Berlin. Der Machtkampf von Horst Seehofer ist kein gutes Vorzeichen für eine Jamaika-Koalition. Ist der CSU-Parteichef überhaupt tariffähig?

Das aufregendste Bassin in einem Aquarium ist das Haifischbecken. Das ist der Lebensraum von Markus Söder und Horst Seehofer, den CSU-Männern, die sich gerade die Zähne zeigen. Bayerns Finanzminister Söder bestärkt die Kritiker seines Parteichefs und Ministerpräsidenten , lobt die Junge Union dafür, dass sie

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Gewünscht ist ein geordneter Übergang, gemeint ist aber, dass Seehofer das Feld räumt. Auch das kennt man aus dem Haifischbecken: den Reflex Kampf oder Flucht.

Seehofers Flucht wäre für Söder bequem. Es ist der häufigste Ablauf von Machtkämpfen. Es gibt mehr Politiker, die aufgeben, als solche, die scheitern.

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hat am Sonntag reagiert und eine „klare und deutliche Reaktion“ angekündigt.

Das ist eine eindeutig zweideutige Formulierung, die zur Flucht wie zum Kampf passt und mit der allenfalls Kabarettisten etwas anfangen könnten. Motto: Seehofer will bei der Bayern-Wahl 2018 nicht mehr, aber auch nicht weniger kandidieren. Halten wir doch einmal die Fakten fest: Erstens, Söders Loyalität zu seinem Chef ist weder oberflächlich noch geheuchelt. Sie ist keine mehr.

Söder - Es geht nur um die CSU und Bayern

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    Auf der JU-Tagung wurde Seehofer der Rückzug nahe gelegt

    Wenn er stark genug wäre, gäbe es für Seehofer nur eine Reaktion: Ihn aus dem Kabinett zu entlassen, weil Söders Illoyalität ein Grenzübertritt ist. Zweitens, für Seehofers Kritiker ist sein Verweis auf die Gespräche in Berlin nur ein Spiel auf Zeit, eine Variante des Aussitzens. Sie halten den 68-Jährigen nicht mehr für den Mann, dem die Zukunft gehört; ganz gleich, mit welcher Beute er aus

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    zurückkehrt, mit oder ohne Obergrenze.

    Zur JU-Tagung, auf der Seehofer der Rückzug nahe gelegt wurde, haben sich zwei Männer für seine Nachfolge in Stellung gebracht: Söder unverhohlen und der Europapolitiker Manfred Weber als möglicher lachender Dritter.

    Machtvakuum macht Sondierungen schwierig

    Für die spannendste Frage muss man sich, drittens, in die Rolle der FDP und der Grünen in Berlin versetzen. Sie müssen sich fragen, ob Seehofer tariffähig ist. Lohnt es sich, mit diesem Mann abzuschließen, ihm in der Sache entgegen zu kommen? Warum auf ihn setzen, wenn es im Dezember auf andere ankommen wird?

    Söder dürfte insbesondere die Grünen ins Grübeln bringen. Warum sollten sie über ihren Schatten springen und Seehofer entgegen kommen? Die CSU ist nicht nahe bei sich, nicht nahe bei der CDU-Kanzlerin, sie ist eine Partei in Aufruhr. Politisch: ein Vakuum.

