Ein riesiger Gänsegeier hat auf der zu Hamburg gehörenden Insel Neuwerk in der Elbmündung westlich von Cuxhaven in den vergangenen Tagen für mächtigen Aufruhr in den dortigen Seevogelkolonien gesorgt.

Der Geier war am vergangenen Dienstag auf der Flucht vor einer Gewitterfront über die Nordsee abgetrieben und auf der Insel geschwächt "notgelandet" , berichtet der Hamburger Axel Halley vom "Club 300", einer Ornithologen-Plattform im Internet.

In den Brutvogelkolonien von Flussseeschwalben und Lachmöwen herrschte helle Aufregung, wenn der Geier mit seiner mächtigen Flügelspannweite von gut 2,40 Metern die Insel überflog. Möwen und Seeschwalben attackierten den Fremdling heftig. Für die Brutvögel bestand aber keine Gefahr; Gänsegeier ernähren sich normalerweise nur von Aas.

Zuvor hatte der etwa ein Meter große Gänsegeier (Gyps fulvus) mehrmals versucht, die Insel in Richtung Nordwesten übers Meer zu verlassen. "Aber über See gibt es kaum Aufwind, so dass der Vogel wieder zurückkehrte", berichtet Halley weiter.

Zwischenzeitlich war überlegt worden, das Tier einzufangen und wieder aufgepäppelt werden. So wie im vor zwei Jahren sein Artgenosse "Gonzo". Der war völlig entkräftet auf einem Rübenacker bei Hildesheim gefunden worden und in Obhut Schutzstation Sachsenhagen der "aktion tier" am Steinhuder Meer gekommen. Wieder bei Kräften wurde der Geier dann mit einem Satellitensender bepackt freigelassen. "Gonzo" wurde bald in Uelzen, dann südlich Hamburgs und zuletzt Ende Juni 2006 in Schleswig-Holstein geortet.

Sein Neuwerker " Kollege" mit dem langen weißen Hals - daher der Name Gänsegeier schwang sich am Sonnabendmittag dann wieder in die Lüfte und verschwand in Richtung Bremerhaven auf das Festland. Seither ward er nicht mehr gesehen.

Gegenwärtig hält sich im Raum Bremen ein weiterer Gänsegeier auf. Auch er ist ein in unseren Breiten eher seltener Gast aus Frankreich. In den südfranzösischen Cevennen gibt es ein Auswilderungsprogramm. Die Aufzuchten werden beringt.

Einer Übersicht der Ornithologen-Plattform Club300 zufolge waren dies die beiden ersten Geiersichtung in diesem Jahr in Deutschland. 2007 und 2006 erreichten dagegen größere Trupps aus Südfrankreich und Spanien vor allem Süddeutschland (bis zu 20 Tiere und auch zwei Mönchsgeier darunter), aber auch Mecklenburg-Vorpommern. Einzelne saßen schlapp auf Wiesen und Feldern, weil sie zu wenig Futter fanden, andere machten sich über tote Ferkel und Kaninchen her. Die Geier verlassen nach Meinung von Biologen in jüngster Zeit wegen Futtermangels immer häufiger ihre südeuropäischen Brutgebiete. Eine EU-Verordnung verlangt die Beseitigung von Tierkadavern, so dass die Aasfresser zu wenig Nahrung finden.