Hamburg. In Folge fünf des Wein-Podcasts “Vier Flaschen“ trifft das Trio auf einen der besten Sommeliers Deutschlands: Rakhshan Zhouleh.

Um die schöne Welt der Weine geht es in dem feuchtfröhlichen Podcast "Vier Flaschen", der alle zwei Wochen auf www.abendblatt.de/podcasts erscheint. Das müssen Sie hören!

Normalerweise sind Michael Kutej, Inhaber der Hanse-Lounge und kundiger Weinkenner, Lars Haider, Riesling-Liebhaber, und Axel Leonhard, passionierter Biertrinker, im Weinpodcast „Vier Flaschen“ zu dritt – diesmal haben sie einen Gast – und was für einen: Rakhshan Zhouleh ist da, dreifacher Sommelier des Jahres in Deutschland, ein Mann, der unter anderem im „Vier Jahreszeiten“ in Hamburg gearbeitet hat, im „Tantris“ in München und im „Margaux“ in Berlin. Und der in der Branche für seine gute Nase, vor allem für seine blumigen Beschreibungen von Weinen, gefeiert wird.

"Ein Riesling aus der Pfalz schmeckt oft nach Orange"

Er hat drei Weißweine für eine Blind-Verkostung mitgebracht und will die Stammbesetzung von „Vier Flaschen“ mit auf eine Reise nehmen. Die beginnt mit einem Wein, der nach Honig, Zitronenschalen und Koriandersamen riecht. Es ist ein Riesling, und Zhouleh verrät, wie man herausschmecken kann, aus welchem Anbaugebiet er kommt: „Wenn ein Riesling aus der Pfalz kommt, schmeckt er oft nach Orange. Im Rheingau haben Rieslinge einen mine­ralischen, fast erdigen Ton. Und an der Mosel ist der Riesling zitronig.“

Soll heißen: Der erste Wein kommt von der Mosel, aber das zu erraten, sei nicht der Sinn einer Blind-Verkostung, so Kutej: „Wichtig ist, wie man den Wein beschreibt und ob man ihn charakterisieren kann, darauf kommt es an. Bei der letzten deutschen Sommelier-Meisterschaft in Hamburg, hat nur einer von 15 Kandidaten einen Wein erkannt.“

Zurück zum ersten Wein: Er kostet 8,90 Euro, stammt aus dem Jahr 2017, es ist ein Hochgewächs vom Weingut Kallfelz. Was heißt Hochgewächs? „Der Winzer hat für sich eine eigene Qualitätskategorie geschaffen“, sagt Zhouleh, und Kutej ergänzt: „… die man nicht mit dem Großen Gewächs verwechseln darf.“ Das ist ein offizielles, überprüf­bares Gütekriterium. Später mehr dazu.

Diese Rebsorte muss den Klimawandel nicht fürchten

In der zweiten und der dritten Flasche, die der Profi-Sommelier mitgebracht hat, befindet sich eine weiße Traube, die wie der Riesling „den Charakter der Landschaft und der Böden widerspiegelt“ und der Zhouleh eine große Zukunft vorhersagt, weil sie sehr widerstandsfähig ist: „Auch in heißen Jahren behält diese Rebsorte ihre Substanz, sie muss den Klimawandel nicht fürchten.“ Es ist ein Silvaner, Zhouleh hat Flaschen aus zwei Jahrgängen, 2013 und 2017, dabei: „Der Wein hat eine wunderschöne Farbe, ein weiches Gelb mit einer Spur Gold und einem Hauch Grün und duftet nach Bitterorangenblüte, Honigmelone, Vogelbeeren, Heu und Weizenfeldern.“

Den Wein mit dem Namen „Umerus natura“ (übersetzt: Schulter der Natur) hat er mit dem Weingut Fürst Löwenstein kreiert, er wächst im Homburger Kallmuth in Franken. „Franken mit seiner unterschiedlichen Bodenstruktur und den klimatischen Bedingungen ist wunderbar geeignet für Rebsorten wie Silvaner, Riesling, Spätburgunder.“ Das Etikett ziert eine Balletttänzerin, die je nach Jahrgang eine andere Kopfbedeckung aufhat. Warum? „Weil ich finde, dass dieser Wein so leicht schmeckt wie eine Balletttänzerin sich bewegt.“

Kutej hat für Weinkäufer noch einen grundlegenden Tipp: „Ich würde von einem guten Wein auf jeden Fall immer zwölf Flaschen kaufen. Schmeckt die erste richtig gut, kann man die anderen dann nach und nach trinken. Und schmeckt die erste nicht so gut, dann wartet man halt ein Jahr, und probiert die nächste.“

Rakhshan Zhouleh hat 1200 Flaschen in seinem Weinkeller

„Viele Weine präsentierten sich nach ein, zwei Jahren ganz anders als bei der ersten Probe“, sagt Zhouleh, der in seinem Weinkeller 1200 Flaschen hat. Das kann Kutej noch überbieten: Er hat, „auch als persönliche Altersvorsorge“, 2500 Flaschen Wein. Den kleineren Teil davon, 600, lagert er bei sich zu Hause, für den größeren Teil hat er Räume in einem Bunker in Bremen angemietet, wo er ein- bis zweimal im Jahr nach dem Rechten sieht. „Ich liebe es, wenn Weine gut alt werden.“ Eignen sie sich als Geldanlage? „Einerseits finde ich es grausam, wenn mit Weinen spekuliert wird, denn das sind ja Lebensmittel und keine Aktien. Andererseits gibt es Weine, bei denen du in kurzer Zeit den Preis verdoppeln kannst.“

Der Wein, den Michael Kutej außer der Reihe mitgebracht hat, könnte in diese Kategorie gehören. Und, Überraschung, es ist ein Grauburgunder, eine Rebsorte, von der der kundige Kenner in der Regel nicht so viel hält, „weil es einfach zu viele gibt, die belanglos sind. Aber dieser Grauburgunder ist eine Ausnahme.“

Zhouleh ist schon nach dem ersten Test begeistert: „Dieser Wein schmeckt großartig, kräftig, hat einen wunderbaren Druck.“ Und das kommt nicht von ungefähr: Es ist ein Großes Gewächs – zu erkennen an dem „GG“ auf der Flasche – in Bio-Qualität vom Weingut Heitlinger, Jahrgang 2017. Die Flasche kostet 26 Euro, den Silvaner zuvor gibt es jeweils für 35 Euro. „Das ist bisher der mit Abstand beste Wein, den wir in dieser Runde getrunken haben“, sagt Lars Haider.

Zum Schluss gibt es noch einen Rotwein aus Südafrika: „Die starken Temperaturunterschiede am Tag und in der Nacht machen diesen Wein so stark“, sagt Zhouleh. Es ist ein Shiraz vom Weingut Hartenberg aus dem Jahr 2006, die Flasche kostet 79 Euro – und auch sie ist in den vergangenen Jahren im Wert gestiegen: „Sie hat früher nur um die 50 Euro gekostet.“

Den Weinpodcast „Vier Flaschen“ können Sie nicht nur hören, sondern – und das ist fast noch unterhaltsamer – auch sehen. Zu jeder Folge gibt es ein Video auf dem YouTube-Kanal des Hamburger Abendblatts.