Paris. Ein neues Buch über Frankreichs Präsidentengattin sorgt für Wirbel: Ist Brigitte Macron die Strippenzieherin im Élysée-Palast?

Fast überall auf der Welt wird die Gattin des Staatsoberhaupts „First Lady“ genannt. In Frankreich hingegen, wo Anglizismen verpönt sind, heißt sie normalerweise „Première Dame“ (Erste Dame). Im engsten Mitarbeiterstab von Präsident Emmanuel Macron kursiert aber eine andere Bezeichnung. Dort spricht man von „la Présidente“, von der Präsidentin, wenn die Rede auf Brigitte Macron kommt.

Nicht aus Ehrfurcht etwa, sondern eher mit einer Mischung aus Ärger und Neid. Die Meinung seiner Ehefrau soll nämlich für den jungen Staatschef mehr zählen als die Ratschläge seiner brillanten Berater. Diese würden die in ihren Augen viel zu einflussreiche „Première Dame“ am liebsten zum Teufel wünschen.

Vieles spricht dafür, dass diese Anekdote aus dem Élysée-Palast, die die beiden Journalistinnen Ava Djamshidi und Nathalie Schuck in einem gerade erschienenen Buch erzählt haben, tatsächlich stimmt. Und falls Brigitte Macron das Werk mit dem Titel „Madame la Présidente“ schon gelesen hat, dürfte sie amüsiert gelächelt haben. Denn wenn „Bibi“, wie sie ihr Mann zärtlich zu nennen pflegt, etwas auszeichnet, dann ist es ihr Humor.

Brigitte Macron kritisiert belehrenden Präsidenten

Von dem wissen nicht nur Freunde und Bekannte zu berichten, sondern so ziemlich alle, die sie kennengelernt haben. Nur wenn der Präsident über die Stränge schlägt, soll sie ziemlich ärgerlich werden.

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Insider berichten, dass „Bibi“ ihrem Gatten eine regelrechte Standpauke hielt wegen seiner belehrenden und hochnäsig wirkenden Bemerkungen, mit denen er sich so viele Sympathien bei seinen Landsleuten verscherzt hat.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine Frau im März 2018 in Paris.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine Frau im März 2018 in Paris. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content

Sätze wie „Ich brauche nur über die Straße zu gehen und finde für Sie einen Job“, mit der das Staatsoberhaupt einen Arbeitslosen abfertigte, oder seine Klagen über die veränderungsunwilligen, sich ewig beschwerenden Gallier fand die „Première Dame“ ganz und gar nicht lustig.

Neues Buch bietet kaum brisante Enthüllungen

Es war wohl kein Zufall, dass sich Macron kurz darauf öffentlich für seine verletzenden Äußerungen entschuldigte. Aber ist Brigitte Macron wirklich die Schattenpräsidentin Frankreichs? Die Frage scheint auf ein gewaltiges Interesse zu stoßen, wie die in nur drei Tagen vergriffene Startauflage des ihr gewidmeten Porträts nahelegt.

Da das Buch jedoch kaum mit brisanten Enthüllungen aufwartet, drängt sich noch eine weitere Erklärung für seinen Erfolg auf: Die Franzosen möchten einfach mehr wissen über die fraglos aus dem Rahmen fallende Persönlichkeit ihrer 65-jährigen „Première Dame“.

