Die hessische SPD-Vorsitzende scheitert mit ihrem Plan, mit Hilfe der Linken Regierungschefin zu werden. In Wiesbaden erklärt Ypsilanti, sie werde bei der konstituierenden Sitzung des Landtages am 5. April nicht zur Wahl als Ministerpräsidentin antreten.

Wiesbaden/Berlin. Zuvor hatte sie vergebens versucht, die SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger umzustimmen, die sich einer Zusammenarbeit mit den Linken verweigert.

Der Auftrag zur Regierungsbildung liege nun eindeutig bei Ministerpräsident Roland Koch, erklärte die Bundes-CDU in Berlin. Ypsilantis Rückzug nur drei Tage nach der offiziellen Verkündigung ihres Projekts einer rot-grünen Minderheitsregierung sei auch eine massive Niederlage für Parteichef Kurt Beck, sagte der Cehf der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, dem Berliner "Tagesspiegel". "Beck ist auf ganzer Linie gescheitert."

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hielt dem entgegen, Beck sei nicht beschädigt. Ypsilanti habe verantwortlich gehandelt, das Projekt zu beenden. Beck ließ ankündigen, er werde nach seiner Grippe wieder auf die politische Bühne zurückkehren und am Montag das SPD-Parteipräsidium leiten und auch vor die Bundespressekonferenz treten.

Ministerpräsident Koch sagte in Wiesbaden, er wolle zunächst geschäftsführend weiterregieren. Er habe "zur Kenntnis genommen, eine parlamentarische Mehrheit für den Ministerpräsidenten steht nicht zur Verfügung". Eine geschäftsführende Regierung sei aber kein Zustand, den ein Land sich auf Dauer wünschen sollte.

SPD, Grüne und Linke haben gemeinsam eine knappe Mehrheit von 57 Stimmen im 110 Sitze zählenden hessischen Landtag. Ypsilanti wollte eine rot-grüne Minderheitsregierung von der Linken tolerieren lassen. Ohne Metzgers Stimme wäre sie zwingend auf die Genesung eines weiteren SPD-Abgeordneten angewiesen gewesen, der derzeit erkrankt ist - ein hochriskantes Unterfangen.

"Wir haben uns diese Entscheidung für eine Minderheitsregierung ja wirklich nicht leicht gemacht", sagte Ypsilanti. Die Tolerierung durch die Linken sei nach der Verweigerung einer Ampelkoalition durch die FDP der einzige Weg gewesen. Wegen Metzgers Position könne der Weg aber nicht weiter verfolgt werden. "Deshalb werde ich am 5. April mich nicht zur Wahl stellen, denn ich kann für eine Mehrheit nicht garantieren."

Metzger nannte ihre Ablehnung eine Gewissensentscheidung und begründete sie mit der Geschichte von SPD und SED. Als ehemalige Westberlinerin habe sie erlebt, wie die gegen alle Beteuerungen vom SED-Regime errichtete Mauer ihre Familie getrennt habe, sagte sie. Außerdem müsse das Versprechen aus dem Landtagswahlkampf gehalten werden, nicht mit der Linken zusammenzuarbeiten. Eine Zusammenarbeit komme einem "Ritt auf der Rasierklinge" gleich: "Die Linken sind überhaupt nicht einzuschätzen."

Metzger betonte, sie kenne die Tragweite ihrer Entscheidung. Sie arbeite nicht gegen Ypsilanti. Sie habe den schwierigen Weg einer vorzeitigen Auseinandersetzung gewählt, um einen "Simonis-Effekt" zu vermeiden. Die frühere SPD-Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein war bei einer angestrebten Wiederwahl an einer Nein-Stimme offenbar aus der eigenen Fraktion gescheitert.

Die hessischen Grünen lehnten nach Ypsilantis Rückzieher eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP ab: "Die hessische CDU ist noch immer die hessische CDU, und Roland Koch ist noch immer Roland Koch", erklärte der Landesvorsitzende Tarek Al-Wazir.

Dagegen erwartete der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn ein allmähliches Zusteuern auf ein schwarz-gelb-grünes Bündnis. Es könne im Spätsommer vereidigt werden. Erneut rief er Koch dazu auf, "Architekt" einer solchen Koalition zu werden. Koch bekräftigte seinen Führungsanspruch auch für ein Jamaika-Bündnis.

Metzger berichtete, sie habe bereits in der ersten Sitzung der SPD-Fraktion Bedenken angemeldet. Dann sei sie in den Urlaub gefahren. Von der Entscheidung, eine Wahl Ypsilantis mit den Stimmen der Linken anzustreben, habe sie erst am Mittwochabend erfahren und sofort die Parteivorsitzende und den stellvertretenden Fraktionschef Jürgen Walter angerufen.