Hamurg. Entscheider treffen Haider: Jens Sroka, Erfinder der Beach Motels, über Bretterbuden und 150-Millionen-Euro-Investments-

Sie heißen Beach Motel, Bretterbude oder Lighthouse – mit seinen ungewöhnlichen Hotels hat der Hamburger Jens Sroka (45) den Tourismus an Norddeutschlands Küsten revolutioniert und einige verschlafene Orte wie Heiligenhafen und Büsum wachgeküsst. Im Gespräch mit Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider spricht er über Rollatoren im Surfer-Hotel, über den Unterschied zwischen St. Peter-Ording und Sylt, über Zimmer mit Meerblick – und über seinen großen Plan für Hamburg. Das komplette Gespräch können Sie hier hören.

Das sagt Jens Sroka über…

… das „Strandgut“ in St. Peter-Ording, mit dem eine neue Zeit an der Küste begann:

„Mein Bruder und ich waren 2006 die ersten, die mit dem Strandgut ein bezahlbares Design-Hotel an der Küste gebaut haben. Damals gab es im Ort vor allem die typischen Pensionen und Hotels, die in den 70er- und 80er-Jahren geplant worden waren. Wir wollten etwas Neues an die Nordsee bringen, das Konzept lässt sich in drei Worten zusammenfassen: jung, frisch, bezahlbar. Die Reaktion der Einheimischen war gespalten. Die einen haben sich gefreut, die anderen haben unser Haus „Touristensarg“ genannt, weil es ein schwarzer Klinkerbau war. Aber dann kam der Erfolg: Im ersten Jahr hatten wir 89 Prozent Auslastung, im zweiten Jahr mehr als 90 Prozent. Und wir haben viele neue Gäste nach St. Peter gebracht, von denen auch andere Geschäftsleute profitiert haben.“

… die Gründung des ersten Beach Motels:

„Der Bauunternehmer, der für uns das Strandgut gebaut hatte, hatte noch ein anderes Grundstück in St. Peter-Ording und wollte dort eigentlich Ferienwohnungen bauen. Ich habe ihm gesagt: Ferienwohnungen gibt es schon genug, guck dir mal mein Konzept für ein Beach Motel an. Ich wollte ein Hotel für die Bulli-Fahrer, die Surfer und Hoodie-Träger eröffnen, für die selbst das Strandgut zu spießig war. Ich wollte das erste Motel an einem Strand in Deutschland bauen. Und das haben wir dann gemacht, mit einem Erfolg, der größer war als der des Strandguts. Wir waren zeitweise drei Monate im Voraus ausgebucht. Die Auslastung liegt bei mehr als 90 Prozent, aber nur, weil wir bewusst die Preise erhöht haben, um dem gigantischen Andrang Herr werden zu können.“

… das Prinzip der Bretterbude:

„Das Beachmotel war eigentlich gedacht für Gäste zwischen 25 und 35, coole Surfer eben. Aber tatsächlich lag und liegt das Durchschnittsalter bei 45, und die Gäste sind auch viel wohlhabender, als ich das erwartet hatte. Deswegen hatte ich die Idee, in Heiligenhafen neben einem weiteren Beach Motel ein noch unkonventionelleres Haus zu bauen, die Bretterbude: kleine Zimmer, kleine Preise – wobei das kleinste Zimmer inklusive Bad 12,6 Quadratmeter misst, man kann nicht mal ums Bett herumgehen. Ich hatte mit einer Durchschnittsrate von 70 Euro pro Zimmer gerechnet, tatsächlich sind es jetzt 112 Euro, das ist für eine Bretterbude gar nicht so schlecht. Die Auslastung liegt bei 87 Prozent, das Durchschnittsalter bei 35 Jahren. Wobei es auch ältere Damen gibt, die dort absteigen, und dann in den Gästefragebogen schreiben: „Es wäre schön, wenn es im Zimmer etwas mehr Platz für unsere Rollatoren geben würde.“