Die Karriere von Präsident Macron

Europa im Blick: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht sich für eine Neugestaltung der Politik der Europäischen Union stark. Bilder seiner Karriere.
Europa im Blick: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht sich für eine Neugestaltung der Politik der Europäischen Union stark. Bilder seiner Karriere. © REUTERS | POOL
Emmanuel Macron ist der jüngste Präsident Frankreichs. Mit 39 Jahren wurde er zum Staatsoberhaupt gewählt. Die Stichwahl am 14. Mai 2017 entschied er klar für sich. Auch bei der Wahl zur Nationalversammlung im Juni erreichte seine Partei die absolute Mehrheit.
Emmanuel Macron ist der jüngste Präsident Frankreichs. Mit 39 Jahren wurde er zum Staatsoberhaupt gewählt. Die Stichwahl am 14. Mai 2017 entschied er klar für sich. Auch bei der Wahl zur Nationalversammlung im Juni erreichte seine Partei die absolute Mehrheit. © Getty Images | Aurelien Meunier
Hinter Macron steht die von ihm 2016 gegründete politische Bewegung „En Marche!“ (In Bewegung). Einen klassischen Parteiapparat hat er bislang nicht. Macron führte sein Wahlkampfteam wie ein Start-Up-Unternehmen.
Hinter Macron steht die von ihm 2016 gegründete politische Bewegung „En Marche!“ (In Bewegung). Einen klassischen Parteiapparat hat er bislang nicht. Macron führte sein Wahlkampfteam wie ein Start-Up-Unternehmen. © dpa | Michel Spingler
Der Arztsohn war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie., dann holte ihn der damalige Präsident François Hollande als Berater in den Elysée-Palast. Von 2014 bis 2016 war er Wirtschaftsminister.
Der Arztsohn war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie., dann holte ihn der damalige Präsident François Hollande als Berater in den Elysée-Palast. Von 2014 bis 2016 war er Wirtschaftsminister. © REUTERS | FRANCOIS LENOIR
Anschließend ist Macron aus dem Schatten seines Mentors im Elysée-Palast getreten, hat eine politische Blitzkarriere gemacht und den Sozialisten beerbt.
Anschließend ist Macron aus dem Schatten seines Mentors im Elysée-Palast getreten, hat eine politische Blitzkarriere gemacht und den Sozialisten beerbt. © REUTERS | REGIS DUVIGNAU
Macron ist unkonventionell, er will „weder rechts noch links“ sein.
Macron ist unkonventionell, er will „weder rechts noch links“ sein. © REUTERS | REUTERS / JEAN-PAUL PELISSIER
 Er gilt als Mitte-Links-Politiker, seine Ausrichtung ist sozialliberal.
Er gilt als Mitte-Links-Politiker, seine Ausrichtung ist sozialliberal. © REUTERS | BENOIT TESSIER
Berührungsängste hat er jedenfalls nicht. Weder bei den französischen Bürgern, ...
Berührungsängste hat er jedenfalls nicht. Weder bei den französischen Bürgern, ... © REUTERS | POOL
... noch bei Tieren.
... noch bei Tieren. © dpa | Eric Feferberg
Manche nennen den Politjungstar den „französischen Kennedy“. Schon vor der Wahl war von einer „Macromania“ die Rede.
Manche nennen den Politjungstar den „französischen Kennedy“. Schon vor der Wahl war von einer „Macromania“ die Rede. © Getty Images | Aurelien Meunier
Verheiratet ist Macron seit 2007 mit Brigitte Macron. Die beiden kennen sich seit seiner Schulzeit.
Verheiratet ist Macron seit 2007 mit Brigitte Macron. Die beiden kennen sich seit seiner Schulzeit. © dpa | Eric Feferberg
Brigitte Macron war damals seine Französischlehrerin. Sie hat drei Kinder aus erster Ehe, zwei davon älter als Macron.
Brigitte Macron war damals seine Französischlehrerin. Sie hat drei Kinder aus erster Ehe, zwei davon älter als Macron. © dpa | Christophe Ena
Das ungewöhnliche Paar bringt Glamour in den Élysée-Palast.
Das ungewöhnliche Paar bringt Glamour in den Élysée-Palast. © dpa | Yoan Valat
Macron ist wie so viele andere Spitzenpolitiker Frankreichs Absolvent der Elite-Hochschule ENA. Doch er sieht sich nicht als Teil des politischen Establishments, sondern als Erneuerer, der Frankreich aufrütteln und modernisieren will.
Macron ist wie so viele andere Spitzenpolitiker Frankreichs Absolvent der Elite-Hochschule ENA. Doch er sieht sich nicht als Teil des politischen Establishments, sondern als Erneuerer, der Frankreich aufrütteln und modernisieren will. © dpa | Eric Feferberg
Der haushohe Sieg bei der Parlamentswahl gibt Macron ausreichend Rückhalt für sein Reformprogramm.
Der haushohe Sieg bei der Parlamentswahl gibt Macron ausreichend Rückhalt für sein Reformprogramm. © Getty Images | Sylvain Lefevre
Der achte Präsident der Fünften Republik will die französische Wirtschaft wieder in Schwung bringen.
Der achte Präsident der Fünften Republik will die französische Wirtschaft wieder in Schwung bringen. © dpa | Valentin Flauraud
Dafür plant er unter anderem eine Lockerung des Arbeitsrechts.
Dafür plant er unter anderem eine Lockerung des Arbeitsrechts. © dpa | Etienne Laurent
Ob das an seiner Beliebtheit kratzen wird?
Ob das an seiner Beliebtheit kratzen wird? © REUTERS | POOL
Macron, die mächtigste Frau Europas und der mächtigste Mann der Welt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der US-Präsident Donald Trump sind zwei Spitzenpolitiker, an denen Macron seit seinem Amtsantritt ganz wesentlich seine Selbstdarstellung ausgerichtet hat.
Macron, die mächtigste Frau Europas und der mächtigste Mann der Welt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der US-Präsident Donald Trump sind zwei Spitzenpolitiker, an denen Macron seit seinem Amtsantritt ganz wesentlich seine Selbstdarstellung ausgerichtet hat. © REUTERS | REUTERS / POOL
Auf dem EU-Gipfel in Brüssel (Belgien) am 28. Juni 2018 zeigte der selbstbewusste junge Staatschef demonstrativ die Nähe zu Merkel.
Auf dem EU-Gipfel in Brüssel (Belgien) am 28. Juni 2018 zeigte der selbstbewusste junge Staatschef demonstrativ die Nähe zu Merkel. © dpa | Geert Vanden Wijngaert
Auch den amerikanischen Präsidenten Donald Trump traf Macron 2017.
Auch den amerikanischen Präsidenten Donald Trump traf Macron 2017. © Getty Images | Matt Cardy
In Frankreich trifft Macron auch auf viel Widerstand mit seiner Politik. Hier protestieren in Paris Demonstranten gegen Macrons Plan für eine Justizreform.
In Frankreich trifft Macron auch auf viel Widerstand mit seiner Politik. Hier protestieren in Paris Demonstranten gegen Macrons Plan für eine Justizreform. © dpa | Francois Mori
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Richtig – die grazile, stets braun gebrannte Blondine, ist 24 Jahre älter als ihr Präsidentengatte. Das hat von Anfang an für Aufregung gesorgt und tut es immer noch. In den Pariser Salons wird die siebenfache Großmutter recht unhöflich als „die Alte“ tituliert.

