Washington. Vor einem Jahr legte Donald Trump seinen Amtseid als 45. US-Präsident ab. Was hat er bis jetzt geschafft – und was nicht? Eine Bilanz.
Es ist von hoher Symbolik, dass der Vorabend des ersten Jahrestags der Präsidentschaft Donald Trumps mit der akuten Gefahr eines Regierungsstillstands in Washington einherging. Wieder einmal beharkten sich Republikaner und Demokraten im Kongress bis in die Nacht auf einem aus europäischer Sicht bizarren Basar des politischen Geschachers. Es ging darum, in letzter Minute sicherzustellen, dass der Staatsapparat finanziell flüssig bleibt.
Gerade in solchen Momenten wäre der erste Mann im Staat als besonnener und überparteilicher Kompromissstifter gefragt. Aber Donald Trump, darin ist sich das politische Kommentariat in Amerika einig, geht die Fähigkeit ab, in krisenhaften Momenten mit Vernunft und Geschick Streit zu schlichten. „Seine präsidiale Rhetorik passt eher in den Wrestling-Ring als in das Weiße Haus“, urteilt der Analystin Julia Zelizer. Oder nach Mar-a-Lago. In seinem Florida-Domizil lädt der Milliardär am Samstag ausgesuchtes Publikum zum Einjährigen ein. Eintrittskarte: 100.000 Dollar.
Wo steht Trump nach den ersten zwölf Monaten? Die wichtigsten Schlaglichter:
Der größte Erfolg: Die Wirtschaft brummt. Die Arbeitslosigkeit liegt bei vier Prozent, viele Firmen suchen nach geeignetem Personal. Seit Trump amtiert, sind rund zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen worden. Am steilsten zeigt der Pfeil an der Börse nach oben. Industrie-Riesen wie
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in die USA zurück.
Experten sind sich aber einig, dass Trump den status quo nur bedingt für sich beanspruchen kann. „Zum einen bewegt sich Amerika im Strom einer mehrheitlich blühenden Weltwirtschaft“, heißt es bei den Analysten der Weltbank in Washington „zum anderen sind die Grundlagen zu Zeiten von Vorgänger Obama gelegt worden, als in manchen Jahren mehr Jobs und mehr Wachstum erzielt wurde als heute.“ Worauf Fachleute süffisant hinweisen: Vor Amtsantritt hatte Trump die US-Wirtschaft als „in Trümmern liegend“ bezeichnet Davon ist heute keine Rede mehr.
Welche Vorhaben hat Trump bereits erledigt – und welche nicht?
Geschafft: Trump hat im Verein mit den Republikanern mit knapper Mehrheit eine große Steuer-Reform gestemmt. Dazu kommen: Der Rückzug aus dem Trans-Pazifischen Freihandelsabkommen. Der umstrittene Einreisebann für Menschen aus acht muslimischen dominierten Ländern, der noch unter dem Vorbehalt einer ausstehenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs steht. Der massive Abbau von Auflagen im Umwelt- und Naturschutz. Die Teil-Demontage der Krankenversicherung seines Vorgängers Obama. Das militärische Zurückdrängen des Terror-Netzwerks Islamischer Staat in Syrien und im Irak. Die prestigeträchtige Installierung eines erzkonservativen Richters am Obersten Gerichtshof und Dutzender Juristen an untergeordneten Bundesgerichten, die – weil auf Lebenszeit ernannt – noch lange die Rechtsprechung prägen werden.
Nicht geschafft: Der Bau einer Mauer gegen Drogen und illegale Einwanderer an der Grenze zu Mexiko steht weiter aus. Auch die Generalüberholung des Handelsabkommens Nafta mit Kanada und Mexiko – oder der Ausstieg - lässt weiter auf sich warten. Die Beseitigung der Handelsdefizits mit China – mindestens die angedrohte Verhängung von Strafzöllen von 45 Prozent für bestimmte Güter wie Stahl – ist ebenfalls unerledigt. Das milliardenschwere Infrastruktur-Ertüchtigungsprogramm für Straßen, Brücken und Häfen, die Einrichtung einer neuen Krankenversicherung anstelle von „Obamacare“ und die versprochene Aufkündigung des Atom-Deals mit dem Iran sind ebenfalls weiter in der Pipeline.
So sehen die Amerikaner ihren Präsidenten
Beliebtheit: Der 45. Commander-in-Chief ist im Volk so unbeliebt ist wie keiner seiner Vorgänger. Nur zwischen 35 und 39 Prozent der Wähler sind mit Trump zufrieden. Die Mehrheit ist enttäuscht oder lehnt den Geschäftsmann partout ab. Zum Vergleich: Vorgänger Obama hatte nach einem Jahr eine Zustimmungsquote von 50 Prozent, Bill Clinton lag bei 54 Prozent.
Was auffällt: Auch in den Wählerkreisen und den Bundesstaaten, die Trump bei der Wahl 2016 besonders gewogen waren, bröckelt die Zufriedenheit schleichend ab. Auch darum geht der Präsident regelmäßig im Stile eines Wahlkämpfers ins Land, um seine Anhänger bei Laune zu halten. Es ist auch der Konter zu
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David Cay Johnston, Timothy Snyder und David Frum, die abseits der tendenziell ohnehin kritischen Medienberichterstattung ein verheerenderes Bild seiner Präsidentschaft zeigen. Tenor: Trump kann es charakterlich und intellektuell nicht. Wenn man ihn nicht an der Wahlurne abfängt, wird er zur Abrissbirne der Demokratie.
