Paris. Kurz vor der entscheidenden Wahl trafen Frankreichs Präsidentschaftsanwärter im TV aufeinander. Es wurde ein harter Schlagabtausch.

Vier Tage vor der entscheidenden Stichwahl um Frankreichs Präsidentschaft trafen der linksliberale Emmanuel Macron und die Rechtsextremistin Marine Le Pen am Mittwochabend in einer letzten Fernsehdebatte aufeinander. Das zweieinhalbstündige TV-Duell – live und zur besten Sendezeit – ist der Höhepunkt im Kampf um den Elysée-Palast und erwies sich als regelrechter Straßenfeger. Millionen Zuschauer verfolgten den Schlagabtausch der Kontrahenten, die mit harten Bandagen um die noch unentschlossenen Wähler fochten.

In der Tat, der 39 Jahre junge Proeuropäer und die 48-jährige EU-Gegnerin schenkten sich nichts. Keinen Augenblick lang konnte das einheitlich gedeckte Blau, welches die Kleidung der beiden von 14 Kameras belauerten Kandidaten dominierte, über ihre gegenseitige Abneigung und über ihre diametral entgegengesetzten Positionen hinwegtäuschen. Bereits mit den ersten Worten griff Le Pen ihren Gegenüber scharf an, als „Handlanger“ von Präsident Hollande, der für die Entblößung Frankreichs gegenüber der Globalisierung stehe und dessen Programm der sozialen Brutalität die ganze Kälte eines ehemaligen Investment-Bankers widerspiegele.

Die Kontrahenten bei der Frankreich-Wahl

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    Macron: Le Pen ist Repräsentantin der extremen Rechten

    Macron konterte sofort, indem er Le Pen als die Repräsentantin einer extremen Rechten bezeichnete, die mit den Ängsten ihrer Mitbürger spiele und Frankreich unterstelle, weder die Mut noch die Kraft zu haben, sich den Herausforderungen einer offenen Welt zu stellen.

    Nicht minder heftig fielen Le Pens Breitseiten gegen Macrons pro-europäische Überzeugungen aus. Das würde Frankreich um seine letzten souveränen Befugnisse bringen und es dem deutschen Nachbarn unterwerfen, polterte Le Pen. Kein Wunder, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kurz zuvor für Macron ausgesprochen hatte:. „Sein Erfolg wäre ein positives Signal für die politische Mitte, die wir ja auch hier in Deutschland stark halten wollen“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

    Macrons Vorsprung bröckelt

    In den letzten Tagen hatten Le Pens Attacken Wirkung gezeigt, in den Umfragen begann Macrons haushoher Vorsprung zu bröckeln. Hatte der parteilose Bewerber kurz nach der ersten Runde in den Umfragen noch bei deutlich mehr als 60 Prozent gelegen, kam er nach einer am Mittwoch veröffentlichten Erhebung des Instituts Cevipof/Ipsos/Sopra Steria kam Macron auf 59 und Le Pen auf 41 Prozent.

    Mittlerweile steht fest, dass die FN-Vorsitzende im Gegensatz zu Macron, der noch nie einen Wahlkampf bestritten hatte, mit einer klaren Strategie in den Endspurt geht. Ihre Taktik lautet: Dauerfeuer. Macron, der lieber mit dem Florett als mit dem Säbel ficht, blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls rhetorisch aufzurüsten. Le Pen sei „engstirnig“ und „hasserfüllt“, giftete er zurück und warf ihr vor, Frankreichs Gesellschaft mit ihrer ausländerfeindlichen Partei in die Spaltung zu treiben. Als ebenso „unausgegoren“ wie „ruinös“ prangerte er zudem die Pläne Le Pens an, das Land aus der EU und geradewegs in die Isolation zu führen.

