Die US-Regierung weist Misshandlungsvorwürfe zurück. Akten belegen einen weiteren Fall von Schlafentzug.

Toronto. In Kanada ist zum ersten Mal eine Videoaufzeichnung eines Verhörs im US-Gefangenenlager Guantanamo veröffentlicht worden. Die Anwälte des damals 16 Jahre alten Häftlings Omar Khadr gaben die Bilder heraus, die zeigen, wie ihr Mandant von einem kanadischen Geheimdienstbeamten verhört wird.

Khadr, einem kanadischen Staatsangehörigen, wird vorgeworfen, nach einem Gefecht in Afghanistan eine Granate auf US-Truppen geschleudert und dabei einen Soldaten getötet zu haben. 2002 wurde er im Alter von 15 Jahren gefangen genommen. Das sieben Stunden lange Video wurde über vier Tage hinweg aufgenommen und ursprünglich als geheim eingestuft.

Während des Verhörs berichtet Khadr, er sei im US-Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan gefoltert worden. Er hob sein orangefarbenes Hemd, um Wunden zu zeigen, die nach seinen Worten auf diese Folterung zurückgehen. Zehn Minuten lang weint Khadr auf dem Video, das Gesicht in seinen Händen verborgen. Außerdem wirft er der Leitung des Gefangenenlagers vor, ihm trotz seiner Bitte nicht die angemessene medizinische Versorgung gewährt zu haben.

Khadr wirkt auf dem Video zeitweise ruhig, dann wieder resigniert und verzweifelt. "Hilf mir, töte mich", schluchzt er mehrmals. Die Aufnahme wurde von einer versteckten Kamera aufgezeichnet.

Ein Sprecher des amerikanischen Verteidigungsministeriums wies die Vorwürfe zurück. Khadr sei in US-Gewahrsam nicht misshandelt worden. "Unsere Politik ist es, Insassen menschlich zu behandeln. Khadr ist menschlich behandelt worden", sagte der Sprecher.

Unterdessen belegen Verhörprotokolle im Verfahren gegen den als mutmaßlichen Terroristen jahrelang in Guantanamo inhaftierten Fahrer Osama Bin Ladens, dass diesem 50 Tage lang der Schlaf entzogen wurde. Das teilte der vom US-Verteidigungsministerium ernannte Verteidiger Salim Ahmed Hamdans, Korvettenkapitän Brian Mizer, am Montag mit. Mizer forderte, dass im Prozess gegen Hamdan Anklagepunkte gestrichen werden, die auf Aussagen in Verhören der "Operation Sandman" beruhten.

Mizer sagte, Samdan sei in dem Gefangenenlager Guantanamo ab dem 11. Juni 2003 der Schlaf entzogen worden. Während der "Operation Sandman" habe er auch Besuch von "Alfred Hitchcock" erhalten, wobei aus den Protokollen nicht hervorgehe, was sich hinter diesem Codenamen verbirgt.

Der nun etwa 37-jährige Hamdan wurde im November an einer Straßensperre in Afghanistan verhaftet. In seinem Auto wurden zwei Boden-Luft-Raketen gefunden. Bei einer Verurteilung wegen Verschwörung zum und Unterstützung von Terrorismus droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

Schlafentzug wird oft als unmenschliche Behandlung von Gefangenen kritisiert. US-Staatsanwälte in Kriegsverbrecherverfahren gegen die Guantanamo-Häftlinge Mohammed Dschawad und Omar Khadr haben dagegen erklärt, Schlafentzug sei keine Folter. Dschawad und Khadr haben sich über Schlafentzug in den vergangenen Monaten beschwert.