Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die russischen Militäraktionen im Südkaukasus als unverhältnismäßig kritisiert. Bei ihrem ersten Zusammentreffen mit dem russischen Präsidenten Medwedew nach Ausbruch der Krise forderte sie zum Truppenabzug aus Georgien auf.

Sotschi / Moskau. Medwedew beharrte dagegen darauf, im nahen Ausland zum Schutz seiner Bürger auch militärisch zu intervenieren. Merkel gestand zu, dass an einem so schwierigen Konflikt wie dem in Georgien nie nur eine Seite Schuld sei. Im Vordergrund müsse jetzt jedoch die humanitäre Hilfe stehen. "Ich denke, dass wir jetzt den Blick nach vorne richten müssen."

Dmitri Medwedew machte deutlich, wenn russische Friedenstruppen und Bürger "angegriffen werden, werden wir auch in Zukunft so antworten, wie wir geantwortet haben". Er halte es auch für unwahrscheinlich, dass die abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien jemals wieder Teil des Landes würden. Russland respektiere aber das Prinzip der territorialen Integrität.

Das Prinzip der territorialen Integrität Georgiens als Ausgangspunkt ist laut Merkel Bestandteil des vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy beiden Konfliktparteien überreichten Sechs-Punkte-Plans der EU. Er sei die politische Grundlage für den Wiederaufbau einer Gesprächsgrundlage zwischen den Konfliktparteien. Weitere Grundlagen seien, dass Russland mit der gewählten georgischen Regierung verhandeln müsse und dass Georgien frei in seinen Entscheidungen sei, etwa die NATO-Mitgliedschaft anzustreben.

Es müsse nun "umgehend dazu kommen, dass der Sechs-Punkte-Plan verwirklicht wird, und dass sich die russischen Truppen aus dem Kerngebiet Georgiens wieder zurückziehen". Mit einer Annahme des EU-Plans wäre das Problem im Südkaukasus zwar noch nicht gelöst, aber es wäre ein Fortschritt. Mit der Lösung des nach 15 Jahren neu aufgebrochenen Konflikts könne man nicht noch einmal so lange warten.

Merkel machte deutlich, dass sie "einige Aktionen Russlands für nicht verhältnismäßig gehalten" habe und sie auch weiterhin für unverhältnismäßig halte. Dazu gehöre insbesondere die Präsenz von Truppen im Kerngebiet Georgiens. Neben dem Abzug dieser Truppen forderte die Kanzlerin die Entsendung weiterer internationaler Beobachter, um ein objektiveres Bild der Lage zu erhalten.

Am Sonntag will Merkel auch nach Tiflis fliegen, um mit dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili zu sprechen.