Mit einer „Selbsttötungsmaschine“ will der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch Schwerkranken auch in Deutschland einen selbstgewählten Weg in den Tod ermöglichen. Politik und Ärzteschaft reagieren entsetzt. Ärztekammerchef Montgomery: Mediziner lehnen “Tötungs- und Selbsttötungsphantasien à la Kusch“ ab.

Hamburg. Mit einer "Selbsttötungsmaschine" will der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch Schwerkranken auch in Deutschland einen selbst gewählten Weg in den Tod ermöglichen. "Das Gerät ist ab sofort einsatzfähig", sagte Kusch am Freitag bei der Präsentation des Injektionsautomaten in Hamburg. Per Knopfdruck wird der Motor der grünen Maschine in Gang gesetzt, der dann aus zwei Spritzen ein Narkotikum und Kaliumchlorid in die Venen presst. Ein Arzt muss zuvor lediglich eine Kanüle legen. Kusch hält die Methode rechtlich für straffrei, da der Sterbewillige mittels des Knopfes die Entscheidung selbst trifft. Die Hamburger Ärztekammer kritisierte die Tötungsmaschine als "unerträgliche Selbstinszenierung". Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) zeigte sich "entsetzt".

Beim ersten Einsatz will Kusch persönlich dabei sein und womöglich den Einsatz des Automaten filmen - damit ihm nicht vorgeworfen werden kann, er habe den Knopf gedrückt, der die Maschine startet. Er geht auf jeden Fall davon aus, dass es anschließend ein Strafverfahren gegen ihn geben wird. "Dem werde ich mich stellen." Der Arzt, der die Kanüle legt, werde anonym bleiben, damit er keine standesrechtliche Probleme mit der Ärztekammer bekomme. Eine juristische Erklärung dieses umstrittenen Handelns hatte Kusch im August 2007 in der Neuen Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) geliefert, nach seinen Angaben gab es von Expertenseite keine Einwände gegen seine Rechtsauffassung.

Kusch, der mit seiner rechtsgerichteten Partei HeimatHamburg bei der Bürgerschaftswahl 0,5 Prozent erzielt hatte, fiel in seiner Amtszeit als Justizsenator von 2001 bis 2006 vor allem durch Affären und Alleingänge auf. Vor fast genau zwei Jahren feuerte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am 27. März seinen Senator, nachdem mit Kuschs Wissen vertrauliche Protokolle aus einem Untersuchungsausschuss an einen Mitarbeiter der CDU/CSU-Bundestagfraktion und seinen Anwalt gesendet worden waren. In der Folge trat Kusch aus der CDU aus.

Bei dem Einsatz der Tötungsmaschine geht es laut Kusch nach "all den theoretischen Diskussionen um Sterbehilfe" darum, Todkranken eine Alternative zum Weg in die Schweiz zu bieten. Hier bietet der Verein Dignitas Sterbehilfe an - zuletzt war Dignitas wegen Sterbehilfe mit dem Gas Helium in die Kritik geraten. Seine Methode sei nicht geschmacklos, sagte Kusch. Bevor der Patient auf diese Weise sterbe, müsse ein Arzt ein Gutachten erstellen, betonte der 53-Jährige. Dieser müsse feststellen, dass der Patient unheilbar krank ist, der Sterbewunsch bei vollem Bewusstsein geäußert wurde und dass sich der Sterbewillige mit Alternativen zum Suizid beschäftigt hat.

Mit Ärzten und Technikern sei der Einsatz des Injektionsautomaten intensiv besprochen und verbessert worden, betonte Kusch. Erstmals hatte er die Maschine im September 2007 präsentiert. Da aber nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das tödliche Kaliumchlorid in den Venen brennt, hat Kusch nach eigenen Angaben ein System mit zwei Spritzen entwickelt - erst läuft ein Narkotikum ein, dann 40 Milliliter Kaliumchlorid. Der ganze Vorgang dauere vier Minuten und ist laut Kusch zu hundert Prozent tödlich.

Bayerns Justizministerin Merk sagte: "Für einen Tötungsautomaten ist in Deutschland kein Platz." Das sei die falsche Antwort auf Situationen schwerkranker Menschen. "So etwas widerspricht diametral unserer Wertevorstellung von einer humanen, christlichen Gesellschaft."

Scharfe Kritik äußerte auch der Präsident der Ärztekammer Hamburg, Frank Ulrich Montgomery: "Wir brauchen keine Tötungsmaschine, sondern eine Sterbebegleitung und palliativmedizinische Betreuung, die den Menschen am Ende ihres Lebens Schmerzen und Ängste nimmt." Die Ärzteschaft lehne "Tötungs- und Selbsttötungsphantasien à la Kusch ab". Die "Bild"- Zeitung hatte Kusch wegen seiner Idee zur straffreien Sterbehilfe in Deutschland jüngst als "irren Ex-Senator" bezeichnet.

Der CDU-Ethikexperte Hubert Hüppe warnte eindringlich vor der "Selbsttötungsmaschine". "Derartige menschenverachtende Apparate dürfen keine Akzeptanz finden", sagte der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Hüppe der in Essen erscheinenden "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". "Herr Kusch instrumentalisiert das Schicksal kranker Menschen, um aus seiner politischen Bedeutungslosigkeit herauszukommen."