Donald Trump: Schräge Fotomomente
Hunderte Schlüsselpositionen in Ministerien nicht besetzt
Regierung: Nach wie vor sind Hunderte Schlüsselpositionen in vielen Ministerien nicht besetzt. Das Außenministerium, Amerikas Visitenkarte in der Welt, ist zu einem Nebendarsteller verkümmert. Etliche Hauptstädte – Berlin! – haben noch immer keinen Botschafter. Parallel dazu verschleißt Trump so viel Spitzenpersonal (Stabschef, Regierungssprecher, Nationaler Sicherheitsberater,
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etc.) wie kaum ein Vorgänger.
Weil Trump alle Pfeile auf sich zieht, bleibt das Wirken seines Kabinetts öffentlich oft unterbelichtet. Dort geschehen zentrale Umwälzungen: Bildungsministerin Betsy DeVos entmachtet öffentliche Schulen zugunsten privater Lehr-Einrichtungen. Umweltminister Rick Perry schafft mit Unterstützung des Chefs der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, am Fließband Umwelt- und Verbraucherschutz-Vorschriften ab. Innenminister Ryan Zinke verkleinert zum Frommen von Energie-Unternehmen Naturschutz-Gebiete.
Republikaner müssen die Halbzeitwahlen im Kongress fürchten
Politische Lage: In zehn Monaten kriegt der Präsident sein Zwischenzeugnis ausgestellt. Trump muss die Halbzeitwahlen im Kongress fürchten. Nach aktuellen Erhebungen drohen die Republikaner im Repräsentantenhaus wie im Senat die Mehrheit zu verlieren. Die Demokraten haben in Umfragen einen Vorsprung von zehn Prozent.
Käme es im November für die „Grand Old Party“ dicke, und wenn auch nur in einem „Haus“, dann droht Trump nicht nur wirksame Blockade-Politik, wie sie einst Obama von den Konservativen erfahren durfte. Die Einleitung eines langwierigen Amtsenthebungsverfahren (impeachment), das sich wie Mehltau über den Rest der Amtszeit legen würde, wäre programmiert. Trump weiß um die Gefahr und macht darum persönlich Wahlkampf für republikanische Kandidaten, die bei Nachwahlen anstehen. Zuletzt oft ohne Erfolg. In New Jersey, Virginia, Alabama und Wisconsin siegten Demokraten bei wichtigen Entscheidungen.
Trumps Twitter-Tiraden stressen viele Amerikaner
Gesellschaftliches Klima: Viele Amerikaner fühlen sich mittlerweile hilflos und erschöpft durch das tägliche Twitter-Bombardement des Präsidenten. Es verbreitet sich die Meinung, dass dem
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überführten Populisten mit faktenbasierten Nachweisen nicht beizukommen ist.
Dazu kommt: Anstatt zu einen, trägt Trump zur Spaltung bei. Globalisierungsbefürworter müssen sich von Wirtschafts-Nationalisten beschimpfen lassen. Auch zwischen Schwarz und Weiß sowie zwischen neuen Einwanderern und Einheimischen ist die Kluft größer geworden. Trumps Wortbeiträge zu ethnisch oder politisch kontroversen Ereignissen, etwa die
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oder seine jüngsten
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, „haben dagegen Rassisten, Islam-Hassern, Rechtsextremen und dem Ku-Klux-Klan zu neuem Selbstbewusstsein verholfen“, merkt das Southern Poverty Law Center in Alabama an.
Medien funktionieren als vierte Gewalt
Lichtblicke: Die Medien funktionieren als vierte Gewalt „hervorragend“, sagen Wissenschaftler der Columbia-Universität. New York Times und Washington Post, Flaggschiffe bei der täglichen Enthüllung des Treibens im Weißen Haus, haben ihre Leserschaft vergrößert. Dagegen hat das Trump-treue TV-Netzwerk Fox News mit leicht sinkenden Quoten zu kämpfen. Trumps „Fake News“-Mantra verfängt nur in seiner unberirrbaren Kern-Wählerschaft.
Als weitere positive Akzente gelten: Der offen mit autoritären Systemen und Herrschern sympathisierende Trump ist bisher vom System der „checks and balances“ mit seinen vielen Institutionen innenpolitisch in Schach gehalten worden. Bei der Außendarstellung hört Trump zwar nicht auf seinen Chef-Diplomaten Rex Tillerson. Aber dafür auf Verteidigungsminister James Mattis, der es durch unerschrockenes, leises und behutsames Wirken zum Stabilitätsfaktor in einer ansonsten permanent wackelnden Regierung gebracht hat.
Stolpersteine in 2018: Innenpolitisch zuallererst die
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. Weisen die seit zehn Monaten laufenden Ermittlungen von Ex-FBI-Chef Robert Mueller demnächst offiziell in Richtung Kumpanei mit dem Kreml und/oder Behinderung der Justiz durch Trump persönlich, wird die Luft für den Präsidenten dünn. Außenpolitisch: Sollte sich die gerade auf leichtem Entspannungskurs befindliche Nordkorea-Krise doch noch militärisch zuspitzen, werden alle Karten neu gemischt. Auch eine Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran könnte einen Flächenbrand auslösen.