    Das sind die Vorsitzenden der CSU

    Josef Müller ist der Mitbegründer der CSU und war der erste Vorsitzende der Partei. Im Dritten Reich wurde der Widerstandskämpfer von den Nationalsozialisten mehrmals verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern interniert. Nach dem Krieg gründete er mit Adam Stegerwald die CSU und stand bis 1949 an der Spitze der Partei. Von 1947 bis 1952 war Müller zudem bayerischer Justizminister. Am 12. September 1979 starb er.
    Josef Müller ist der Mitbegründer der CSU und war der erste Vorsitzende der Partei. Im Dritten Reich wurde der Widerstandskämpfer von den Nationalsozialisten mehrmals verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern interniert. Nach dem Krieg gründete er mit Adam Stegerwald die CSU und stand bis 1949 an der Spitze der Partei. Von 1947 bis 1952 war Müller zudem bayerischer Justizminister. Am 12. September 1979 starb er. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Istvan Bajzat
    Nachfolger von Josef Müller wurde Hans Ehard. Der studierte Jurist war von 1949 bis 1955 Parteivorsitzender der CSU. Von 1946 bis 1954 und von 1960 bis 1962 war er Ministerpräsident des Freistaates Bayern. 1980 starb Hans Ehard in München.
    Nachfolger von Josef Müller wurde Hans Ehard. Der studierte Jurist war von 1949 bis 1955 Parteivorsitzender der CSU. Von 1946 bis 1954 und von 1960 bis 1962 war er Ministerpräsident des Freistaates Bayern. 1980 starb Hans Ehard in München. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
    Hanns Seidel wurde 1955 – in einer Kampfabstimmung gegen Franz Josef Strauß – zum Parteivorsitzenden der CSU gewählt. Von 1957 bis 1960 war er zudem bayerischer Ministerpräsident. Er legte das Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder, 1961 gab er auch den CSU-Vorsitz ab.
    Hanns Seidel wurde 1955 – in einer Kampfabstimmung gegen Franz Josef Strauß – zum Parteivorsitzenden der CSU gewählt. Von 1957 bis 1960 war er zudem bayerischer Ministerpräsident. Er legte das Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder, 1961 gab er auch den CSU-Vorsitz ab. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content
    Franz Josef Strauß gilt als CSU-Übervater. Von 1961 bis zu seinem Tod im Oktober 1988 war Strauß Parteichef. In der Zeit, von 1978 bis 1988, auch Ministerpräsident in Bayern. Im Lebenslauf des gebürtigen Münchners stehen noch weitere Posten. So war er Bundesminister für besondere Aufgaben, Minister für Atomfragen, Verteidigungsminister und auch mal Finanzminister. Nur als Kanzlerkandidat scheiterte er und verlor die Bundestagswahl 1980 gegen Helmut Schmidt (SPD).
    Franz Josef Strauß gilt als CSU-Übervater. Von 1961 bis zu seinem Tod im Oktober 1988 war Strauß Parteichef. In der Zeit, von 1978 bis 1988, auch Ministerpräsident in Bayern. Im Lebenslauf des gebürtigen Münchners stehen noch weitere Posten. So war er Bundesminister für besondere Aufgaben, Minister für Atomfragen, Verteidigungsminister und auch mal Finanzminister. Nur als Kanzlerkandidat scheiterte er und verlor die Bundestagswahl 1980 gegen Helmut Schmidt (SPD). © imago/photothek | photothek.net
    Er trat das schwere Erbe von Franz Josef Strauß an: Theo Waigel. Von 1988 bis 1999 stand Waigel an der Spitze der CSU. Der Mann mit den markanten Augenbrauen war von 1989 bis 1998 unter Helmut Kohl Bundesfinanzenminister.
    Er trat das schwere Erbe von Franz Josef Strauß an: Theo Waigel. Von 1988 bis 1999 stand Waigel an der Spitze der CSU. Der Mann mit den markanten Augenbrauen war von 1989 bis 1998 unter Helmut Kohl Bundesfinanzenminister. © imago/WEREK | imago stock&people
    1999 folgte Edmund Stoiber. Acht Jahre lang war der Jurist Parteivorsitzender, von 1993 bis September 2007 auch Ministerpräsident. Der Höhepunkt seiner Karriere war die Kür zum Kanzlerkandidaten der Union im Jahr 2002. Edmund Stoiber verlor allerdings gegen den SPD-Politiker Gerhard Schröder.
    1999 folgte Edmund Stoiber. Acht Jahre lang war der Jurist Parteivorsitzender, von 1993 bis September 2007 auch Ministerpräsident. Der Höhepunkt seiner Karriere war die Kür zum Kanzlerkandidaten der Union im Jahr 2002. Edmund Stoiber verlor allerdings gegen den SPD-Politiker Gerhard Schröder. © imago/photothek | Liesa Johannssen/photothek.net
    Das war eher ein kurzes Intermezzo: Erwin Huber war knapp ein Jahr, von September 2007 bis Oktober 2008, Parteivorsitzender der CSU. Er setzte sich damals gegen Horst Seehofer und Gabriele Pauli durch. Weil das Ergebnis der CSU bei der Landtagswahl 2008 so schlecht war, trat Huber zurück.
    Das war eher ein kurzes Intermezzo: Erwin Huber war knapp ein Jahr, von September 2007 bis Oktober 2008, Parteivorsitzender der CSU. Er setzte sich damals gegen Horst Seehofer und Gabriele Pauli durch. Weil das Ergebnis der CSU bei der Landtagswahl 2008 so schlecht war, trat Huber zurück. © imago/photothek | Ute Grabowsky/photothek.net
    Nach dem Rücktritt von Erwin Huber übernahm Horst Seehofer den Posten. Seitdem ist er CSU-Parteivorsitzender.
    Nach dem Rücktritt von Erwin Huber übernahm Horst Seehofer den Posten. Seitdem ist er CSU-Parteivorsitzender. © dpa | Peter Kneffel
    Markus Söder ist seit dem 19. Januar 2019 CSU-Parteivorsitzender.
    Markus Söder ist seit dem 19. Januar 2019 CSU-Parteivorsitzender. © dpa | Peter Kneffel
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    Den geplanten CSU-Parteitag zu verschieben, war ein Fehler

    Es gibt keinen Zweifel, dass die internen Machtkämpfe der CSU in Berlin schaden. Mit dem Wissen von heute muss man sagen: Es war ein Fehler, den für Mitte November geplanten CSU-Parteitag zu verschieben. Die Machtfrage verträgt keinen Aufschub. Seehofer wolle Zeit und Beinfreiheit für die Verhandlungen in Berlin gewinnen. Aber seit der Bundestagswahl am 24. September verging keine Woche ohne Kritik an ihm, ohne taktische Manöver, ohne Durchstechereien. Politisch stand er unter „friendly fire“, unter Dauerbeschuss aus den eigenen Reihen. Er spricht von einem „Trommelfeuer“.

    Ein Trommelfeuer ist massiv und schier unaufhörlich. Es ist gewollt. Und es soll zermürben. Unter einem Trommelfeuer kann kein Parteichef in Verhandlungen das Maximum herausholen. Die CSU ist das größte Risiko für ein Jamaika-Bündnis, weil sie schon im Startjahr einer solchen Koalition beim Landtagswahlkampf in Bayern um sich schlagen wird. Schon die SPD hatte darunter zu leiden, dass die Unionsparteien nicht mit sich im Reinen waren. CDU, FDP und Grüne dürften klare Verhältnisse bei der CSU herbeisehnen. Denn andernfalls kann 2018 kein vertrauensbildendes Jahr werden.