Berlin. Die Inflation lässt Lebensmittelpreise explodieren. Menschen mit Hatz IV trifft das besonders. Verband warnt vor steigendem Mundraub.

  • Die Lebensmittelpreise steigen im Zuge des Krieges in der Ukraine weiter an
  • Hartz-IV-Empfänger trifft die Inflation besonders
  • Ein Verband sendet deshalb eine etwas ungewöhnliche Warnung

Der Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie lassen die Kosten in vielen Bereichen ansteigen. Die Inflation erreichte im März 7,3 Prozent und damit den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. So zahlt man für ein Pfund Butter mittlerweile zwischen zwei und drei Euro im Supermarkt. Menschen mit geringem Einkommen oder Empfängerinnen und Empfänger von Hartz IV treffen die Teuerungen besonders stark.

Der Bremer Erwerbslosenverband warnt in einem Beitrag der NDR-Sendung "buten un binnen" vor drastischen sozialen Folgen dieser Entwicklung.

Hartz IV Berater-fürchtet: "Die Leute gehen klauen"

Die Organisation berät Leute, die Hartz IV beziehen und andere arme Menschen, deren Situation sich durch die Teuerungsrate akut verschärft. So beschreibt Tobias Helfst vom Erwerbslosenverband die Abwärtsspirale: "Die Leute leihen sich Geld und sie zahlen erstmal ihre Rechnungen nicht, die sie zahlen müssen." Doch wenn beispielsweise die Stromrechnung liegen bliebe, ziehe das nur weitere Schulden in den kommenden Monaten nach sich.

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    Helfst befürchtet: „Die Leute gehen klauen.“ Und ergänzt, dass er damit den Bereich des sogenannten Mundraubs meine. Also den Diebstahl von Lebensmitteln in geringer Menge für private Zwecke. "Die Anzahl der Ladendiebstähle, da gehe ich von aus, wird steigen."

    Lesen Sie hier: Hartz 4: Drastische Entwicklung - Dringende Reform gefordert

    Hartz IV: So viel Geld steht für Lebensmittel zur Verfügung

    Doch wie realistisch ist diese Einschätzung, wie viel Geld steht Empfängerinnen und Empfängern von Hartz IV im Monat für Lebensmittel zur Verfügung? Zuletzt wurden die Hartz-IV-Regelsätze zum 1. Januar 2022 angehoben. Insgesamt werden 34,7 Prozent der kompletten Hartz-IV-Leistung für Lebensmittelkosten eingeplant.

    Eine alleinstehende Person bekommt demnach für Nahrung im Monat 155,82 Euro überwiesen. Dabei erhöhten sich im März die Preise für Nahrungsmittel um 6,2 Prozent im Jahresvergleich - und im Vergleich zum Februar sogar um 5,3 Prozent. Verbraucherinnen und Verbraucher mussten für Sonnenblumen- oder Rapsöl 30 Prozent mehr als vor einem Jahr bezahlen, für frisches Gemüse fast 15 Prozent mehr und für Kaffeeprodukte fast neun Prozent mehr.

    Lesen Sie dazu: Inflation im März bei 7,3 Prozent – Lindner in großer Sorge

    Hartz IV reicht nicht für eine gesunde Ernährung

    Laut Experten reichte das Geld von Empfängerinnen und Empfängern von Hartz IV schon vorher nicht für eine gesundheitsfördernde Ernährung. Mit der hohen Inflationsrate wird es noch schwieriger.

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    Hartz IV – Infos und Fakten zum Arbeitslosengeld II

    • Bedeutung: Hartz IV ist die finanzielle Unterstützung für "arbeitsfähige Arbeitssuchende" in Deutschland.
    • Einführung: Hartz IV wurde 2005 unter der grün-roten Bundesregierung von Gerhard Schröder eingeführt.
    • Empfängerinnen und Empfänger: Rund 3,6 Millionen Menschen haben laut der Bundesagentur für Arbeit im Dezember 2021 Hartz IV erhalten.
    • Sanktionen: Wenn Hartz-IV-Empfänger ihren Pflichten nicht nachkommen, können Leistungen gekürzt werden.
    • Träger: Für die Auszahlung von Hartz IV sind die Jobcenter zuständig.
    • Kritik: Kritikerinnen und Kritiker bemängeln vor allem, dass Hartz IV nicht für einen angemessenen Lebensstandard reiche – viele Empfängerinnen und Empfänger sind von Armut bedroht.

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    Wie hoch die Regelsätze für Hartz IV insgesamt liegen, wird vom Bundesarbeitsministerium auch anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) festgelegt. Das Problem: Die EVS wird nur alle fünf Jahre durchgeführt. Die letzte fand 2018 statt. Und damit vor der Pandemie, vor dem Krieg - und vor der Preisexplosion. (vad/fmg)

    Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de