Hamburg. Diesmal sind beim Podcast „Vier Flaschen“ zwei Expertinnen aus Österreich zu Gast: Rosa Besler und Eveline Wandl aus Tirol.

Slowenien, Österreich, Italien, Korsika – was in Zeiten von Corona wie eine fast verbotene Europa-Tour klingt, ist die Wein-Reise, auf die Kenner Michael Kutej in dieser Folge unserer Reihe „Vier Flaschen“ Riesling-Liebhaber Lars Haider und Biertrinker Axel Leonhard mitnimmt. Und die drei Herren sind diesmal nicht allein: Kutej hat Besuch von zwei Sommelièren, Rosa Besler und Eveline Wandl aus Tirol.

Die beiden nennen sich selbst die Berggitsch‘n, auf Hochdeutsch Bergmädels, und haben unter diesem Namen auch ganz frisch einen eigenen Wein herausgebracht. Der steht am Beginn der Reise: Flasche Nummer eins ist eine Cuvée aus zwei Grünen Veltlinern, einer etwas frischer, einer etwas cremiger, dazu kommen 20 Prozent Riesling und zehn Prozent Chardonnay, für den „charmanten Abgang“, wie Rosa Besler sagt, alles aus dem Jahr 2019.

Cuvée aus zwei Grünen Veltlinern und einem Riesling

„Diese Cuvée ist eher ungewöhnlich, normalerweise mischt man zwei unterschiedliche Grüne Veltliner nicht mit­ein­ander“, sagt Kutej, der den Wein zum ersten Mal probiert. Er rieche frisch, „gar nicht aromatisch“, und natürlich, weil das klassisch für Grünen Veltliner ist, nach Pfeffer.

Haider schmeckt zu seiner Überraschung „nichts Spezielles raus, es drängelt sich kein Geschmack in den Vordergrund“ – anders als etwa beim Riesling Gelblack vom Schloss Johannisberg, bei dem Haider in der vergangenen Folge sofort „Ahoi-Brausepulver mit Zitronengeschmack“ auf der Zunge gehabt hatte. „Er hat am Anfang die Frische von einem Riesling und das Ende von einem Chardonnay.“

Das sei so gewollt, so Wandl: „Wir wollten einen Wein machen, bei dem nichts heraussticht, weder die Säure noch die Struktur, damit er für viele Leute zugänglich bleibt.“ Der Wein kommt aus dem österreichischen Weinviertel, ungefähr 70 Kilometer von Wien entfernt, nah der tschechischen Grenze – von einem Bio-Weingut.

Kann man eigentlich auch als Laie einfach verschiedene Weine zusammenschütten und sich damit seine eigene Cuvée (deutsch: Mischung, Verschnitt) machen? „Theoretisch geht das, die Frage ist, ob das schmeckt …“, sagt Rosa Besler. „Aus drei guten Weinen kann sicherlich kein schlechter werden, aber es kommt auf die Feinabstimmung an.“ Bei ihrem Wein sei am Anfang zum Beispiel der Chardonnay-Anteil zu hoch gewesen, dadurch sei er zu bitter gewesen.

Ein Sauvignon blanc aus Slowenien

Zu Flasche Nummer zwei: Colles, ein Sauvignon blanc aus Slowenien, Jahrgang 2016. „Das Weingut liegt etwa anderthalb Stunden von der steirischen Grenze entfernt“, sagt Kutej. Slowenien kenne man in der Weinwelt so gut wie nicht, obwohl die Böden dort sich mit jenen in der Steiermark vergleichen lassen: „Der einzige Unterschied ist, dass österreichische Weine ein besseres Image haben als solche aus Slowenien – die sind dafür relativ günstig.“

Für Rosa Besler, die ihr Weinglas für einen kurzen Moment mit beiden Händen leicht gewärmt hat, weil sich „dann die Aromen besser entfalten“, riecht der Colles nicht wie ein typischer Sauvignon blanc. Für Kutej schmeckt er wie Olivensaft, Haider findet ihn beim ersten Schluck „ziemlich bitter“, auch Axel Leonhard nennt ihn „speziell, kräftig“, man schmecke heraus, dass er viel Alkohol (14 Prozent) hat.

