Hamburg. Hamburgs Zweite Bürgermeisterin im Podcast: Welche Rolle spielen die Eltern der Grünen und warum sie Chefin der Uno werden wollte.

Was wollten Sie als Kind werden und warum?

Sportreporterin! Ich habe schon als Siebenjährige mit meinem Vater auf dem Sofa gesessen und gebannt die Olympischen Spiele in Los Angeles verfolgt. Wegen der Zeitverschiebung oft mitten in der Nacht. Seitdem bin ich begeisterte Sportanhängerin. Mich interessieren wirklich fast alle Sportarten. Später wollte ich dann Chefin von der UNO werden, weil die UNO ja für den Frieden in der Welt zuständig ist. Das schien mir eine sinnvolle Beschäftigung zu sein.

Was war der beste Rat Ihrer Eltern?

Erstens: Nicht nur an sich selbst, sondern ganz viel an andere denken. Zweitens: Sich selbst treu zu bleiben, den eigenen Weg gehen und nicht zu viel darauf geben, was andere denken oder sagen könnten.

Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?

Ein direktes Vorbild in der Politik habe ich nicht, aber Rosa Parks oder Martin Luther King aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung faszinieren mich besonders. Sie zeigen: Der Mut des Einzelnen kann die Welt verändern. Außerdem beeindrucken mich Helden des Alltags, die etwas bewirken, was über sie selbst hinausgeht. Sei es, indem sie sich zum Beispiel bewusst für einen Heil- und Pflegeberuf entscheiden, um anderen Menschen zu helfen. Oder indem sie den Mut haben, mit einer guten Idee ein Unternehmen zu gründen und damit Jobs für sich und andere zu schaffen.

Was haben Ihre Lehrer/Professoren über Sie gesagt?

Die steckt mit ihrer guten Laune an. Sie diskutiert gern, argumentiert gut, vertritt ihre Meinung klar, ohne andere Standpunkte abzubügeln. Und sie hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.

Wann und warum haben Sie sich für den Beruf entschieden, den Sie heute machen?

Es gab keinen festen Zeitpunkt. Karrieren in der Politik lassen sich nicht planen, da muss schon viel zusammenkommen – auch eine Prise Glück. Gestaltungs- und Veränderungslust haben dazu geführt, dass ich mich parteipolitisch engagiert habe. Ich wollte nicht nur an der Seitenlinie meckern, sondern selbst aufs Spielfeld und den Ball reinhauen.

Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?

Meine Eltern, weil sie immer an mich glauben und mich schon früh darin bestärkt haben, meinen Interessen und Leidenschaften zu folgen.

Auf wen hören Sie?

Ich höre auf meine Familie und enge Freundinnen und Freude. Gerade auch auf diejenigen, die beruflich was ganz anderes machen. Es ist wichtig, dass die Politik nicht nur im eigenen Saft schmort. Auch meine engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wichtig. Ich suche mir gezielt Leute mit eigenem Kopf, keine Jasager.

Was sind Eigenschaften, die Sie an Ihren Chefs bewundert haben?

Ich hatte ja schon einige Chefs, auch im Leben vor der Politik. Besonders beeindrucken mich diejenigen, die eine visionäre Stärke mit der Fähigkeit verbinden, Dinge auch wirklich umzusetzen. Und ich finde es gut, wenn trotz notwendiger Härte das menschliche Feingefühl nicht auf der Strecke bleibt.

Was sollte man als Chef auf keinen Fall tun?

Sich gemütlich einrichten in der Position und denken, dass der Drops gelutscht ist.

Was sind die Prinzipien Ihres Führungsstils?

