Hamburg. Hakan Calhanoglu schießt bessere Freistöße als Ronaldo, sagt Tunay Torun. Beim HSV geriet er mit einem Weltstar aneinander.

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Trotz frühlingshafter 16 Grad und Sonne sitzt Tunay Torun am frühen Nachmittag in seiner Istanbuler Wohnung in der Nähe des neuen Flughafens IST. Der Grund: Der frühere HSV-Profi, der vor einem Monat zum zweiten Mal Vater geworden ist, ist mit dem Abendblatt zum Podcast verabredet.

Die Geburt seiner Tochter Lina hat sein Leben durcheinandergewirbelt, verrät der 31-Jährige zu Beginn bei „HSV – wir müssen reden“. „Es ist ein Fulltime-Job“, sagt der gebürtige Hamburger, der auch einen fünfjährigen Sohn hat.

Tunay Torun: HSV im Herzen verankert

Nicht nur privat, auch sportlich hat Torun sein Glück gefunden. Nach sieben Wechseln in acht Jahren innerhalb der Süper Lig spielt der Angreifer seit Anfang Februar wieder bei Kasimpasa, dem Club, bei dem 2014 für ihn alles in der Türkei begann. „Ich musste nicht mal umziehen“, scherzt Torun, der zuvor bei Istanbul Karagümrük nur Reservist war.

Beim Tabellen-14. Kasimpasa spielt Torun mit einem weiteren Ex-HSV-Profi zusammen: Jeffrey Bruma (30). „Wir haben darüber gesprochen, dass Hamburg eigentlich in die Erste Liga gehört“, sagt Torun, der auch elf Jahre nach seinem Wechsel vom HSV zu Hertha BSC die Spiele seines Jugendvereins verfolgt. Er habe den HSV in seinem „Herzen verankert.“ Eine Bundesliga-Rückkehr halte er für schwierig, aber nicht unmöglich. „Es wäre schon geil, wenn der HSV und St. Pauli zusammen aufsteigen“, sagt Torun, der vor seiner HSV-Zeit in der Jugend des Stadtrivalen spielte.

Anders als der HSV hatte sich St. Pauli auch um eine Rückkehr seines früheren Talents bemüht. „Das war 2017“, erinnert sich Torun, der zur gleichen Zeit auch ein Angebot von Basaksehir um Ex-Weltstar Emmanuel Adebayor und den früheren Hamburger Eljero Elia hatte. „Wir nahmen an der Champions-League-Qualifikation teil. Das erschien mir lukrativer“, sagt Torun, der schließlich St. Pauli absagte und in der Türkei blieb.

„Calhanoglu schießt bessere Freistöße als Ronaldo“

Es war auch eine Entscheidung, mit der er sich erhoffte, in den Fokus der Nationalmannschaft zu rücken. Doch nach neun Länderspielen in den Jahren 2011 und 2012 blieb Torun ein Comeback für die türkische Auswahl verwehrt.

Auch mit dem neuen Nationaltrainer Stefan Kuntz gab es noch keinen Kontakt. Bei den WM-Play-offs der Türkei an diesem Donnerstag bei den favorisierten Portugiesen (20.45 Uhr/DAZN) fiebert er deshalb als Fan mit. „Die Türkei hat viele junge talentierte Spieler. In 90 Minuten kann alles passieren.“

Ein Rückspiel gibt es nicht. Der Gewinner trifft im Finale des neuen Modus auf den Sieger von Nordmazedonien gegen Europameister Italien. Doch zunächst einmal müssen die Türken Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo bezwingen. „Für mich ist er der weltbeste Spieler“, sagt Torun, der allerdings in einer Wertung den türkischen Nationalspieler und Ex-HSV-Profi Hakan Calhanoglu für gefährlicher hält. „Beide haben eine herausragende Schusstechnik, aber Hakan schießt die besseren Freistöße.“

Torun: So lief der HSV-Kabinenstreit mit van Nistelrooy

In 75 Podcastminuten sprach Torun auch über einen Kabinenstreit mit Ruud van Nistelrooy. In der Pause des Europa-League-Rückspiels des HSV in Anderlecht (3:4) im März 2010 gerieten der damals 19 Jahre alte Torun und der Weltstar aneinander. Van Nistelrooy soll dabei handgreiflich geworden sein. „Es gab ein Missverständnis auf dem Platz“, erzählt Torun zwölf Jahre später. „Er dachte, ich hätte ihn angemeckert. In der Kabine schrie er mich an, ich verstand gar nicht, was los war. Daraufhin kam Bruno Labbadia zu mir und fragte, ob ich weiterspielen könne. Natürlich konnte ich das.“

Trotz des Zoffs zog der HSV ins Viertelfinale ein. „Nach dem Spiel ging Ruud zu mir und entschuldigte sich vor der gesamten Mannschaft bei mir. Dafür zolle ich ihm Respekt. Ich mochte Ruud wirklich sehr, er war extrem ehrgeizig trotz seines Alters.“ Es ist eine Geschichte, über die Torun inzwischen lachen könne.

Nach seiner Karriere will Torun den Trainerschein machen. Ob sein Weg als Coach zurück zum HSV führt? „Hoffentlich! Das würde mich freuen.“