Brigitte Macron ist stets stilsicher unterwegs

Aufgebracht hat das ausgerechnet François Hollande, Macrons Vorgänger im Präsidentenamt, der bei den zwei schlagzeilenträchtigen Wechseln seiner Lebensgefährtinnen sorgfältig darauf achtete, dass die neue jeweils mindestens zehn Jahre jünger war als die verflossene.

Mit der Eleganz freilich hatte Hollande es noch nie. Ganz in Gegensatz zu Brigitte Macron, von der noch keine einzige abfällige Bemerkung oder Stichelei publik wurde. Und wenn Hollandes Markenzeichen seine ewig schief hängende Krawatte war, so ist die „ Präsidentin“ bekannt für ihre hochhackigen Auftritte in immer wieder für Geraune sorgenden Designerkleidern.

Als oberste Repräsentantin der Haute Couture, da sind sich die Modefans einig, kann Brigitte es sogar mit dem Ex-Model Carla Bruni aufnehmen, die an der Seite von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy eine besonders stilbewusste „Première Dame“ abgab.

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    Suchte Brigitte Macron den Bildungsminister aus?

    Von den offiziellen Verpflichtungen an der Seite ihres Gatten einmal abgesehen pflegt Brigitte Macron übrigens eher die Diskretion. Dass sie sich nachdrücklich für behinderte Menschen und kranke Kinder engagiert, ist zwar bekannt. Aber von den Medien lässt sie sich dabei nur höchst selten begleiten.

    Sie spiele eben viel lieber die Strippenzieherin im Hintergrund, lästern Kritiker, die glauben, dass die „Première Dame“ ihre Hauptaufgabe darin sieht, den Präsidenten zu „coachen“. Auch bei der Berufung von Regierungsmitgliedern komme ihr eine nicht zu unterschätzende Rolle zu, heißt es.

    Macron verlässt sich häufig auf die gute Menschenkenntnis, die man seiner Frau nachsagt. Es war Brigitte, die ihren Mann auf den weitestgehend unbekannten Jean-Michel Blanquer aufmerksam machte. Ihr Hinweis („Schau dir den mal näher an“) erwies sich als goldener Tipp.

    Bildungsminister Blanquer gilt heute als eine der populärsten Persönlichkeiten im Kabinett. Selbst dass Macron vor drei Wochen überraschend einen Staatssekretär für den Schutz von Minderjährigen berief, soll in erster Linie dem Drängen der „Première Dame“ geschuldet sein.

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      Die Ex-Lehrerin baute den verknallten Schüler erst auf

      Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau, weiß das Sprichwort. Im Fall von Brigitte Macron, so die These des Buchs „Madame la Présidente“, soll es aber die Frau gewesen sein, die ihren Mann erst stark machte.

      Ganz gezielt habe die Ex-Lehrerin den rettungslos in sie verknallten Schüler Emmanuel zu jenem Überflieger aufgebaut, der mit 39 Jahren zum jüngsten Präsidenten der V. Republik wurde. „Er schuldet ihr alles. Wenn er Präsident ist, dann dank ihr“, zitieren die beiden Autorinnen einen Vertrauten des Staatsoberhaupts.

      Wahrheit oder Legende? Emmanuel Macron hat die Beziehung zu seiner Frau einmal als eine fast seelenverwandte Komplizenschaft beschrieben. Eine Komplizenschaft, der das beständige Lästern über den Altersunterschied des Paars ganz offenbar nichts anhaben kann.

      Auch die Spekulationen, wie groß der Einfluss der „Première Dame“ auf den Präsidenten ist, dürften weitergehen. Zumal Letzterer den Eindruck erweckt, nach wie vor so verliebt zu sein in die selbstbewusste und attraktive Frau an seiner Seite wie am ersten Tag.