„Man braucht sicher das richtige Essen dazu, sonst ist er etwas schwer“, sagt Wandl. Kutej erklärt, wie man den Alkohol schmecken kann: „Wenn es am Ende am Gaumen bitter wird und ein wenig warm, dann weiß man, dass der Wein mehr Alkohol enthält.“ Er glaubt, dass „noch große Sachen aus Slowenien auf uns zukommen“. Die zweite Flasche kostet 19 Euro, die Cuvée aus Flasche eins gibt es für elf Euro.

Noch ein Unterschied zwischen den beiden Weinen: Während man Berggitsch’n sofort trinken konnte, ist der Colles ein Wein, der Zeit braucht, wahrscheinlich sogar viel Zeit. „Die meisten Menschen neigen dazu, einen Sauvignon blanc viel zu früh zu trinken“, sagt Kutej. „Diesen sollte man sich hinlegen und ein paar Jahre warten, dann wird der Wein auch mehr wert sein als heute.“

Ein leichter Rotwein, der „etwas rauchig“ schmeckt

Flasche Nummer drei kommt von einer Pionierin des naturnahen Weinbaus, von Elisabetta Foradori aus den Dolomiten, Demeter-zertifiziert. Der 2014er Sgarzon enthält eine Rebsorte, die nur dort wächst, und Teroldego heißt, was Michael Kutej mit „dem Gold aus Tirol“ übersetzt. Es ist ein mit 12,5 Prozent Alkoholgehalt leichter Rotwein, der für Leonhard nach Malagaeis schmeckt, Kutej findet, dass er „rauchig und fast schon ein wenig pelzig“ riecht.

Die „Berggitsch‘n“ (v. l.) Eveline Wandl und Rosa Besler zusammen mit Brigitte Hafele.
Die „Berggitsch‘n“ (v. l.) Eveline Wandl und Rosa Besler zusammen mit Brigitte Hafele. © Eveline Wandl

Und was sagen die Sommelière? „Ich schmecke schwarze Kirsche und sehr reife Zwetschgen“, sagt Wandl, die auch herausschmeckt, dass der Wein in einer Amphore ausgebaut worden ist. Die Rebsorte sei mit nichts zu vergleichen, „das ist ein Wein, den man so in Deutschland nicht kennt, sehr spannend“. Dafür ist er mit 30 Euro auch deutlich teurer als die ersten beiden Flaschen.

Mit „1769“ auf den Spuren von Kaiser Napoleon

Der letzte Wein stammt aus dem Jahr 2015 und ist nach einem anderen, wichtigen Jahr benannt: Er heißt 1769, stammt vom Weingut Clos Venturi, und weil der Rotwein von Korsika kommt, ist das natürlich kein Zufall. 1769 ist das Geburtsjahr von Napoleon. Der Wein, der fast schwarz, auf jeden Fall extrem dunkel ist, besteht aus drei verschiedenen, eher unbekannten Rebsorten – und als Lars Haider hineinriecht, hat er „eine tiefe Kindheitserinnerung: Wildpark Schwarze Berge, das Freigehege. Es hat geregnet, der Boden ist matschig, hier sind Wildschweine und Rehe zu Hause.“

Kann man einen Rotwein so beschreiben? „Ja“, sagt Eveline Wandl. „Ich kann es nachvollziehen, man riecht die schwarze Erde heraus. Der Wein hat etwas sehr Reifes, mich erinnert er an die Marmelade, die man in einem Germknödel findet.“ Das trifft es noch besser, findet Haider, Axel Leonhard hat tatsächlich Hunger auf einen Germknödel.

Und Michael Kutej sagt: „Ich habe den Geschmack von Tomatenmark auf der Zunge, und etwas rote Paprika.“ Der Wein passe perfekt in die Herbstzeit hinein, die Flasche kostet knapp unter 15 Euro. Und man sollte ihn schnell trinken: „Er ist sicherlich jetzt in seiner Top-Phase, viele Jahre hält er nicht mehr durch.“