Hamburg. Teil zwei des feucht-fröhlichen Podcasts „Vier Flaschen“ steckt voller Überraschungen – und endet mit einer wichtigen Erkenntnis.

Wine & Crime – kann es einen besseren Titel für eine Kolumne geben? Abwechselnd geht es an dieser Stelle um die schöne Welt der Weine und um die weniger schöne Welt der Verbrechen. Wir hoffen, Ihnen damit Appetit zu machen auf unsere beiden Podcasts, die ebenfalls im Wechsel jedes Wochenende auf www.abendblatt.de/podcasts erscheinen: auf „Vier Flaschen“ und „Dem Tod auf der Spur“. Das müssen Sie hören!

In „Vier Flaschen“ probieren der Kenner Michael Kutej, Riesling-Liebhaber Lars Haider und Axel Leonhard, der eigentlich am liebsten Bier trinkt, vier unterschiedliche Weine – und reden darüber. Drei Weiße, ein Rosé: Die vier Weine, über die wir diesmal sprechen, sind jeder für sich eine Überraschung.

Es geht los mit einer Flasche aus dem Zellertal im nördlichen Teil der Pfalz: ein noch relativ unbekanntes Anbaugebiet, in dem sich in den vergangenen Jahren aber viele Winzer Weinberge gekauft haben. Der Grund: Tagsüber ist es im Zellertal relativ warm, nachts kann es extrem abkühlen. „Diese Temperaturunterschiede sorgen dafür, dass der Wein besonders frisch bleibt“, sagt ­Kutej, der den 2018er Schwedhelm Weißburgunder (9,90 Euro) mitgebracht hat. Weißburgunder auch deshalb, weil „der sehr gut zum Essen passt und viel leichter ist als ein Grauburgunder“. Der erste Wein hat einen leichten Honigton, man riecht gelbe Äpfel und merkt schon in der Nase die leichte Kühle. Oder, um es mit Lars Haider zu sagen: „Es ist, als ob man die Tür eines Kühlschranks aufmacht.“ Und Kutej ergänzt: „Das ist ein blitzsauberer Wein, der nicht langweilig ist.“

Ob das für die zweite Flasche auch gilt? Die enthält ebenfalls einen Weißburgunder, der diesmal aus Österreich kommt und die gleiche Rebsorte als Pinot blanc tituliert: der 2017er Pinot Blanc „Am Zaum“ vom Weingut Malat aus Krems, ein sogenannter Lagenwein für zwölf Euro. Kurzer Einschub: Man unterscheidet zwischen Guts­weinen, sozusagen dem Einsteiger­modell eines Winzers, Ortsweinen (verschiedene Rebsorten von einem Ort), ­Lagenweinen (eine bestimmte Lage) und den großen Gewächsen.

Der Pinot blanc hat „leichte Steinobstanklänge“, wie Kutej es so schön sagt. Und noch schöner: „Das ist ein leichter, kein lauter Wein, kein Bodybuilder von der Nase her.“ Er ist cremiger als der Weißburgunder aus Deutschland, und schmeckt deutlich anders. „Wenn man die beiden miteinander vergleicht, kann man sehen, wie unterschiedlich man Weißburgunder machen kann“, sagt Kutej, der in Hamburg als geschäftsführender Gesellschafter die Hanse Lounge an der Binnenalster betreibt. Und: „Ich könnte die zweite Flasche jetzt sofort austrinken.“ Muss oder soll man das eigentlich? Ist es besser, eine Flasche Wein am Tag der Öffnung zu leeren, oder kann man sie, so wie Lars Haider, auch mal „zwei, drei Wochen im Kühlschrank“ stehen lassen? Kenner Kutej findet das zu lang, sagt aber auch, „dass es Weine gibt, die mit einiger Zeit besser schmecken“. Es sei immer eine Option, einen Wein, der einem gar nicht behagt, eine Zeit im Kühlschrank zu lassen und dann noch einmal zu probieren.

Beim dritten Wein, den Kutej mitgebracht hat, löst allein schon die Flasche Diskussionen aus: „Wenn man die sieht, denkt man gleich: Der ist richtig teuer“, sagt Leonhard. Ist der 2017er R & B ­Sémillon aus Südafrika auch – er kostet rund 36 Euro. Und schon beginnt die Diskussion, wie viel Geld man eigentlich für einen Wein ausgeben sollte. Ergebnis: Je höher der Preis, desto höher die Erwartungen – und je größer die Wahrscheinlichkeit, dass man enttäuscht wird. Zweite, grundsätzliche Frage: Darf man in Zeiten der Klimakrise in Deutschland überhaupt Weine aus Südafrika trinken? „Ich habe wenig Ahnung von Weinen“, sagt Biertrinker Leonhard. „Und weil das so ist, versuche ich, wenn ich Weine kaufen, wenigstens welche von deutschen Winzern zu nehmen und damit CO2 zu sparen.“ Kutej kontert: „Es ist mir wichtig, dass wir solche Weine auch hier bei uns in Deutschland trinken, weil sie so besonders sind. Und weil sie unter klimatischen Bedingungen entstehen, die es bei uns einfach nicht gibt.“ Fakt am Rande: Auf der Flasche aus Südafrika wird davor gewarnt, dass der „Genuss von Alkohol zu gesundheitlichen Schäden“ führen kann.

Der Wein ist im Holzfass ausgebaut und deshalb per se kräftiger. Er riecht nach Meer, für Kutej sogar nach Austern, schmeckt dann aber doch nach grünem Apfel, deutlich herber als der erste Weißburger, präzise und klar. Nächster Fakt am Rande: Den Wein gibt es nur in Hamburg, und zwar in einer limitierten Auflage von 400 Flaschen. Der Sémillon hat einen genauso hohen Alkoholgehalt wie die beiden Weißburgunder, schmeckt aber deutlich intensiver.

Die vierte Flasche bringt, so wollen es die Regeln der Runde, Riesling-Liebhaber Lars Haider mit. Der öffnet diesmal einen Wein, den er als Dank für eine Moderation erhalten hat. Und Michael Kutej erzählt, dass er einmal eine Freundin hatte, deren Mutter ihm zum Geburtstag einen Wein und ein Weinbuch von Aldi (!) geschenkt hat: „Und die wusste, was ich beruflich mache. Das fand ich wirklich respektlos. Aber vielleicht fand sie mich auch doof.“

Zum letzten Wein: Es ist ein 2015er Bretzenheimer Hofgut Riesling Spätlese trocken, der, wie sich rausstellt, nur um die fünf Euro kostet. Und der die Runde enttäuscht: Der Wein im Glas ist extrem dunkel, das sieht nicht schön aus. „Ich muss ihn nicht trinken, der ist nix“, sagt etwa Axel Leonard. „Man riecht vor allem überreifes Traubenmaterial“, sagt Kutej, und nachdem er den Wein probiert hat: „Dieser Riesling ist verwoben, neblig, mich törnt der Geruch schon ab. Er schmeckt wie eine Papaya, die man vor langer Zeit hätte essen müssen.“ Grundsätzlich sei Rosé sehr im Trend, obwohl die Sorte ja nur „ein Nebenprodukt bei der Herstellung von Rotweinen ist“. Aber eines, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut … Außer bei Michael Kutej: „Ich will nichts Böses sagen, aber die meisten Roséweine langweilen mich, weil sie zu eintönig sind.“

Viel Spaß beim Hören!