Berlin. Nach wochenlangen Spannungen ist Baerbock nach Kiew gereist. Jetzt soll der ukrainische EU-Beitritt entschieden werden. Ein Kommentar.

Geht doch. Nach all den überflüssigen deutsch-ukrainischen Verstimmungen der vergangenen Wochen ist Annalena Baerbock nach Kiew gereist. Wie wenig angemessen der Streit über Befindlichkeiten auf beiden Seiten war, zeigte sich bei Baerbocks Besuch in Butscha. An diesem Ort des Grauens, der zum Synonym russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine geworden ist, relativieren sich Fragen des diplomatischen Umgangs sehr schnell.

Nun also eröffnet Deutschland seine Botschaft in Kiew wieder. Der Blick geht nach vorn. Das ist höchste Zeit. Denn in der Ukraine geht es längst nicht mehr „nur“ um Waffenlieferungen oder humanitäre und finanzielle Hilfe. Vielmehr stehen in Europa bereits jetzt geostrategische Weichenstellungen für eine mögliche Nachkriegsordnung an.

Ukraine will in die EU – das kann lange dauern

Da sind vor allem die Debatten über einen beschleunigten EU-Beitritt der Ukraine. Brüssel hat für Juni eine Antwort auf den Aufnahmeantrag aus Kiew angekündigt. Das klingt nach viel Tempo.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dagegen pocht auf die gängigen Verfahren, die „Jahrzehnte“ in Anspruch nehmen könnten. Und Baerbock? Drückte sich in dieser Frage zuletzt um allzu klare Aussagen herum. Der russische Angriffskrieg erlaube es nicht, schon jetzt weitere Schritte zu planen.

Ulrich Krökel fordert eine Antwort des Westens auf die Frage: Wie soll die Zukunft der Ukraine aussehen?
Ulrich Krökel fordert eine Antwort des Westens auf die Frage: Wie soll die Zukunft der Ukraine aussehen? © Privat

Allerdings verlangt auch niemand nach einer Strichliste zum Abhaken. Gefragt sind vielmehr kluge Ideen. Macron denkt über die Schaffung einer neuen „politischen Gemeinschaft“ als Ergänzung zur EU nach, in der es einen Premiumplatz für die Ukraine geben könnte.

Das klingt zwar noch nebulös, weist aber in die richtige Richtung. Wenn Baerbock tatsächlich so für Europa brennt, dann muss da aus Berlin bald mehr kommen. Dann muss sie zur Not ihren Kanzler zum Jagen tragen. Bei den Waffenlieferungen hat es ja auch funktioniert.