Hamburg. Eine neue Folge des Podcasts „Dem Tod auf der Spur“ mit Prof. Klaus Püschel befasst sich mit dem speziellen Fund auf einem Speicher.

podcast-image

Es ist ein Fall, der für eine Weile Wissenschaftler aus aller Welt elektrisiert hat. Man kann auch sagen, dass er viel Staub aufgewirbelt hat – auch im wortwörtlichen Sinn. Denn zunächst mal führt er uns auf einen Dachboden. Diese Räume hüten Erinnerungen, und manchmal sind in ihnen auch Geheimnisse verborgen. Vielleicht sogar solche von sagenhaftem Wert?

Womöglich war es die Hoffnung auf ein Abenteuer, das einen Zehnjährigen aus Niedersachsen im Juli 2013 auf den Speicher seiner verstorbenen Großmutter lockt. Hier entdeckt der Schüler eine geheimnisvolle Kiste. Sie beherbergt Mumie samt Sarkophag! Da schwingt viel Magie mit, viel Rätselhaftes. Die Medien stürzen sich auf die Entdeckung, die fortan als Dachbodenmumie bezeichnet wird. „Was den Ägyptern heilig war, hat später auch in Europa für Faszination gesorgt“, erklärt Rechtsmediziner Klaus Püschel im Abendblatt-Crime-Podcast „Dem Tod auf der Spur“ mit Bettina Mittelacher.

Rechtsmedizin: Mumienmanie in der Renaissance

„Von einer regelrechten ,Mumienmanie‘ könnte man ab der Renaissance sprechen. Legendär waren im ausgehenden 19. Jahrhundert Partys, bei denen unter Beifall Mumien ausgewickelt wurden. Nicht selten aber entpuppt sich ein vermeintlich historisches Unikat als plumpe Fälschung.“

Insofern ist auch bei der Entdeckung, die der Zehnjährige gemacht hat, zunächst einmal Vorsicht angebracht. Der Vater des Jungen, ein Zahnarzt, erzählt, dass sein Vater damals mit einem Schulfreund als Soldat in Afrika gewesen sei. Von diesem Freund hieß es, dass er 1943 nach dem Ende des Afrikafeldzugs von Erwin Rommel in Ägypten geblieben sei und dort Altertümer erworben und nach Deutschland verschifft habe. „Die Mumie war 1,49 Meter groß und etwa zehn Kilo schwer. Die Arme lagen auf der Brust über Kreuz“, erinnert sich Püschel.

Pfeilspitze in der linken Augenhöhle

Eine Computertomografie der Mumie fördert zunächst Befunde zutage, die trotz eines relativ neuen äußeren Verbandsmaterials für einen historisch wertvollen Fund sprechen könnten. Bei dem Korpus scheint es sich um ein einbandagiertes menschliches Skelett zu handeln. In der linken Augenhöhle steckt eine Pfeilspitze! Um den Kopf der Mumie herum verläuft ein diademartiges schmales Band. Die Knochen sind offenbar aus einem Material, das metallische Bestandteile enthält.

Das ägyptische Außenministerium erklärt, wegen der gefundenen Pfeilspitze und des vermutlich goldenen Stirnbands, das nur von hochgestellten Persönlichkeiten getragen wurde, sei vorstellbar, dass es sich bei dem Toten um einen ermordeten Königssohn handelte. „Bei der Enthüllung und Teilsektion im Institut für Rechtsmedizin waren wir alle mit Fingerspitzengefühl dabei“, erzählt Püschel. Doch schon der erste Blick, nachdem der sogenannte Sarkophag geöffnet ist, lässt alle Illusionen wie Seifenblasen zerplatzen – und bringt eine Expertin dazu, schallend aufzulachen.

„Wir stießen auf Plastikbeutel, Klebeband, Packpapier und Küchenpapier mit Blümchenmuster“, sagt Püschel. „Unter der Hülle verbarg sich ein Kunststoffskelett. Beim Aufsägen eines Oberschenkelknochens entdeckten wir schieres weißes Plastik.“ Die einzelnen Knochen waren mit einem bleihaltigen Anstrich versehen. Immerhin: Bei dem Kopf handelte es sich um einen echten menschlichen Schädel, wie er in der Anatomie verwendet wird. Letztlich wird nicht geklärt, wer der Fälscher war. Und warum er die Mumie erschuf.