Berlin. 2017 scheiterte die Jamaika-Koalition krachend in den Sondierungsgesprächen. 2021 könnte Schwarz-Gelb-Grün eine neue Chance bekommen.

Den meisten Menschen dürfte die Jamaika-Koalition vor allem deswegen ein Begriff sein, weil sie nach der Bundestagswahl 2017 mit dem plötzlichen Abgang der FDP dramatisch scheiterte. Damals hatten die Liberalen die Verhandlungen nach über vier Wochen abgebrochen. Es gäbe keine Vertrauensbasis für eine Regierung, sagte FDP-Chef Christian Lindner damals. Es sei "besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren".

Doch in der diesjährigen Bundestagswahl gilt das Dreierbündnis zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen wieder als gut möglich.

Basierend auf aktuellen Umfrageergebnissen könnte das Jamaika-Trio am Wahlsonntag die Mehrheit der Stimmen erhalten. Auch inhaltlich gilt das Bündnis als realistische Option. Bisher hat keine der infrage kommenden Parteien eine Jamaika-Koalition ausgeschlossen. Der Union böte die Konstellation zudem die wahrscheinlichste Chance, das Kanzleramt zu verteidigen und Armin Laschet zum Regierungschef zu machen.

Gab es schon mal eine Jamaika-Koalition?

Auf Bundesebene ist eine Jamaika-Koalition bisher noch nie zustande gekommen. Ein schwarz-gelb-grünes Bündnis auf Landesebene gab es dagegen mehrfach: von 2009 bis 2012 im Saarland und in der seit 2017 regierenden Landesregierung Schleswig-Holsteins.

Die Zahl der möglichen Koalitionen ist groß. Eine davon ist die Jamaika-Koalition - das Bündnis aus schwarz-gelb-grün.
Die Zahl der möglichen Koalitionen ist groß. Eine davon ist die Jamaika-Koalition - das Bündnis aus schwarz-gelb-grün.

Ob es diesmal auch im Bundestag mit einem solchen Dreierbündnis klappt, werden nach den Wahlergebnissen bei entsprechender Mehrheit die Sondierungsgespräche zeigen. Die Anhängerinnen und Anhänger der Grünen stehen einer solchen Koalition allerdings nicht sehr positiv gegenüber: Laut einer Civey-Meinungsumfrage im Auftrag des "Spiegel" sprechen sich 75 Prozent gegen ein Jamaika-Bündnis aus. Von den befragten FDP-Wählenden waren es nur 32 Prozent. Unions-Anhänger wurden nicht befragt.

Wo haben CDU/CSU, Grüne und FDP ähnliche Ansichten?

Zusammenkommen könnten die drei Parteien beim Thema Bildung. Alle drei Parteien planen Investitionen in die frühkindliche Förderung, in Schulen und Schulsozialarbeit. Grüne und FDP planen zudem jeweils Schritte für eine fortschrittlichere Digitalisierung.

Auch eine Weiterentwicklung des Elterngelds wäre unter einer Jamaika-Regierung möglich. Bei der Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage (EGG) planen Union und Liberale die sofortige (CDU/CSU) beziehungsweise schrittweise (FDP) Abschaffung, Grün plant einen automatischen Auslauf von der Förderung zur Absicherung.

Weitere Richtungs-Überschneidungen der Parteien gibt es im Bereich der Pflege und beim Renteneintrittsalter, wobei sich die genaue Umsetzung der Pläne teilweise unterscheidet. Hier müsste im Falle einer Jamaika-Koalition verhandelt werden. Ebenso wie in asylpolitischen Fragen.

Wo gibt es Unterschiede zwischen den Parteien?

Den größten Zwist zwischen den drei Parteien gibt es zweifelsohne in Klimafragen, wo die Grünen strengere und radikalere Positionen einnehmen als ihre konservativeren Bündnispartner im Jamaika-Gespann.

Verschiedene Positionen nehmen die Parteien auch in Steuerfragen und in der Mietpolitik ein. Während sich FDP und Union inhaltlich eher näher stehen und Steuerentlastungen wollen, fordern die Grünen eine Vermögenssteuer und Erhöhungen für Vermögende. Grün will zudem eine Reform der Schuldenbegrenzung, was CDU/CSU und FDP ablehnen.

In der Mietpolitik drohen Meinungsverschiedenheiten, weil Grüne den Markt mit einer Mietobergrenzen und einer verschärften Mietpreisbremse besser kontrollieren will. Union und FDP lehnen einen Mietendeckel allerdings ab.

Was sagen Politiker zu einer Jamaika-Koalition?

Sowohl Christian Lindner als auch Armin Laschet gehen offen mit Jamaika als ihrer favorisierten Bündnis-Option um. Am Freitag vor der Bundestagswahl unterstrich Lindner im ZDF-"Morgenmagazin" die inhaltliche Nähe zu Schwarz-Grün: "Richtig ist, dass es mit Union und Grünen einfacher ist als mit SPD und Grünen", sagte er und spielte damit auch auf eine mögliche Ampelkoalition an.

Auch der derzeitige NRW-Ministerpräsident Laschet äußerte sich am Freitag entsprechend. Er werde alles dafür tun, "dass wir eine bürgerlich geführte Regierung bekommen", erklärte er im "Morgenmagazin" und teilte erneut seine Warnung vor einem linken Bündnis. Laschet und Lindner kennen sich zudem bereits aus dem nordrhein-westfälischen Landtag, wo Schwarz-Gelb eine Koalition bildet und sind nach eigenen Angaben befreundet.

Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock äußert sich kurz vor der Bundestagswahl nur vage über die Jamaika-Option. Bei der TV-Schlussrunde in ARD und ZDF sagte sie, den Grünen gehe es um eine "Klimaregierung" – und die werde man mit den Parteien aufbauen, mit denen das "am besten gelingen" werde.

Ob Lindner und Laschet sich am Ende auch mit Baerbock anfreunden werden, werden die gegebenenfalls stattfindenden Verhandlungen nach der Bundestagswahl zeigen.