Ralf Moeller spricht mit Lars Haider über das Bodybuilding, sein Buch „Erstma' machen!“ und über den Umgang mit seinen Mitmenschen.

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Es soll Prominente geben, die Bücher unter ihrem Namen veröffentlichen, die sie selbst gar nicht geschrieben (und manchmal nur flüchtig gelesen) haben­. Ralf Moeller gehört nicht dazu: Das Buch über sein Leben hat der ehemalige Mister Universum und Schauspieler („Gladiator“) von Drehbuchautor Tankred­ Lerch („Stromberg“) schreiben lassen.

In der Abendblatt-Reihe „Entscheider treffen Haider“ ist das Original zu lesen und zu hören. Moeller – bei dem vor wenigen Tagen eine Corona-Infektion festgestellt wurde – erzählt, warum er niemals mit dem Rücken zum Meer steht, wieso die Deutschen sich mit ihren Tugenden bei der Bekämpfung der Pandemie selbst im Weg stehen – und wie es ist, in Recklinghausen wieder mit seinen Eltern zusammenzuleben.

Das sagt Ralf Moeller über …

… sein Lebensmotto:

„Das ist: „Erstma‘ machen“, deshalb heißt mein Buch auch so. Ich mach erstmal, gern auch aus dem Effekt oder dem Bauch heraus. Später denke ich dann, je nach dem Ausgang der Geschichte, darüber nach, was gut und was nicht so gut gelaufen ist. Ich hatte in meinem Leben oft keinen Plan, wenn ich mit etwas begonnen habe. Nehmen wir das Bodybuilding: Angefangen habe ich als 17-Jähriger damit, um fitter zu werden, so ein Typ wie Bruce Lee, nicht um eines Tages Mister Universum zu sein.“

… Bodybuilder, die Bücher machen:

„Mein letztes Buch habe ich vor mehr als 30 Jahren geschrieben, über die Faszination Bodybuilding. Als im vergangenen Jahr die Idee aufkam, ob ich nicht ein weiteres machen sollte, habe ich den Menschen des Verlags gesagt: Leute, an den Übungen hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten nichts geändert. Worüber soll ich noch ein Buch schreiben? Und dann haben sie gesagt: Über das, was du in deinem Leben, auf dem Weg vom Schwimmmeister aus Recklinghausen zum Hollywood-Schauspieler erlebt hast.

Ich hatte Ziele, ich hatte Gedanken, Träume, einen Instinkt, und das alles hat mich zu dem werden lassen, was ich heute bin. Darum geht es: wie ich zum Beispiel eine Rolle in einem „Tatort“ mit Götz George bekommen habe, einfach, weil ich ein paar Fotos von mir bei einer Filmfirma abgegeben habe. Oder wie ich ohne Termin nach Los Angeles geflogen bin, um dort mit einem der wichtigsten Filmemacher zu sprechen.

Was hatte ich zu verlieren? Im schlimmsten Fall wäre ich zurück nach Deutschland gekommen und derselbe gewesen, der ich vor dem Flug war. Tatsächlich habe ich meine erste Rolle in einem Hollywood-Film bekommen, weil ich die Dame am Empfang der Firma so lange bequatscht habe, bis sie mich zu ihrem Chef durchgelassen hat. Motto: „Ich bin zwölf Stunden geflogen, da muss er doch wenigstens fünf Minuten Zeit für mich haben …“

… einmal Bademeister, immer Bademeister:

„Ich bin gelernter Schwimmmeister, landläufig als Bademeister bekannt. Wie tief das in mir steckt, merke ich immer, wenn ich am Meer bin oder bei einer Party, bei der es irgendwo einen Pool gibt. Ich kann nie mit dem Rücken zum Wasser stehen, ich habe automatisch immer einen Blick auf die Menschen, die baden. Es kündigt sich nicht an, wenn jemand untergeht, der ist auf einmal weg. Deshalb gucke ich jedes Mal aufs Wasser, gerade, wenn ich in Kalifornien bin, wo ja viele Menschen auf ihren Grundstücken Pools haben.“

… Krafttraining und was man daraus fürs Leben lernen kann:

„Ich fange an zu zählen, wenn es wehtut. Man darf die Hantel nicht nach neun Wiederholungen zur Seite legen, weil es anfängt, etwas zu schmerzen – dann muss man erst recht weitermachen. So hat das auch Muhammed Ali gemacht. Champion kann man nur werden, wenn man über sich hinauswächst, das gilt fürs Bodybuilding wie für das gesamte Leben. Wir haben oft Gegenwind, werden stark von Freunden und unserem Umfeld beeinflusst. Ich komme aus Recklinghausen-Süd, mein Vater war Schlosser, meine Mutter hat Schuhe verkauft, später auch mal bei Blaupunkt am Fließband gearbeitet, ich komme also aus einer normalen Arbeiterfamilie. Aber ich hatte Träume. Und ich wusste durchs Bodybuilding, dass man alles schaffen kann: Ich habe beim Bankdrücken mit 40 Kilogramm begonnen und bin später mal bis 240 Kilogramm gekommen. Das hat mir Mut gemacht für alle anderen Entscheidungen in meinem Leben.“

… die Freundschaft zu Arnold Schwarzenegger:

„Ich habe Arnold 1981 bei der Premiere seines Films „Conan“ in Essen kennengelernt, also quasi bei mir ums Eck. Dann hat Arnold bei der ersten Bodybuilding-Weltmeisterschaft, an der ich teilgenommen habe, für einen amerikanischen TV-Sender kommentiert und über mich gesagt: „Wenn der Ralf Moeller den Latissimus ausfährt, denken die Leute, ein Vorhang geht zu.“ Richtig vertieft hat sich die Freundschaft, als ich Anfang der 90er-Jahre mit meiner Familie in die USA gezogen bin.“

… das Altern als Bodybuilder:

„Als ich mit 27 Jahren Mister Universum geworden bin, haben die Leute gesagt: Wenn der mal 55 ist, hängt der Bizeps bis zur Kniekehle. Heute bin ich über 62 und immer noch in Topform. Ich habe vor anderthalb Jahren einen Test gemacht, in dem Kraft, Flexibilität und Ausdauer geprüft wurden – meine Ergebnisse entsprachen der eines 38-Jährigen. Das Schöne ist, dass man auch im höheren Alter durch Training Kraft und Muskulatur hinzugewinnen und das Immunsystem stärken kann, deshalb ist es auch so schade, dass die Studios jetzt schon so lange geschlossen sind. Ich stelle fest, dass gerade am Vormittag in den Studios viele Menschen trainieren, die 60 und älter sind.“

… Hamburg:

„Hamburg ist eine meiner Lieblingsstädte. Wir haben hier früher immer Elfriede besucht, die Cousine meines Vaters, die in der Nähe von Planten un Blomen in einer riesigen Wohnung lebte, mehr als doppelt so groß wie unsere in Recklinghausen. Hamburg war für mich jedes Mal ein Riesenerlebnis, ich bin oft zum Hafen gelaufen, der stand für mich für Freiheit und Abenteuer. Da habe ich schon damals dieses Fernweh verspürt.“

… vegane Ernährung:

„Der Gorilla und der Elefant sind Pflanzenfresser, Ralf Moeller auch. Da haben wir schon mal drei Lebewesen, die zeigen, dass sich Kraft und Muskeln und der Verzicht auf Fleisch nicht ausschließen. Wobei: Ich war auch über 40 Jahre Fleischesser, ernähre mich heute aber zu 80 Prozent vegan.

Das hat drei Gründe. Erstens ist es gesünder, zweitens ist es besser für das Klima, und drittens finde ich die heute praktizierte Massentierhaltung einfach nur grausam. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, die Ernährung umzustellen, aber ich sage den Leuten immer: Versucht doch erst mal, euch einen Tag in der Woche vegan zu ernähren. Das ist gar nicht so schwer, die Auswahl an vegetarischen und veganen Produkten in den Supermärkten ist in den vergangenen Jahren sehr stark gewachsen, in den USA übrigens deutlich schneller als in Deutschland.“

… deutsche Tugenden in der Pandemie:

„Wir Deutsche sind toll. Wir sind pünktlich, lieben die Perfektion, können großartig organisieren. Wir haben nur eine Schwäche: Wir übertreiben es manchmal mit unserer Gründlichkeit, denken zu lange über wichtige Entscheidungen nach und sind dabei zögerlich. Bei der Bekämpfung der Pandemie stehen wir uns deshalb selbst im Wege. Denn im Kampf gegen das Virus ist Schnelligkeit wichtiger als Gründlichkeit und Daten­sicherheit. Man muss flexibel und pragmatisch sein, so wie in den USA, wo man sich selbst beim Wal-Mart impfen lassen kann. Arnold ist übrigens mit seinem Auto in ein Drive-Thru-Impfzentrum gefahren: Fenster runter, Arm raus, Spritze rein, weiter.“

… die Corona-Impfung seiner Eltern:

„Ich wollte eigentlich bis Anfang Januar in Deutschland bleiben, weil ich dachte, dass meine Eltern – mein Vater ist 92, meine Mutter 85 – bis dahin gegen Corona geimpft sind. Pustekuchen. Es ist schlimm und beschämend, wie in Deutschland mit älteren Menschen umgegangen wird. Wir können doch nicht von denen verlangen, dass die sich selbst über das Internet einen Impftermin besorgen.

Was ist da schiefgelaufen? Ich will nicht ausschließen, dass es vereinzelt Leute über 80 oder gar 90 gibt, die dazu in der Lage sind, sich über das Netz und mit einem Code, den man aufs Handy bekommt, einen Termin zu organisieren. Aber die Masse kann es nicht. Und bei vielen stellt sich auch die Frage, wie sie ins Impfzentrum kommen. Wie hätten meine Eltern das allein schaffen sollen, wenn ich nicht da gewesen und mich darum gekümmert hätte? Die Impfungen müssen zu den Hausärzten gehen, die können das am besten.“

… Donald Trump:

„Ich bin eigentlich Republikaner und hätte nicht gedacht, dass ich bei zwei Wahlen hintereinander für demokratische Kandidaten stimmen würde, für Hillary Clinton und für Joe Biden. Ich bin sehr erleichtert, dass Biden gewonnen hat. Trump hat nur davon gelebt, mit seinen Provokationen Gegenwind zu erzeugen und die Nation zu spalten.“

… seine Rückkehr in die USA:

„Ich werde Anfang Mai zurückgehen, aber im Sommer wiederkommen, weil ich noch einen Film in den Bavaria-Studios zu Ende drehen muss und im Sommer eventuell einen weiteren Film in England mache.“