Berlin. CDU-Chef Friedrich Merz unterstützt jetzt doch die Frauenquote. Es ist höchste Zeit dafür. Und für seine Partei überlebenswichtig.

Wer als Mann über die Frauenquote schreibt, macht sich gewissermaßen von Natur aus angreifbar. „Was weiß der denn schon von der Lage der Frauen?“, heißt es dann. Der Einwand ist nachvollziehbar. Denn es ist richtig, dass Männer in Deutschland auch heute noch allein aufgrund ihres Geschlechts vielfach bevorteilt werden und es meist nicht einmal merken. Das gilt besonders in Karrierefragen, wo Frauen oft das Nachsehen haben, während die männlichen Kollegen wie selbstverständlich an ihnen vorbeiziehen.

Vor allem altmodische Chefs befördern lieber Männer, weil die ja angeblich familiär weniger Verantwortung tragen und sich damit mutmaßlich stärker im Job engagieren können als die Kollegin, die sich als Mutter um die kranken Kinder kümmert und ja sowieso lieber Teilzeit will. Um es klar zu sagen: Das ist Denken von vorgestern.

Es ist empirisch erwiesen, dass gemischte Teams aus Frauen und Männern erfolgreicher sind. Genau deswegen wird in fortschrittlichen Unternehmen inzwischen darauf geachtet, dass es keine reinen Jungs-Abteilungen mehr gibt. Die stärkere Beteiligung von Frauen ist dort ein marktwirtschaftliches Argument. Mehr Frauen heißt mehr Gewinn und damit mehr Erfolg.

Frauenquoten in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst setzen sich nur langsam durch

Diese Erkenntnis setzt sich aber leider nur langsam durch. Gerade in Führungspositionen sind Frauen sowohl in der Privatwirtschaft wie im öffentlichen Dienst noch immer unterrepräsentiert. Die Einführung einer Quote in Firmenvorständen und Aufsichtsräten hat den Frauenanteil in den Chefetagen dennoch ansteigen lassen und zugleich ein breiteres öffentliches Bewusstsein für einen bestechend einfachen Zusammenhang geschaffen:

Frauen machen die Hälfte der Bevölkerung aus, also sollte ihnen auch die Hälfte der Mitsprache gehören. Man könnte auch sagen: der Macht. Es ist ein Anrecht, das ihnen oftmals ausgerechnet von uns Männern streitig gemacht wird.

Gewiss gibt es das Argument gegen die Quote, Frausein an sich sei ja noch keine Qualifikation. Korrekt. Mannsein übrigens auch nicht. Und doch müssen Männer ihre fachliche Eignung selten so hartnäckig unter Beweis stellen wie Frauen. Warum eigentlich nicht?

Eine Quote erleichtern Frauen die Karriere im Wettbewerb mit Männern

Eine Quote wäre für viele Frauen eine Erleichterung. Sie müssten nicht mehr ihre Ellbogen ausfahren und die Wettbewerbsspielchen der Jungs mitmachen. Zudem ist eine solche Regelung ein Instrument, um auf die Hälfte der zu vergebenden Posten gewissermaßen ein Reservierungsschildchen zu stellen mit der Aufschrift: „Hier sitzt eine Frau.“

Das sollte in Zukunft auch für Parlamente gelten, die das Zentrum der Demokratie bilden und daher die Zusammensetzung der Bevölkerung widerspiegeln sollten. Auch die Parteien müssen sich in diese Richtung bewegen. Aus ihnen entstammt immerhin das politische Personal des Landes.

CDU-Chef Friedrich Merz gibt seinen Widerstand gegen die Quote auf

SPD, Grüne und Linke bekennen sich längst zur Geschlechterquote. Doch ausgerechnet die CDU, die mit Angela Merkel die erste Kanzlerin stellte, tut sich bei diesem Thema schwer. Dabei hätte es die Union dringend nötig, sich an dieser Stelle zu modernisieren. Drei Viertel ihrer Mitglieder sind Männer, der Altersdurchschnitt lag zuletzt bei 60,8 Jahren. Ein gemischtes Team ist das nicht.

Dass Parteichef Friedrich Merz – kein Freund der Quote – jetzt beidreht und trotz mehrfach erklärter persönlicher Skepsis doch eine solche Regelung für die CDU unterstützt, zeugt von Realitätssinn. Denn will die Union in Zukunft erfolgreich sein, muss sie Frauen mehr Chancen bieten – und damit auch eine Option zu mehr Macht.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.