Berlin (dpa) - Manipulationen bei der Vergabe von Spenderorganen sollen durch strengere Kontrollen und harte Strafen verhindert werden. «Wir müssen Kontrolle und Aufsicht verbessern, und wir müssen Transparenz und Konsequenzen verbessern».

Das sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nach einem Spitzentreffen am Montag in Berlin. «Wir wollen mit den richtigen Konsequenzen das Vertrauen in die Organspende wieder stärken.» Kritiker auch in der Koalition fordern stattdessen, die Prüfungen in die Hände des Staats zu legen.

In den Kliniken soll ein Sechs-Augen-Prinzip bei der Organvergabe eingerichtet werden. Klinikdirektoren sollen bei Tricksereien in ihrem Haus künftig auch persönlich zur Rechenschaft gezogen werden können. Das beschlossen Vertreter der Länder, Ärzte, Krankenkassen und Kliniken gemeinsam mit Bahr im Grundsatz.

Für die Kontrollen in den Transplantationszentren soll aber weiter die Prüfkommission unter dem Dach der Bundesärztekammer zuständig bleiben. «Dafür muss nicht komplett eine neue Superbehörde geschaffen werden», sagte Bahr. Die Kommission soll aufgestockt werden und flächendeckend unangekündigte Stichproben machen. «Dafür müssen die Strukturen professioneller werden», forderte der Minister.

Landesbehörden sollen verstärkt bei Inspektionen in den Kliniken teilnehmen können. Bei der heiklen Frage der Organvergabe sollen stets auch Ärzte mitreden, die mit Transplantationen nichts zu tun haben. Dadurch soll auch die umstrittene Schnellvergabe weniger anfällig für Manipulationen werden. Schwer vermittelbare Organe von sehr kranken oder alten Menschen bleiben dabei in einer Region.

Schnell umgesetzt werden soll die seit 1. August geltende Regel, dass Ländervertreter in der Prüfkommission sitzen sollen. Neu ist, dass die Prüfberichte öffentlich vorgestellt werden sollen. Eine Stelle zur auch anonymen Meldung von Auffälligkeiten soll es geben.

Um einen Wettbewerb um möglichst viele Transplantationen zu vermeiden, soll es keine Boni an Ärzte für viele solcher Eingriffe mehr geben. Bei Verstößen könnten Kliniken die Erlaubnis verlieren, bestimmte Organe zu verpflanzen. Ein schärferes Strafrecht soll nach den Ermittlungen in Regensburg und Göttingen geprüft werden.

Patienten sollen in den Unikliniken beider Städte Organe aufgrund von manipulierten Daten bekommen haben. Nach den Vorfällen zeigten Umfragen eine gesunkene Spendebereitschaft. Bald läuft eine große Werbeaktion für mehr Organspenden in Deutschland an.

Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Es ist ein erster Schritt, dem ein großer Sprung folgen muss.» Der Konkurrenzdruck der knapp 50 Transplantationszentren werde so kaum vermindert, da sie weiter pro Fall bezahlt würden. «Wir brauchen eine klare staatliche Aufsicht», forderte er zudem. Ideal sei das Paul-Ehrlich-Institut.

Linke-Expertin Martina Bunge forderte: «Die Entscheidungen über die Vergabe, Organisation und Verwaltung der Organspende muss der öffentlichen Kontrolle unterliegen.» Harald Terpe (Grüne) kritisierte: «Die Vorschläge sind pure Kosmetik.» Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung warf Bahr Flucht vor der Verantwortung vor. Für diesen Dienstag hat Bahr die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen zu weiteren Beratungen eingeladen.

Die Bundesärztekammer veröffentlichte erstmals die Berichte der Prüfkommission. Zwischen 2000 und 2011 seien bei 50 739 Transplantationen 31 Verstöße festgestellt worden. 21 Verstöße wurden den Behörden gemeldet. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery räumte ein, man habe nur Stichproben untersucht. Die Fälle von Göttingen und Regensburg seien teils enthalten.

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