Nach internationalen Protesten hat China die Internet-Zensur in Pekings olympischem Pressezentrum trotz gegenteiliger Zusagen nicht aufgehoben, sondern nur gelockert. Chinesische Führung warnt vor einer Politisierung des sportlichen Großereignisses.

Peking. Plötzlich zugänglich waren am Freitag unter anderem die chinesischen Webseiten der britischen BBC und des Internet-Lexikons Wikipedia. Viele andere Webseiten blieben jedoch für die Olympia-Berichterstatter gesperrt. Außerhalb des Medienzentrums waren viele Internetseiten ohnehin weiter gesperrt. Ein Sprecher des olympischen Organisationskomitees BOCOG sagte am Freitag, China "garantiere" den Zugang zum Internet. "Die Berichterstattung chinesischer und ausländischer Reporter über das Internet ist ungehindert."

Die Zusage entpuppte sich schnell als unwahr. Denn nach wie vor nicht zugänglich waren die Webseiten der Tibet-Aktivisten Freetibet, der uigurischen Unabhängigkeitsbewegung und der Menschenrechtsorganisation Human Rights in China. Teilweise zugänglich war das Angebot von Amnesty International - nicht jedoch die dort laufende Debatte über Menschenrechte in China.


Internet-Zensur teils aufgehoben


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"Die chinesische Regierung reguliert das Internet gemäß seiner Gesetze und Vorschriften", sagte der BOCOG-Sprecher weiter. Im Sprachgebrauch der Pekinger Behörden bedeutet das, dass "illegale" Webseiten gesperrt werden. Tibetische und uigurische Aktivisten betreiben nach offizieller Sicht die Spaltung Chinas - was nach chinesischem Recht verboten ist.

IOC-Präsident Jacques Rogge hatte zuletzt vor zwei Wochen zugesichert, dass die internationale Presse freien Zugang zum Netz haben werde. In den vergangenen Tagen gab es dazu widersprüchliche Angaben von IOC-Funktionären. Zunächst scheinen ranghohe IOC-Funktionäre in Peking der Zensur zugestimmt zu haben, um dann aber wieder auf eine Lockerung zu dringen.

Aufruf zur Objektivität

Die Spiele könnten dabei helfen, das internationale Misstrauen gegenüber der Volksrepublik zu schmälern - doch müsse die Politik außen vor bleiben, sagte Chinas Präsident Hu Jintao. "Wir glauben, dass die Politisierung der Olympischen Spiele nicht zur Lösung dieser Probleme beiträgt und zudem gegen den Olympischen Geist verstößt", sagte Hu vor Journalisten am Freitag. Er nahm damit auch Bezug auf die Kritik des Auslands zur Lage der Menschenrechte, der Pressefreiheit und des Umweltschutzes in China. Hu forderte deshalb die zu den Spielen erwarteten 20 000 ausländischen Journalisten zur Objektivität auf. "Chinas Tür zur Welt ist immer weit offen", sagte er. Allerdings sollte man sich bei der Berichterstattung an chinesische Regeln und Gesetze halten, erklärte Hu.