… die touristische Zukunft von St. Peter-Ording:

„St. Peter ist in den vergangenen Jahren das günstigere Sylt geworden, mit dem unschlagbaren Vorteil, dass man es viel schneller erreichen kann. Es werden noch einige neue Hotels im Ort gebaut werden. Je mehr es gibt, desto vielseitiger wird der Ort, desto stärker wird er beworben. Das zahlt sich dann für alle aus. Deshalb finde ich es sehr schade, dass die Pläne für das geplante Dünen-Hotel in St. Peter aufgegeben worden sind. St. Peter braucht aus meiner Sicht wieder mehr frischen Wind, die ruhen sich ein bisschen auf den Erfolgen aus. Und die Politik schaut natürlich sehr auf die Bürger, von denen viele Ruhe vom Tourismus wollen.“

… Heiligenhafen:

„Als ich das erste Mal mit meinen Geschäftspartnern in Heiligenhafen war, um ihnen meine Hotelpläne vorzustellen, haben die gesagt: Bist du nicht ganz dicht? Hier willst du hin? Aber die Politik in Heiligenhafen hatte einen Plan, wo sie in den nächsten zehn bis 15 Jahren hinwill, und wir brauchen eine Aufbruchstimmung für unsere Projekte. Dazu kam, dass Heiligenhafen – anders als Grömitz oder Scharbeutz – eine kaum verbaute Küstenlinie hat und dass Grundstücke dort noch bezahlbar waren.“

… Büsum:

„Wir haben in Büsum mit dem Lighthouse unser schickstes Haus gebaut, weil das besser zu dem Ort passt. Wir sehen großes Potenzial in Büsum, deshalb planen wir dort drei weitere Projekte: Mit dem Bau einer Bretterbude fangen wir im März an, außerdem wird es 50 Beach-Apartments geben und ein All-Suites-Hotel.“

… Sylt, Amrum, Föhr:

„Alles tolle Orte, aber eben Inseln. Die Grundstücke dort sind um einiges teurer, die Baukosten liegen zwischen 30 und 50 Prozent höher, und du hast es schwer, Mitarbeiter dort zu halten. Deshalb bin ich lieber auf dem Festland geblieben.“

… 150 Millionen Euro, die er bisher für Hotel-Projekte ausgegeben hat:

„Ich finanziere das mit meinen beiden Geschäftspartnern, dem Bauunternehmer Sönke Kähler und Stephan Johannsen, der aus der Solar- und Windenergiebranche kommt. Sönke baut mit seinen Firmen alle unsere Hotels, das ist ein großer Vorteil. Wir wollen weiter sinnvoll wachsen, sind aber jetzt an einem Punkt, an dem wir uns für die Richtung entscheiden müssen. Holen wir uns einen strategischen Investor ins Unternehmen oder lassen wir alles, wie es ist?“

… den neuen Lockdown:

„Wir waren für den November sehr gut gebucht, haben viel Zeit und Geld in Hygienekonzepte investiert. Es ist schon bitter, wieder alle 370 Mitarbeiter nach Hause schicken zu müssen. Wir sollen zwar Sonderzahlungen für den Umsatzausfall bekommen, aber wie viel und wann steht in den Sternen.“

… Hamburg:

„Wir planen im Münzviertel ein Hotel mit 140 Zimmern, 13 Stockwerke hoch. Baubeginn ist voraussichtlich im zweiten Quartal 2021, Eröffnung dann 2023. Wir haben da ein spannendes Konzept, eine Mischung aus Bretterbude und Beach Motel, an der sich auch eine spannende Hamburger Marke beteiligen wird.“

… Zimmer mit Meerblick:

„Es ist mir wichtig, dass wir mit unseren Hotels möglichst direkt am Meer sind. Und es ist wichtig, dass wir möglichst viele Zimmer mit Meerblick haben, weil der Gast bereit ist, dafür im Schnitt 50 Euro mehr zu bezahlen.“