Zunächst: Wer führen will, muss fröhlich sein. Mit Optimismus lebt und entscheidet es sich besser. Ich bin keine Frau der einsamen Entscheidungen, sondern schätze den Wert eines Teams. Nur wer unterschiedliche Talente und Temperamente zusammenführen kann, ist auch als Führungskraft erfolgreich. Im Vergleich zum Chef eines Konzerns muss ich als Politikerin wahrscheinlich noch stärker darauf achten, viele Menschen mitzunehmen und zu überzeugen, indem ich meine Entscheidungen erkläre. Ich wäge gerne unterschiedliche Sichtweisen ab, dann wird aber entschieden und gemacht.

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

Es ist schön, so viel Geld zu verdienen, dass ich meinen Kindern Sicherheit geben kann. Davon abgesehen war Geld für mich aber nie der Antrieb, einen Job zu machen oder zu lassen. Was ich beruflich mache, muss für mich einen Sinn ergeben. Und es muss sich mit meinen Werten verbinden lassen.

Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?

Ich bin anspruchsvoll, gerade weil mir gute Beratung so wichtig ist. Das heißt, ich schätze es, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intern einen eigenen Standpunkt vertreten, den sie klar und logisch argumentieren können. In meinem Team haben alle einen hohen Grad an Freiheit und mein Vertrauen, dass sie damit verantwortungsbewusst umgehen. Wenn die Dinge entschieden sind, erwarte ich allerdings auch, dass sich alle loyal und mit ganzer Kraft reinhängen. Also: Offen nach innen, geschlossen nach außen.

Worauf achten Sie bei Bewerbungen?

Um in der Politik zu arbeiten, braucht man bestimmte analytische und strategische Fähigkeiten. Das ist schon ein Beruf, der eine bestimmte Spezialisierung erfordert. Aber Politik darf dabei kein Closed Shop werden. Deshalb mag ich es, wenn ein Lebenslauf auch ein paar Abzweigungen kennt. Ob es nun ein Jahr in einem Kibbuz ist, ein Job in einer NGO oder einem Unternehmen. Zum einen ist mir Offenheit und Neugierde immer sympathisch. Zum anderen lebt Politik davon, dass unterschiedliche Erfahrungen eingebracht werden.

Duzen oder siezen Sie?

Ich komme aus einer Partei, in der sich alle duzen. Aber im Amt sieze ich die meisten und werde auch gesiezt. Ich mag das Hamburger Sie: „Katharina, wie finden Sie das denn?“

Was sind Ihre größten Stärken?

Ich brenne leidenschaftlich für das, was ich tue. Ich glaube, ich bin dabei herzlich und bodenständig. Und ich mache und rede nicht nur.

Was sind Ihre größten Schwächen?

Harte Konflikte erschöpfen mich manchmal zu sehr, weil ich vom Wesen her eigentlich Harmonie mag. Mit der Politik habe ich mir ausgerechnet ein Arbeitsfeld gesucht, in dem Auseinandersetzungen zum täglichen Brot gehören. Ich betrachte es einfach als eine dauernde Aufgabe, mich in diesem Umfeld durchzusetzen, ohne mich dabei selbst zu verleugnen.

Welchen anderen Entscheider würden Sie gern näher kennenlernen?

Theresa May.

Was würden Sie sie fragen?

Wie überzeugt sie tatsächlich ist von dem, was sie da gerade macht.

Was denken Sie über Betriebsräte?

Ich halte sie für absolut wichtig. Wenn Arbeitnehmerrechte nicht nur auf dem Papier existieren sollen, brauchen sie eine starke Institution, die sie innerbetrieblich durchsetzt. Im Wissen um die konkreten Bedingungen des Betriebs. Dass Betriebsräte in Deutschland immer wieder mit so viel Augenmaß den Schutz der Belegschaft und den Bestand des Unternehmens zusammen denken, ist ein wesentlicher Teil unseres gesamten wirtschaftlichen Erfolgs.

Wann haben Sie zuletzt einen Fehler gemacht?

