällen zu hören ist. An der HAW wurden wichtige Gegenstände zur Ausführung eines Gebets von gläubigen Muslimen an einer Hochschule abgebrannt. Warum beschreibt man den Umstand nicht auf der offiziellen Website? Wir bedauern, dass die HAW offiziell dazu nicht Position bezogen hat und ein rassistisches Tatmotiv in ihrer Stellungnahme nicht in Erwägung gezogen wird. Die HAW würde gut daran tun, sich intensiv, gesprächs- und kooperationsbereit mit dem Thema auseinanderzusetzen. Und dazu gehört eben auch, sich dem Thema "Raum der Stille", die einfach einen geeigneten Raum zum Entspannen und Meditieren suchen gefordert wird, anzunehmen. Dieser wird seit Jahren vom AStA der HAW gewünscht.

Hat es in der Vergangenheit bereits Probleme mit Rassismus an der Uni gegeben?

Bethmann: Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen hat es auch an der HAW in der Vergangenheit diskriminierende Vorfälle gegeben. Diskriminierende Bemerkungen von Lehrenden in Lehrveranstaltungen sowie im Prüfungskontext, Barrieren bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, Sprüche auf dem Campus oder auf Studierendenveranstaltungen, Tragen der einschlägig rechtsextremen Kleidungsmarke "Thor Steinar" durch Studierende, rechtsextreme Symbolik in Toilettenräumen und viele mehr.

Wie versuchen Sie, das Problem an der HAW in den Griff zu bekommen?

Bethmann: Aufgrund der Wahrnehmung von Studierenden, dass Diskriminierung an der HAW stattfindet, haben wir uns als AStA dazu entschieden, ein "Referat für Antidiskriminierung" einzurichten, welches als Anlaufstelle für Betroffene als auch für Interessierte gilt. Wir möchten hervorheben, dass an der HAW ebenfalls viele engagierte Studierende sowie Lehrende sich aktiv mit der Bekämpfung verschiedenster Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung beschäftigen.

Sie sind im AStA Referent für Antifaschismus. Kommen viele Betroffene momentan auf Sie zu?

Bethmann: Zurzeit sind wir im Kontakt mit mehreren betroffenen Studierenden. Zudem haben sich auf unserer Facebook-Seite mehrere betroffene Studierende zu Wort gemeldet.

Haben einige potentielle Studenten nun möglicherweise Bedenken, sich für die HAW einzuschreiben?

Bethmann: Wir haben den Eindruck, dass internationale Studierende sowie Studierende „mit Migrationsgrund“ gerne an die HAW kommen. Diesen Zustand möchten wir mindestens beibehalten, im besten Falle eine Atmosphäre der Akzeptanz und Vielfalt sogar erweitern. Dafür benötigt die HAW unserer Auffassung nach jedoch mehr aktive Antidiskriminierungsarbeit und entsprechende (Lehr-)Veranstaltungen, die eben Rassismus, Sexismus usw. zum Thema machen. Ein "Raum der Stille" wäre da ein erster Schritt in die richtige Richtung. Schließlich gibt es den auch schon in anderen Institutionen wie der UHH, dem Flughafen und am Hauptbahnhof.

Im Oktober plant der AStA eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema. Was muss sich Ihrer Meinung nach bis dahin auf dem Campus ändern?

Bethmann: Wir wünschen uns, dass sich die HAW zu dem Thema öffentlich positioniert. Gleichzeitig fordern wir im nächsten Semester Gespräche mit der Hochschulleitung und dem Präsidium der HAW zum Thema "Raum der Stille", sowie eine zeitnahe Umsetzung ein. Wir halten es für notwendig, dass die HAW eine aktive Rolle in der Antidiskriminierungsarbeit einnimmt und diese ausbaut.