Berlin. Die bisherige Corona-Bilanz des Bundeskanzlers ist nicht schlecht. Olaf Scholz droht nun aber ein heftiger Rückschlag.

Kurz nach seinem Amtsantritt hat Olaf Scholz Mitte Dezember seine erste Rede im Bundestag als Bundeskanzler gehalten. Nach wenigen Worten kam Scholz auf die Corona-Pandemie zu sprechen, er zeichnete ein düsteres Bild und stimmte die Bevölkerung auf einen harten Winter ein. „In diesen Tagen fällt es manchmal schwer, den Mut nicht zu verlieren“, sagte der Kanzler. Viele fragten sich: „Geht das jetzt immer so weiter oder wird es wieder besser?“ Und Scholz versprach: „Ja, es wird wieder besser.“

Danach wurde erst einmal nichts besser, zumindest im Hinblick auf die täglichen Neuinfektionen. Die Omikron-Variante des Coronavirus trieb die Inzidenzen auf Höhen, wie sie Deutschland seit Beginn der Pandemie noch nicht erlebt hatte. Kontaktbeschränkungen und Zugangsauflagen galten fort. Wenigstens verliefen Infektionen mit der Omikron-Variante meist milder, sodass weder der befürchtete Zusammenbruch des Gesundheitssystems noch dramatische Einschränkungen der kritischen Infrastruktur das Land heimsuchten.

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Scholz plant den Corona-Kurswechsel

Jetzt sieht Scholz den Moment nahen, an dem es besser wird. Der Höhepunkt der Welle sei in Sicht, sagt der Kanzler und kündigt an, bei dem nächsten Corona-Gipfel von Bund und Ländern in der kommenden Woche „einen ersten Öffnungsschritt und dann weitere für das Frühjahr in den Blick zu nehmen“. Das ist ein bedeutender Kurswechsel, da Scholz in der Pandemie zum politischen Team Vorsicht zählt.

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Es ist kein Zufall, dass Scholz für diese Ankündigung eine Ansprache im Bundesrat wählte. Schließlich müssen sich Bund und Länder auf eine Strategie zur Öffnung verständigen. Das hat seit dem Amtsantritt des Sozialdemokraten besser geklappt als zuletzt unter seiner Vorgängerin im Kanzleramt. Wobei auch Scholz beobachten musste, wie Ministerpräsidenten dann doch ihr eigenes Ding machten, weil sie ihren Bürgern mehr Freiheit gönnen wollten. Gerne würde man einmal aus dem Mund von Olaf Scholz hören, was er im Stillen über die Politik des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder denkt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besucht den Bundesrat und kündigt Öffnungsschritte an.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besucht den Bundesrat und kündigt Öffnungsschritte an. © dpa | Wolfgang Kumm

Die Bilanz des Kanzlers ist zwiespältig

Der CSU-Politiker ist aktuell der lauteste Verfechter von Öffnungen, andere sitzen im Kabinett von Olaf Scholz und nennen ein FDP-Parteibuch ihr Eigen. In diesem Spannungsfeld aus eigener Vorsicht, einem drängenden Koalitionspartner und aus der Reihe tanzender Landeschefs ist es Scholz gelungen, das Land im internationalen Vergleich gut durch den Omikron-Winter zu steuern.

Allerdings droht der Pandemie-Bilanz des Kanzlers ein großer Makel - und der hängt mit dem Impfen zusammen. Zwar hat Scholz es durch die Berufung eines Bundeswehrgenerals zum Krisenmanager geschafft, eine erfolgreiche Booster-Kampagne zu fahren, der es nie an Impfstoff mangelte. Dem bereits einmal verschobenen Ziel, vier Fünftel der Bevölkerung mindestens einmal zu impfen, nähern wir uns aber nur noch im Schneckentempo. Ein regelrechtes Desaster könnte für Scholz jedoch die Impfpflicht werden.

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Die Impfpflicht ist ein Problem für Scholz

Entschieden hatte sich der Kanzler dafür ausgesprochen, alle Erwachsenen zur Impfung zu verpflichten. Scholz hält dies für gerecht, für richtig und wichtig, um gegen die nächste Welle gewappnet zu sein. Weil die FDP ihn aber nicht unterstützte, gab Scholz das Vorhaben in die Hände des Parlaments. Dort scheinen sich die Abgeordneten nun heillos in der komplizierten juristischen Materie zu verstricken. Über Umsetzbarkeit, Zeitpläne und verlässliche Mehrheiten herrscht vollkommene Unklarheit. Scheitert die Impfpflicht, ist dies eine herbe Niederlage für den Kanzler, weil er sie nicht durchzusetzen vermochte.