    Emmanuel Macron – Jungstar mit Potenzial

    Der 39-jährige Emmanuel Macron geht als Favorit in die Stichwahl um das Amt des französischen Staatspräsidenten am 7. Mai.
    Der 39-jährige Emmanuel Macron geht als Favorit in die Stichwahl um das Amt des französischen Staatspräsidenten am 7. Mai. © Getty Images | Aurelien Meunier
    Hinter Macron steht die von ihm 2016 gegründete politische Bewegung „En Marche!“ (In Bewegung). Einen klassischen Parteiapparat hat er bis heute nicht. Macron führte sein Wahlkampfteam wie ein Start-up-Unternehmen.
    Hinter Macron steht die von ihm 2016 gegründete politische Bewegung „En Marche!“ (In Bewegung). Einen klassischen Parteiapparat hat er bis heute nicht. Macron führte sein Wahlkampfteam wie ein Start-up-Unternehmen. © dpa | Michel Spingler
    Der Arztsohn war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie., dann holte ihn Präsident François Hollande als Berater in den Elysée-Palast. Von 2014 bis 2016 war er Wirtschaftsminister.
    Der Arztsohn war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie., dann holte ihn Präsident François Hollande als Berater in den Elysée-Palast. Von 2014 bis 2016 war er Wirtschaftsminister. © REUTERS | POOL
    Inzwischen hat sich Macron aus dem Schatten seines Mentors im Elysée-Palast gelöst und will nach einer politischen Blitzkarriere den Sozialisten nun beerben.
    Inzwischen hat sich Macron aus dem Schatten seines Mentors im Elysée-Palast gelöst und will nach einer politischen Blitzkarriere den Sozialisten nun beerben. © REUTERS | REGIS DUVIGNAU
    Macron ist unkonventionell, er will „weder rechts noch links“ sein. Er gilt als Mitte-Links-Politiker, seine Ausrichtung ist sozialliberal. Die Nähe zu den Menschen ist ihm wichtig.
    Macron ist unkonventionell, er will „weder rechts noch links“ sein. Er gilt als Mitte-Links-Politiker, seine Ausrichtung ist sozialliberal. Die Nähe zu den Menschen ist ihm wichtig. © REUTERS | BENOIT TESSIER
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    Berührungsängste hat er jedenfalls nicht. Weder bei den französischen Bürgern, ... © REUTERS | POOL
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    ... noch bei Tieren. © dpa | Eric Feferberg
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    Manche nennen den Politjungstar den „französischen Kennedy“. Schon vor der Wahl war von einer „Macromania“ die Rede. © Getty Images | Aurelien Meunier
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    Verheiratet ist Macron seit 2007 mit Brigitte Macron (64). Die beiden kennen sich seit seiner Schulzeit. © dpa | Eric Feferberg
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    Brigitte Macron war damals seine Französischlehrerin. Sie hat drei Kinder aus erster Ehe, zwei davon älter als Macron. © dpa | Christophe Ena
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    Das ungewöhnliche Paar könnte Glamour in den Élysée-Palast bringen. © dpa | Yoan Valat
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    Macron ist wie so viele andere Spitzenpolitiker Absolvent der Elite-Hochschule ENA. Doch er sieht sich nicht als Teil des politischen Establishments, sondern als Revoluzzer, der Frankreich aufrütteln und modernisieren will. © dpa | Eric Feferberg
    Er könnte mit noch nicht einmal 40 Jahren der jüngste Präsident der französischen Geschichte werden.
    Er könnte mit noch nicht einmal 40 Jahren der jüngste Präsident der französischen Geschichte werden. © Getty Images | Sylvain Lefevre
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    Beide wollen ihre Wählerbasis verbreitern

    Um am Sonntag mindestens 50,01 Prozent und damit das höchste Amt im Staat zu erobern, sehen sich beide Kandidaten gezwungen, ihre Wählerbasis erheblich zu verbreitern. Ein Manöver, bei dem sich der in der politischen Mitte positionierende Macron auf dem Papier die besseren Chancen hat. Die meisten Linkswähler sowie ein großer Teil der konservativen Wählerschaft sollten dazu tendieren, für ihn oder zumindest gegen Le Pen zu stimmen.

    Aber der Rechtsextremistin ist es gelungen, bei den Anhängern der ausgeschiedenen Kandidaten Stimmung gegen Macron zu machen. Ihre Tiraden gegen den „Freund der Bosse“ könnten laut letzten Befragungen an die 18 Prozent der Wähler des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon dazu bringen, in der Stichwahl für sie zu stimmen. Gleichzeitig vollbrachte Le Pen das Kunststück, Macron auch bei rund einem Viertel der Konservativen madig zu machen, indem sie ihn als den verkappten Kronprinzen des unbeliebten Noch-Amtsinhaber François Hollande hinstellte.

    Viel hängst von der Wahlbeteiligung ab

    Viel wird nun von der Wahlbeteiligung am Sonntag abhängen. Bei einer sehr niedrigen Beteiligung kann laut den Meinungsforschern ein Sieg der Rechtsextremistin nicht mehr völlig ausgeschlossen werden. Vielleicht spielt ja auch der Kalender mit hinein. Denn der auf den Wahlsonntag folgende Montag ist in Frankreich ein Feiertag. An jedem 8. Mai gedenken die Franzosen des Sieges über Nazi-Deutschland. In diesem Jahr freilich könnten viele das verlängerte Wochenende auch zu einem Kurzurlaub nutzen – fernab der Wahllokale. Nutznießerin wäre Le Pen.