Kulmbach. Der frühere Minister Karl-Theodor zu Guttenberg macht Wahlkampf für die CSU und regt die Fantasie an. Kehrt er in die Politik zurück?

Er ist wieder da, der verlorene Sohn. Ganz Kulmbach und Dutzende Journalisten, Fotografen und Kameraleute erwarten die Ankunft des Herren: Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg, den alle in der CSU nur „KT“ nennen, kehrt in die Politik zurück.

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aber vielleicht geht noch mehr, viel mehr.

Schon immer hat der Ex-Doktor, Ex-Generalsekretär, Ex-Wirtschafts- und Verteidigungsminister die politischen Fantasien beflügelt. Es ist kein reiner Medienhype. Der Zuspruch ist real. Die Halle in Kulmbach mit 1100 Plätzen ist am Mittwochabend voll; vorsorglich wird der Auftritt draußen auf Monitoren übertragen.

Guttenberg trifft im Rededuell auf Martin Schulz

Für viele Menschen ist er wie eh und je eine Projektionsfläche. Schwer zu sagen, was sie in ihm sehen: einen Weltmann, einen begnadeten Redner, ein politisches Talent, Unabhängigkeit, Charisma, Charakter, einen National-Konservativen. Kulmbach war erst der Anfang.

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Die CSU hat für „KT“ Besuche in allen sieben Regierungsbezirken arrangiert. Am Montag tritt er gegen den

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zum Rededuell beim Gillamoos-Volksfest an, eine bayrische Tradition.

Vor sechs Jahren über Doktorarbeit gestolpert

Das 500-Seelen-Dorf Guttenberg ist nur ein paar Kilometer von Kulmbach entfernt. Hier ist Heimat, buchstäblich wie politisch: Hier trat er vor fast 20 Jahren in die CSU ein, hier war er Bundestagsabgeordneter, hierher kehrte er immer wieder zurück, nachdem er vor sechs Jahren wegen einer abgeschriebenen Doktorarbeit von allen Ämtern zurückgetreten und mit Frau und Kindern in die USA gezogen war.

Im Dezember wird er 46 Jahre alt, er ist kein Jungspund mehr, etwas pausbäckiger geworden, zumeist kaschiert mit einem Dreitagebart. Dass erste Falten sich in sein Gesicht eingekerbt haben, unterstreicht – für jedermann sichtbar – einen Reifeprozess.

Guttenberg tut zwar bescheiden, trifft aber Strippenzieher

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von ihm erwartet, fädelt sich in Politik und Partei ein. Er tut es auf eine lässige, unaufgeregte, unaufdringliche Art, ein U-Boot auf Schleichfahrt. Er wolle helfen, „das isses“. Reumütig und voller Demut stellt er sich hinten an. Eine schöne Erzählung.

Im Mikrokosmos der CSU bleibt in Wahrheit nichts verborgen: Hier ein „Geheimtreffen“ mit Generalsekretär Andreas Scheuer, dort ein Besuch zum 60. Geburtstag von Agrarminister Christian Schmidt. In Kulmbach diskutiert er mit Hans-Peter Friedrich, Vizechef der Unionsfraktion und CSU-Bezirksvorsitzender in Oberfranken. Was treibt einen Mann um, der durch die Partei tourt, seine Bekanntheit testet und lauter Strippenzieher trifft?

CSU-Chef Seehofer hat Großes mit Guttenberg vor

Der größte von allen, Seehofer, forciert nach Kräften ein Comeback. Er hat ihn schon in jedes erdenkliche Kompetenz-, Berater- und Strategieteam der vergangenen Jahre gelockt: „Meine Tür steht offen für Karl-Theodor zu Guttenberg.“ Und in diese Tür hat er spätestens mit dem Auftritt am Mittwoch einen Fuß bekommen.

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    Der Parteichef und Ministerpräsident hat Großes mit ihm vor. Die Frage ist, welche Pläne „KT“ mit Seehofer verfolgt. Instinktiv zog er sich in den vergangenen Jahren zurück, sobald es ihm zu viel wurde, sobald ihn das Gefühl beschlich, von Seehofer vereinnahmt zu werden. Überhaupt: Ein „KT“ hat keine Posten nötig. Diese Unabhängigkeit war stets ein Markenzeichen: Hier stehe ich und kann auch anders.

    Es gibt drei Szenarien.

    Variante Nummer eins: Guttenberg sondiert das Feld, kehrt aber in die USA zurück, wo die Familie sich wohlfühle, wie es heißt. Er lebt an der Ostküste, in New York hat er die Beratungsfirma „Spitzberg Partners“.

    Variante Nummer zwei: Die CSU benennt ihn für den Fall eines Wahlsiegs für einen Kabinettsposten in Berlin. Das wäre anspruchsvoll, weil Guttenberg nicht für den Bundestag kandidiert und wie Spitzenkandidat Joachim Herrmann aus Franken kommt – Regionalproporz spielt in der CSU eine nicht zu unterschätzende Rolle. Schwierig wäre es auch, gleich zwei Spitzenposten im Kabinett herauszuholen. Seehofer müsste Zugeständnisse machen, womöglich. Positionen gegen Posten – das könnte Kanzlerin Angela Merkel sogar in die Karten spielen.

    Variante Nummer drei:

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    reißt er eine Lücke in die bayrische Staatsregierung. Seehofer hat längst eine Kabinettsumbildung angekündigt. Wenn „KT“ will, bekommt er fast jeden Posten. Ist er in München einmal etabliert, drängt er sich urwüchsig für die Nachfolge Seehofers auf.

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      Seehofer will um jeden Preis Söder verhindern

      Der Regierungschef will zwar bei der Landtagswahl 2018 wieder kandidieren, ist aber 68 Jahre alt. Irgendwann wird er abtreten müssen. Nicht einfach, wenn man sich von politischem Mittelmaß umgeben wähnt. Einerseits.

      Andererseits ist es Seehofers ganzes Bestreben,

      Beide vertreten Franken („KT“ ist allerdings in München geboren), aber Guttenberg ist jünger, weltmännischer, im Allgemeinen beliebter, freilich ohne Hausmacht in der Landtagsfraktion. In München sitzen wahrscheinlich die größten Vorbehalte gegen eine Reaktivierung des Adligen. Das ist sein Manko – und Söders Vorteil. Trotzdem dürfte das zarte Comeback des Freiherren Söder verunsichern. Den hatte er noch vor ein, zwei Jahren nicht mehr auf der Rechnung. Seehofer lacht sich ins Fäustchen.

      Zu all den Spekulationen schweigt Guttenberg; sie blühen auch ohne sein Zutun. Seit 2014 wird jedes Jahr sein Comeback herbeigeredet und geschrieben. Er ist ein Umworbener. Das, zumindest das, ist gesichert.