Der G-20-Gipfel in Hamburg war ein Fehler, und ich persönlich hätte als Koalitionspartner viele Entscheidungen dazu im Vorfeld früher und kritischer hinterfragen sollen. Daraus habe ich für mich klare Schlüsse gezogen. Das richtige Ziel der internationalen Verständigung darf nicht alle praktischen Zweifel an der Standortwahl und Dimension eines solchen Gipfels beiseitewischen. Und auf Hamburg bezogen: Die Grünen müssen immer die Partei in der Koalition sein, die ihr Ohr ein Stück näher an der Stadtgesellschaft hat.

Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?

Persönlich haben mir meine Auslandsaufenthalte in London, New York oder der Türkei geholfen, die Dinge immer aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Politisch war das sicher die Entscheidung, 2015 trotz sehr schwieriger Ausgangsbedingungen in eine Koalition mit der SPD einzutreten. Ich habe darauf vertraut, dass wir als Regierungspartei mit guter Arbeit an Stärke und Vertrauen gewinnen. Ich habe auch daran geglaubt, dass ich selbst dazu etwas beitragen kann. Und ich habe den Eindruck, dass ich mit beidem richtig lag.

Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Woche?

Das schwankt zwischen 60 und 80 Stunden in der Woche. Jetzt mit den Zwillingen werde ich noch stärker darauf achten, jede Minute Arbeitszeit so effizient wie möglich zu nutzen.

Wie viele Stunden schlafen Sie (pro Nacht)?

Normalerweise sechs Stunden. Derzeit allerdings aus zwei konkreten Gründen weniger.

Wie gehen Sie mit Stress um?

Die offizielle Antwort: Möglichst gelassen bleiben. Die ehrliche Antwort: Leider zu viele Süßigkeiten. Aber so ein Grundpegel an Adrenalin treibt mich auch zur Höchstform.

Wie informieren Sie sich (außer über das Hamburger Abendblatt, natürlich)?

Die Hamburger Medien lese ich alle täglich, meist digital. Überregional verfolge ich die wichtigsten Onlineportale und lese die politischen Wochenmagazine. Tratsch- und Klatschzeitschriften liebe ich, wenn ich mal eine davon in die Finger bekomme. Am Wochenende habe ich dann gerne auch mal eine echte Zeitung in der Hand.

Wie kommunizieren Sie?

Am liebsten im direkten Gespräch und am Telefon. Aber irre viel läuft auch über SMS, Threema, WhatsApp, soziale Medien. Ich weiß gar nicht, wie Generationen vor mir ohne Smartphone regieren konnten.

Wie viel Zeit verbringen Sie an ihrem Schreibtisch?

Ganz unterschiedlich, aber kaum je länger als vier Stunden am Stück, weil ich viel unterwegs bin in der Stadt. Das erfordert mein Amt, so wie ich es verstehe. Und so bin ich auch gestrickt. Ich möchte mir Dinge vor Ort anschauen und mit Leuten sprechen, um richtig zu entscheiden. Das Tolle an der Politik im Stadtstaat ist, dass man das meistens auch machen kann.

Wenn Sie morgen keine Lust mehr auf Ihren Job hätten – gäbe es bei den Grünen einen Mann UND eine Frau, die sofort übernehmen könnten?

Ja, beides!

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?

Macht das, was euch begeistert. Und das dann richtig!

Was unterscheidet den Menschen von der Chefin Katharina Fegebank?

Nicht so viel. Ich bleibe als Chefin der Mensch, der ich bin.

Worauf kommt es im Leben wirklich an?

Dass wir nach einer ausgestreckten Hand greifen können, wenn wir sie brauchen. Niemand wird ohne helfende Hand auf die Welt gebracht. Und die meisten wünschen sich auch eine haltende Hand, wenn sie die Welt verlassen. Lebensentwürfe werden vielfältiger, das ist gut so. Aber trotzdem bin ich davon überzeugt, dass vieles im Leben schöner und leichter ist, wenn man es mit anderen teilen kann.

Und zum Schluss: Was wollten Sie immer schon mal sagen?

Ich halte es mit Oscar Wilde: Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.